Challenger-Banker

FinTech Revolut sammelt in der Schweiz mit dem Caterpillar 250'000 Kunden ein

Caterpillar 797 F
Caterpillar 797 F (Bild: Awesome Earthmovers, Youtube)

Die Neo-Bank Revolut ist beim Wachstum generell mit schwerem Gerät in den Märkten unterwegs. In der Schweiz zieht das FinTech mit dem Caterpillar eine Schneise.

Dass die Challenger-Bank Revolut immer wieder mit Wachstumssprüngen aufwarten kann, ist bekannt. Im August 2019 hat das FinTech mit der Zahl von 43'655 Neukunden überrascht, die an einem einzigen Tag ein Konto eröffnet haben sollen.

Das FinTech ist in der Schweiz offiziell noch nicht gestartet, aber dennoch seit längerem im Markt. Schweizer Kunden können sich einfach registrieren und sind in wenigen Minuten Kontoinhaber. Unsere Anfragen bei Revolut letztes Jahr haben die Zahl von 50'000 Schweizer Kunden ergeben, einige Monate später wurde auf 70'000 hochkorrigiert.

Revolut ist auch in der Schweiz eine Wachstumsmaschine

Im Gespräch mit unseren Kollegen von der Handelszeitung hat ein Revolut-Sprecher nun den heute aktuellen Wert genannt: derzeit habe man «knapp unter 250'000 Kunden». Und: 

2019 haben wir etwa 180'000 Kunden neu registriert

Bisher hat Revolut im Umgang mit Kundenzahlen überprüfbare und verlässliche Werte geliefert. Stimmen die aktuellen Zuwachszahlen, würde das heissen: das FinTech hat pro Monat rund knapp 18'000 Neukunden in der Schweiz produziert. Zieht man eine Quote X als inaktive Kunden ab, bleiben so oder so Werte, die anderswo fehlen können.

Hält man sich vor Augen, dass Revolut in der Schweiz keine Marketing-Maschine am Laufen hat, die Kunden folglich "unbeworben" und auf Empfehlung zur Challenger-Bank stossen, sind das ganz erstaunliche Zahlen. Nach Angaben des FinTechs "gehöre die Schweiz zu den am schnellsten wachsenden Märkten von Revolut in Europa".

Wirtschaftsjournalist Michael Heim kommentiert in der Handelszeitung das Wachstum von Revolut mit direkten Vergleichen:

"Damit wäre die Schweizer Kundschaft von Revolut etwa gleich gross wie jene der Bank Cler oder der Luzerner Kantonalbank – beziehungsweise halb so gross wie bei der Berner Kantonalbank BEKB".

Revolut hat noch sehr viel mehr vor

Das Unicorn mit schnellem Wachstum will noch mehrere Gänge zulegen und drückt auch bei der Mittelbeschaffung für die beschleunigte Expansion aufs Gas. Medienberichten zufolge will sich Revolut mit 1,5 Milliarden Dollar zusätzlich finanzieren – 500 Millionen sollen über eine Kapitalerhöhung kommen, eine weitere Milliarde Dollar über eine Wandelanleihe. Die US-Grossbank JP Morgan soll mit diesem Projekt beauftragt worden sein. Weder JP Morgan noch Revolut selbst mochten bisher diese Medienberichte kommentieren.

Vorausgesetzt, die geplanten Deals kommen zustande, würde Revolut mit einer anvisierten Bewertung von stolzen zehn Milliarden Dollar zu neuen Ufern aufbrechen (Vergleich N26 im Sommer 2019: 3,5 Milliarden Dollar). Nach eigenen Angaben hat Revolut aktuell über 8 Millionen Kunden weltweit (Vergleich N26 im Sommer 2019: 3,5 Millionen).

Die Erträge von Revolut haben sich 2018 mit 58 Millionen Pfund explosiv entwickelt, die Verluste allerdings auch. Im gleichen Zeitraum hat das FinTech den Verlust mit nahezu 33 Millionen Pfund angegeben. Das Geschäftsmodell ist auf aggressives Wachstum und Skalieren ausgelegt – die Stunde der Wahrheit, wann und wie sich das Geschätsmodell rechnet, kommt erst später. Zahlen zum Geschäftsverlauf gibt's hier.

Revolut in der Schweiz

Die Revolut App mit den in der Schweiz verfügbaren Funktionen bietet eine komfortable Umgebung mit starken Services. Debitkarte(n) inklusive, welche direkt in der App freigeschaltet oder auch gesperrt werden können. Konto- und Kartenbewegungen werden in der App übersichtlich mitgeschrieben und ausgewiesen, Vaults für Sparziele sind auch dabei, einige Analyse- und Auswertungsfunktionen stehen ebenfalls zur Verfügung. 

Zusätzlich zu CHF- oder Fremdwährungskonten sind auch Konten für Kryptowährungen mit an Bord. Neben Komfort und Services überzeugt die App im Alltag durch null Gebühren sowie durch die Verwendung des Interbankenkurses bei Fremdwährungs-Transaktionen. 

Je nach gewählten Package sind Konto und Dienstleistungen kostenlos (Standard) oder werden sehr günstig angeboten (Premium und Metal). Business-Konten für KMU und Freelancer sind ebenfalls verfügbar – auch bei diesen Packages bleiben die Kosten und Gebühren tief.

Man soll die Challenger-Banken nicht vor dem Abend loben, aber es wird unruhig

Sollte die Neo-Bank den Aktienhandel und das Online Trading zum Nulltarif gelegentlich auch für die Schweiz öffnen, kommt eine starke Funktion mit Gamechanger-Potenzial dazu. Revolut baut Features und Leistungen generell laufend aus, auch hier bleiben Überraschungen möglich. Pflügt das FinTech weiterhin in diesem Tempo und mit schwerem Gerät durch die Schweiz, ohne erkennbare Marketing-Aktivitäten, könnte die riesige Mulde des Caterpillars irgendwann zu klein werden.

Dazu kommt, dass Revolut nicht allein unterwegs ist. Das Schweizer FinTech Neon ist seit einigen Monaten im Markt, N26 ist kürzlich gestartet, Yapeal kommt, sobald die FinTech-Lizenz da ist, Transferwise ist sehr aktiv und erfolgreich unterwegs und weitere Challenger-Banken aus Grossbritannien und anderen Ländern haben die Schweiz im Blick. In welche Richtung der wachsende Appetit von Big Techs geht, wird sich erst zeigen – auch aus dieser Richtung ist zusätzliche Dynamik zu erwarten.

Mit den kürzlich vorgestellten Plänen der Credit Suisse könnte aus den Reihen der traditionellen Banken eine weitere Challenger-Bank entstehen. Funktioniert diese Digitalbank wie ein Startup, darf man auf die Wirkung von Innovation kombiniert mit grossen finanziellen Ressourcen gespannt sein.

Die einzelnen Neo-Banken stehen vorderhand nicht in Konkurrenz zueinander, sie bilden gemeinsam eine wachsende Phalanx, welche in den grossen Kundenrevieren traditioneller Finanzinstitute wildert. Zudem stehen die Generationen Y und Z im Fokus, welche über ihre erste oder über ihre zweite Bankverbindung nachdenken.

Unruhig ist es schon länger. Die Dynamik der Entwicklung dürfte jedoch spürbarer werden und stärker durchschlagen, weil sich der Anlauf der letzten Jahre verschiedener Exponenten aus verschiedenen Richtungen in den Auswirkungen nun konzentriert und in Form von sichtbaren Resultaten zeigt.