Libra Association

Libra gegen Bitcoin im Presale? Etwas zu früh – und deshalb schlicht eine Betrugsmasche.

Libra-Symbol inmitten von Bitcoin-Münzen
Bild: Cheng Feng Chiang | Getty Images

Betrüger springen auf den noch nicht mal fahrenden Libra-Zug auf und bieten bereits heute Libra-Einheiten zum Kauf an.

Wie die Washington Post meldet, hat das Libra-Projekt bereits in der Vorphase die Fantasie von Kriminellen beflügelt. Die Angebote und Websites scheinen sich zu mehren, über die heute schon Libra zum Kauf angeboten werden. Blöd nur, dass es Libra noch gar nicht gibt, die digitale Währung steckt noch in der Konzepthase.

Das hindert betrügerische Websites wie zum Beispiel buylibracoins.com nicht daran, im "offiziellen" Look und auch professionell aufgemacht mit dem Presale schon mal zu starten und Libra gegen Bitcoin oder andere Kryptowährungen anzubieten.

Die frühe Häme greift zu kurz

Zahlreiche erbitterte Projekt- und Libra-Gegner, die "das ja immer schon gewusst haben" und sich jetzt bestärkt sehen in ihrer Rolle als frühe Warner, fahren auf dem falschen Gleis. Betrüger sind in sämtlichen Bereichen aktiv, die mit Geld, Währungen, Werten und Handel zu tun haben.

Dass Kriminelle, ständig auf der Suche nach neuen Ertragsquellen, auch Libra nicht aussen vor lassen, liegt auf der Hand. Das hat wenig mit grundsätzlichen Risiken und möglicherweise berechtigten Bedenken gegenüber der Digitalwährung oder dem Projekt zu tun.

Überraschen mag der frühe Zeitpunkt – die Masche mit dem Presale zeigt jedoch nur, dass kriminelle Energie eine gewisse Kreativität nicht ausschliesst. Und so werden eben Tore zu Häusern geöffnet, die noch gar nicht sichtbar erbaut worden sind.

Ganz ohne Ironie geht's dennoch nicht

Allerdings, und das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, die Betrüger promoten ihre Angebote offenbar bevorzugt auch auf den Plattformen von Facebook und Instagram. Die Zahl der gefälschten Facebook-Profile scheint beträchtlich, welche sich in Logo, Bildern und Tonalität den offiziellen Anstrich der Libra-Association oder von Facebook geben.

Der Angriff kommt also in gewisser Weise aus dem eigenen Haus, die eigenen Plattformen agieren als Geburtshelfer und Verstärker für betrügerische Aktivitäten. "Wir haben das nicht kommen sehen", gilt nicht als mögliche Entschuldigung, weil, siehe oben – das muss man kommen sehen. Betrüger operieren mit neuen Betrugsmaschen fast so schnell wie die Entwickler der Originalprojekte, die ins Visier der Kriminellen geraten.  Das ist nicht neu und das gehört zum kriminellen Handwerk. Zudem: Warum ist Herr Zuckerberg erstaunt und überrascht, wenn auch Betrüger den Empfehlungen seiner Marketingleute folgen und Facebook als bevorzugten Werbekanal einsetzen?

Es brauchte offensichtlich die Washington Post als Entdeckerin der Betrugswelle, um Facebook auf die Fake-Profile und die betrügerischen Aktivitäten aufmerksam zu machen. Mit anderen Worten: Facebooks Systeme und Kontrollmechanismen sind nicht sensibel genug, um zu erkennen, dass mit den eigenen Ideen und Konzepten unter der Flagge Libra Schindluder getrieben wird. Inzwischen sollen nach Aussagen der Washinton Post zahlreiche Fake-Profile mit luschen Libra-Angeboten von Facebook gelöscht worden sein.

Verpasste Chance und höchste Zeit, endlich die Hausaufgaben zu machen

Ein taugliches Frühwarn-System mit starkem Monitoring im eigenen Hause darf erwartet werden und hätte als notwendige Selbstverständlichkeit in der Kategorie "vertrauensbildende Massnahmen" verbucht werden können. Gerade dann, wenn im Moment die ganze Welt im Zusammenhang mit dem Libra-Projekt auf Facebook schaut.

Treffen die Berichte der Washington Post zu, muss Facebook den erneuten Vorwurf, seine Plattformen nicht im Griff zu haben, auf sich sitzen lassen. Höchste Zeit, den wiederholten Ankündigungen und wortreichen Versprechungen nun auch wirkungsvolle Taten folgen zu lassen.

Gut nur, dass Libra nicht Facebook ist. Mark Zuckerberg hält mit Calibra nur gerade 1 Prozent von Beteiligung und Stimmrechten an der Libra Association. Mit Zugang zu rund 2,5 Milliarden Nutzern über Facebook, Instagram und WhatsApp gehört Facebook allerdings zu den Partnern mit starkem Gewicht – und deshalb auch mit einer besonderen Verantwortung.