Zahlen & Fakten

Twint, Apple Pay oder Google Pay – welche Bezahl-Apps und welche digitalen Medien nutzt die Schweiz im Alltag?

Menschenmasse auf einem grosse Platz
Bild: gremlin | Getty Images

Eine repräsentative Studie misst den digitalen Puls der Schweizer Bevölkerung – welche Kanäle und Instrumente sind im Aufstieg und welche lassen kräftig Federn?

Der Digimonitor 2022 ermöglicht einen guten Einblick in die Digitalisierung der Schweiz und in das Verhalten der Bevölkerung im Umgang mit digitalen Medien und Kanälen.

Die Nutzung von E-Banking und Streamingdiensten nimmt markant zu. Zum Beispiel Netflix, Spotify und Disney+ gewinnen innerhalb einers Jahres je 400'000 neue Userinnen und User. 

Im Sog der Digitalisierungs-Wellen verändert sich auch das Nutzungsverhalten in Bezug auf andere Medien, Apps oder Kanäle. Das digitale Verhalten von Schweizerinnen und Schweizern wird seit 2014 jedes Jahr neu untersucht und in der Studie Digimonitor publiziert. Die Interessengemeinschaft elektronische Medien (IGEM) und die WEMF AG für Werbemedienforschung zeichnen gemeinsam für die repräsentative Studie verantwortlich.

Einige spannende Resultate zum Nutzungsverhalten der Schweizer Bevölkerung im Überblick.

Die Schweizer Bezahl-App Twint wächst weiter

Twint hat innerhalb eines Jahres 700'000 Nutzerinnen und Nutzer dazugewonnen. Geht man etwas weiter zurück, wird die Entwicklung noch deutlicher: 2020 hatte Twint erst 1.7 Millionen Nutzer (27% der Bevölkerung) und mehr männliche User.

Nach sprunghaften Wachstums-Wellen hat Twint heute ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis und liegt mit 3.4 Millionen (53% der Bevölkerung) in allen Bevölkerungsgruppen klar an der Spitze der Bezahl-Apps. Apple Pay ist mit 570’000 (8.9%) und Google Pay mit 215’000 (3.3%) Userinnen und Usern im Rennen.

Die Schweizer Bezahl-App hat sich gegenüber den Big Tech-Applikationen einen riesigen Vorsprung erarbeitet. Twint selbst weist die Nutzerzahlen sogar noch höher aus und kommt nach eigenen Berechnungen auf "mehr als 4 Millionen" aktive Nutzerinnen und Nutzer. Die Differenz dürfte sich durch unterschiedliche Interpretationen von "aktiven Nutzern" erklären. Die Zahlen des Digimonitors basieren auf "mindestens gelegentlicher Nutzung", möglicherweise ist Twint bei der Definition von "aktiv" grosszügiger.

Das Flaggschiff Facebook hat die jungen Generationen längst verloren

Mit 2.8 Millionen Nutzerinnen und Nutzern (44% der Bevölkerung) ist Facebook noch immer das (schlingernde) Flagschiff aus dem Hause Meta, allerdings: heute sind die Älteren die Treuen, ein durchschnittlicher Facebook-User ist aktuell 44 Jahre alt. Das war in der Hochblütezeit der Plattform ganz anders. Facebook hat es nicht geschafft, den Lockstoff für junge Generationen am Leben zu erhalten oder neu zu mischen, die Jungen haben sich verabschiedet. 

Mit 170'000 neuen Userinnen und Usern rückt Instagram an Facebook heran. 2.5 Millionen (39%) sind inzwischen gelegentlich auf Instagram.

Dramatischer ist die Neuorienierung bei jungen Zielgruppen. Bei jüngeren Personen ist Instagram bereits seit 2017 markant beliebter als Facebook: Instagram hat 610'000 User zwischen 15 und 24 Jahren (83% dieser Altersgruppe), Facebook nur gerade noch 200'000 (27%). Mit dem Wechsel zu Instagram bleiben die Nutzerinnen und Nutzer zumindest unter dem Dach von Meta, schmerzhafter für das Big Tech sind die schnell wachsenden Konkurrenten ausserhalb des Konzerns.

Auch Snapchat (70%), TikTok (43%), Pinterest und die Gaming-Plattform Discord (beide 37%) werden heute von deutlich mehr jungen Schweizerinnen und Schweizern genutzt als Facebook (27%).

Online-News: Wer sie liest, wer sich registriert und wer dafür bezahlt

Mehr als 3 von vier Personen lesen News online, aber: nur ein Fünftel will dafür bezahlen. Das erklärt die Misere, die zahlreiche Medien mit der Einführung ihrer Paywalls erlebt haben.

5.0 Millionen (77% der Bevölkerung) lesen mindestens gelegentlich News im Internet. 2.7 Millionen (41%) nutzen dafür ein Gratis-Login beziehungsweise eine kostenlose Registrierung. 1.9 Millionen (29%) mögen das nicht und nutzen keine News-Angebote, für die man sich registrieren muss.

Nur 1.1 Millionen (18%) zahlen für ein digitales News-Abonnement. Die kostenpflichtigen Digital-Abos sind stark einkommensabhängig. Nur jede 11. Person aus einem Haushalt mit bis zu 6'000 Franken Brutto-Monatseinkommen leistet sich ein Digital-Abo für News (150'000 Personen, 9% dieser Einkommensklasse). Aber jede 3. Person aus einem Haushalt mit mehr als 10'000 Franken Einkommen (500'000 Personen, 31% dieser Einkommensklasse) ist bereit, für guten Journalismus Geld auszugeben.

Diese Zahlen bestätigen den Trend, dass Online-News gerne und stark genutzt werden, die Bereitschaft dafür zu bezahlen jedoch sehr gering bleibt. Dieses Verhalten haben Medienhäuser selbst provoziert. Oftmals ohne viel Strategie und Konzepte waren die meisten Online-Kanäle jahrelang kostenlos, parallel zu den bezahlpflichtigen Print-Ausgaben. Die Paywalls, als Antwort auf den Schwund der Print-Nutzung, kamen sehr spät und da hatte sich die Gewöhnung der Leserinnen und Leser an kostenlose Online-Nutzung längst etabliert.

Streaming auf Allzeithoch: Netflix knackt 3-Millionen-Zuschauer-Grenze

Netflix knackt mit 400'000 neuen Nutzerinnen und Nutzern die 3-Millionen-Grenze. Knapp die Hälfte der Bevölkerung (48%) schaut mindestens gelegentlich Netflix. Disney+ kommt mit ebenfalls 400'000 neuen Nutzern auf eine Million Zuschauerinnen und Zuschauer (16% der Bevölkerung). Play Suisse, das Schweizer Streaming-Portal der SRG, wird von 1.1 Millionen (17% der Bevölkerung) mindestens gelegentlich genutzt. Blue+, das frühere Teleclub-Angebot, hat 450'000 (7%) User. Die Schweizer Web-TV-Anbieter "Swisscom Blue TV App" haben 1.1 Millionen (18%), Zattoo 630'000 (10%) und Wilmaa 290'000 (4.5%) Zuschauerinnen und Zuschauer.

Weitere Video-Anbieter rivalisieren im Schweizer Markt um Zuschauer und Abonnentinnen. Twitch hat 445'000 Zuschauer (6.9%), Sky 390'000 (6.1%), Amazon Prime 340’000 (5.3%), RTL+ 310'000 (4.8%) und Apple TV Plus 300'000 (4.9%) User.

Sie alle liegen aber noch weit hinter der Nutzung von YouTube mit 4.5 Millionen Nutzerinnen und Nutzern (70%) , Netflix mit 3.1 Millionen (48%) oder dem klassischem Fernsehen mit 5.9 Millionen (91%) Zuschauerinnen und Zuschauern.

Weitere Resultate aus dem Digimonitor

Die Studie ist nicht kostenlos, sie schlägt für Nicht-Mitglieder der IGEM mit CHF 5'000 zu Buche. Einige zusammenfassende Resultate sind jedoch frei erhältlich und können ohne Login abgerufen werden, über den Link gleich unten.