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Corona-Krise: Wie kommen Startups zu den angekündigten Finanzierungshilfen von Bund und Kantonen?

Rettungsring und das Wort Help auf Würfeln
Bild: porcorex | Getty Images

Im Moment sind noch Fragen offen – ein Überblick der heute schon bekannten Fakten und einige desillusionierende Interpretationen von unserer Seite.

Letzte Woche haben wir ausführlich über das Unterstützungs-Paket berichtet, das der Bundesrat zusammen mit den Kantonen für Schweizer Startups schnüren will. Der Bundesrat hat an der Medienkonferenz vom 22. April 2020 insofern überrascht, als er eine Woche früher als geplant vorgestellt hat, wie "zukunftsfähigen Startups" geholfen werden soll. 

Die heute bekannten Informationen zum Unterstützungs-Paket für Startups

An der Medienkonferenz vom 22. April 2020 hat Bundesrat Ueli Maurer die geplante Finanzhilfe für Schweizer Startups in den Grundzügen vorgestellt. Die zentralen und bisher bekannten Fakten haben wir im Folgenden zusammengestellt. Offene Punkte oder nicht bekannte Informationen haben wir als Einordnungsvorschlag mit Interpretationen von unserer Seite ergänzt.

Welche Startups können Unterstützung beantragen?

Die Unterstützung ist gedacht für "innovative, zukunftsfähige" Startups mit "Zukunftspotenzial". Diese Umschreibung ist noch etwas schwammig und diffus, beschreibt jedoch im Kern, welche Startups gemeint sind. Oder konkreter: Welche Startups gute Aussichten haben, dass ihre Anträge genehmigt werden.

Unsere Interpretation: Chancen haben Macherinnen und Macher mit Startups und innovativen Technologien, fortgeschrittenen Leistungen und intelligenten Geschäftsmodellen, die ein heute schon klar sichtbares Potenzial für eine erfolgreiche Zukunft erkennen lassen. Das ist immer noch nicht sehr konkret, kann jedoch als Hinweis auf eher hoch gesetzte Hürden gewertet werden.

Was soll das Unterstützungs-Paket bewirken?

Mit den Finanzhilfen von Bund und Kantonen sollen tragfähige Brücken geschaffen werden, damit das Schweizer Startup-Ökosystem nicht "auseinanderfällt". "Innovative und zukunftsfähige" Startups in finanzieller Notlage will man unterstützen, damit sie weitermachen können. Der Bund will explizit die "Durchhaltefähigkeit" für Startups erhöhen, Sicherheit schaffen und damit auch Signale und Impulse geben, um weitere private Investoren für nächste und notwendige Finanzierungsrunden zu motivieren

Unsere Interpretation: Innovationen und Technologien in Entwicklung, welche in Zukunft zu einer gestärkten Wirtschaft, zum Ansehen und zur Festigung des Innovations- und Technologie-Standorts Schweiz und damit zu einer nationalen und internationalen Ausstrahlung beitragen, will der Bund aktiv und tatkräftig unterstützen und auch schützen – sie sollen davor bewahrt werden, an den bekannten Schwierigkeiten im Zuge der Corona-Krise zu scheitern.

Das ist ein guter Plan, der jedoch auch zeigt, dass nicht flächendeckend alle Startups in Finanznöten unter dem aufgespannten Schutzschirm Platz haben werden.

Wie sind die Instrumente zur Unterstützung von Startups ausgestaltet?

Die Finanzhilfe ist in Form von rückzahlbaren Krediten vorgesehen, welche zu 65 Prozent durch den Bund und zu 35 Prozent durch die Kantone verbürgt werden. Das Ausfallrisiko tragen damit Bund und Kantone, was eine schnelle Auszahlung durch Banken erst möglich macht. Die Konditionen für diese Kredite sind im Detail noch nicht bekannt.

Unsere Interpretation: Bund, Kantone und teilnehmende Banken werden gemeinsam die Konditionen der Kredite so ausgestalten, dass sie nicht zur Schuldenfalle für Startups werden. Es bringt nichts, Unternehmen heute zu unterstützen, um sie morgen an neuen Problemen verzweifeln zu lassen. Ein Startup, das nach der Lancierung eines Produkts innerhalb der nächsten Jahre im Markt Erfolg hat, wird die Kredite zurückzahlen können. Dennoch sind hier individuelle Lösungen gefragt – gut möglich deshalb, dass bei den gesprochenen Bürgschaften eine höhere Ausfallquote einkalkuliert ist.

Wie viel Geld steht insgesamt für die Auszahlung von Krediten an Startups zur Verfügung?

Vorläufig sind 154 Millionen Schweizer Franken im Topf des Unterstützungs-Pakets. Dieses Budget liegt tiefer als von vielen erwartet. Bundesrat Ueli Maurer hat jedoch bereits an der Medienkonferenz kommuniziert, dass "grundsätzlich noch mehr Kredite im Rahmen dieses Bürgschaftswesens" zur Verfügung stehen würden.

Unsere Interpretation: Mögen die Hürden für die Beantragung und Gewährung der Kredite auch eher hoch liegen, mit einem Sparkurs ist das gesetzte Level nicht zu verwechseln. Man kann davon ausgehen, dass genügend Geld zur Verfügung gestellt wird, um sämtliche Startups zu unterstützen, welche die beschriebenen Anforderungen tatsächlich erfüllen.

Bis zu welcher Höhe können Kredite für einzelne Startups gesprochen werden?

Pro Startup kann maximal 1 Million Schweizer Franken ausbezahlt werden. Diese Limite hängt mit dem Bürgschaftsgesetz zusammen, das diese Höchstmarke setzt. Der Bundesrat baut beim geschnürten Unterstützungs-Paket für Startups nicht auf Notrecht, wie bei den Liquiditätshilfen für KMU, sondern auf das Bürgschaftsgesetz aus dem Jahre 2006.

Unsere Interpretation: Der Bundesrat will nach Aussagen von Ueli Maurer "Sicherheit über eine längere Phase schaffen, auf bestehenden Gesetzen, die funktionieren". Dennoch kann und will der Bund Startups nicht dauerhaft finanzieren. Das verfolgte Modell trägt den Besonderheiten von Startups Rechnung, welche einen erhöhten Finanzbedarf haben, um weitermachen zu können. Mit dem Unterstützungs-Paket soll sofort, wirkungsvoll und für einen überschaubaren Zeitraum die Lücke der ausgefallenen Investoren überbrückt werden – allerdings mit der Idee, dass diese Investoren nach der Corona-Krise wieder übernehmen.

Wer entscheidet darüber, welche Startups unterstützt werden?

Der Kanton prüft den Antrag und beurteilt, ob ein Startup Zukunftspotenzial hat – diese Beurteilung erfolgt gemeinsam mit Innosuisse, mit Leuten vom Wirtschaftsdepartement (WBF) oder mit weiteren Experten. Warum? Nach Bundesrat Maurer sind die Kantone näher bei den Startups und könnten deshalb besser beurteilen, wie kreativ und wie gut ein Startup wäre, wie die Zukunftsaussichten und das Potenzial eines Startups zu bewerten wären.

Unsere Interpretation: Der Bund will Startups nicht nach dem Giesskannenprinzip unter die Arme greifen, sondern so weit wie möglich sicherstellen, dass nur "zukunftsfähige" Startups mit wirklich erfolgversprechenden Projekten unterstützt werden. Damit geht der Bundesrat dem schon im Vorfeld oft gehörten Vorwurf aus dem Weg, quasi blind jedes "x-beliebige Startup mit einer lustigen Idee" retten zu wollen. Das wird nicht passieren. Auch in "normalen" Zeiten ist nicht jedes Startup überlebensfähig – diese Spielregeln werden im Zuge der Corona-Krise nicht geändert.

Genügend Geld ist vorhanden, das jedoch nicht wahllos mit vollen Händen über die ganz Branche oder Szene ausgeschüttet wird – es soll ausschliesslich jene Startups unterstützen, welche die genannten Kriterien erfüllen.

Wie und ab wann können Startups Unterstützung beantragen?

Startups, die Finanzierungshilfe brauchen, wenden sich an ihren Kanton. Der Kanton prüft den Antrag zusammen mit den bereits genannten Stellen und Experten. Fällt die Beurteilung positiv aus, wird die entsprechende Bürgschaft gewährt. Die Auszahlung des Kredits erfolgt auf Basis dieser Bürgschaft über die Bank des Startups.

Details zum genauen Prozess und zu den konkreten Anlaufstellen für die Anträge von Startups sind zurzeit noch nicht bekannt, diese Informationen folgen. Klar ist, Ende April 2020 soll das Programm stehen und die Auszahlung von Krediten soll kurzfristig ermöglicht werden.

Kantone lancieren zusätzliche Unterstützungs-Programme

Verschiedene Kantone haben eigene oder ergänzende Programm lanciert, um Startups zu helfen. Zum Beispiel die Kantone Bern (schon länger), Zürich (Anfang April) und vor wenigen Tagen auch der Kanton Zug. Der Zuger Finanzdirektor Heinz Tännler hat den Rahmen des geplanten Programms in der letzten "Sonntagszeitung" umrissen:

Wir möchten den Lösungsvorschlag des Bundes mit einem neu zu schaffenden Vehikel verbinden, an dem sich auch private Investoren beteiligen können

Über dieses Vehikel sollen weitere 100 Millionen Franken zusammenkommen, welche über einen neu aufgebauten Fonds die Startups im Kanton Zug unterstützen sollen. Zu den Initiatoren des Programms gehört auch die Stadt Zug. Weil private Investoren mit im Boot sind, können gesprochene Kredite in Aktienkapital umgewandelt werden, was dem Charakter von Venture Capital näher kommt.