Stable Coins

SNB, Banken, Swiss Stablecoin, Postfinance: Wer bringt den ersten digitalen Schweizer Franken?

Schweizer Flagge im Wind
Bild: SimpleImages | Getty Images

Findet die Vision des digitalen Frankens den Weg aus dem experimentellen Labor mitten in die Praxis von Finanz, Wirtschaft und Gesellschaft?

Der praktische Wert von Stable Coins ist unbestritten – in der Kryptowelt wie auch in der realen Wirtschaft und in der Gesellschaft. Die Kryptowelt ist seit Jahren mit mehreren Stable Coins unterwegs, um volatile Kryptowährungen bei Bedarf in stabile Coins zu wechseln und zu halten, ohne die digitale Umgebung verlassen zu müssen.

Das funktioniert dann verlässlich, wenn die gewählten Stable Coins tatsächlich stabil sind und für jeden Coin zum Beispiel ein Dollar oder eine andere Fiatwährung hinterlegt ist. Stable Coins, welche von privaten Unternehmen ausgegeben werden, sind jedoch nicht über jeden Zweifel erhaben, was Sicherheit und hinterlegte Werte angeht. Einige Pleiten der Vergangenheit oder die immer wieder aufkommenden Zweifel über Platzhirsch Tether setzen hier Fragezeichen. Tether hat inzwischen eine Marktkapitalisierung von 83 Milliarden US-Dollar und ein gehandeltes Tagesvolumen von 26 Milliarden. Kein kleiner Fisch also und dennoch ein streckenweise undurchsichtiger.

Staaten und Zentralbanken sind seit Jahren schon mit dem digitalen Abbild ihrer Fiatwährungen in Form von CBDCs am Ball. Private Initiativen für einen digitalen Franken gibt's ebenfalls, meistens allerdings proprietär an eine bestimmte Anwendung gebunden – ein flächendeckend einsetzbarer Stable Coin hat den Durchbruch in der Schweiz bisher nicht geschafft.

Die Intiative der Schweizerischen Nationalbank

Überlegungen zum digitalen Franken sind seit längerem von verschiedenen Seiten im Gange. Zum Beispiel die Schweizerische Nationalbank (SNB) testet seit einiger Zeit die Anwendungsmöglichkeiten von CBDC (Central Bank Digital Currency), gewissermassen die staatliche Version von Stable Coins, herausgegeben von der SNB. Auch hier: durch die Anbindung an die nationale Landeswährung hat die CBDC als digitale Schwester 1:1 denselben Wert wie die analoge Fiatwährung.

Diese digitale Schwester des Schweizer Frankens könnte vieles vereinfachen. Gibt eine Zentralbank als Ersatz oder als Alternative zu Fiatgeld eine digitale Währung aus, entfällt der "Umweg" über den Umtausch Fiatgeld gegen digitale Währung, die digitale Währung kann direkt als Aufbewahrungs- und Zahlungsmittel verwendet werden. Das spart Zeit, Kosten und Umtriebe für alle Beteiligten, Prozesse können vereinfacht und beschleunigt ablaufen.

Die SNB zeigt jedoch dem Retail CBDC bis anhin die kalte Schulter, das ist jene Ausführung, die allen zur Verfügung steht und von Privaten wie von der Wirtschaft verwendet werden kann. Im Vordergrund steht für die SNB nur die Wholesale CBDC, das ist die Variante, die nur gerade Banken und andere Finanzinstitutionen nutzen können. 

Die Intiative der Schweizerischen Bankiervereinigung

Einen etwas breiter gedachten Ansatz verfolgt im Moment die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg). In Kooperation mit einer Gruppe von Schweizer Banken sollen die Möglichkeiten eines digitalen Schweizer Frankens, basierend auf tokenisiertem Buchgeld, ausgelotet werden. Überlegungen zu DeFi und Kryptowelten spielen ebenfalls eine Rolle.

Hier sind im Moment BCV, Credit Suisse, Entris Banking, Hypothekarbank Lenzburg, In Core Bank, Julius Baer, Postfinance, Sygnum, UBS, Vontobel, VZ Depotbank und Zürcher Kantonalbank mit im Spiel. 

Details zur Initiative gleich hier, das Whitepaper zum Projekt gibt's hier als PDF zum Runterladen.

Die Initiative der Swiss Stablecoin 

Das Startup Swiss Stablecoin (SSC) ist 2022 von der ehemaligen National- und Ständerätin Pascale Bruderer gegründet worden. Inzwischen sind zahlreiche bekannte Namen aus Technologie und Finance mit an Bord, zuletzt ist im Juni 2023 Thierry Kneissler als Verwaltungsrat dazugestossen.

Swiss Stablecoin will einen regulierten und breit zugänglichen Digitalfranken lancieren. Im Zentrum steht die Vision einer dezentrale Plattform, die auf Rechtssicherheit, Souveränität und Offenheit baut. Sie soll die Schweizer Finanz- mit der Realwirtschaft verbinden und mit funktionalen Wallets die breite Anwendbarkeit des digitalen Schweizer Frankens sicherstellen. Die weitergedachte Vision von Swiss Stablecoin liest sich so:

"Die SSC gliedert sich in die bestehende Finanzindustrie ein und setzt auf Partnerschaften mit innovativen Banken. Gleichzeitig stellt sie sicher, dass bei der digitalen Ergänzung der Zahlungsinfrastruktur die Schweizer Realwirtschaft miteinbezogen wird. Erst dadurch entstehen bei Transaktionen im digitalen Raum neue Partnerschaften auf Augenhöhe und innovative Anwendungen für die breite Wirtschaft und Gesellschaft."

SSC bezieht die alle relevanten Parteien mit ein, neben Finanz und Wirtschaft auch die Gesellschaft. Also ein digitaler Franken für alle.

Die Initiative der Postfinance

Das aktuelle Projekt der Postfinance ist eng mit der Initiative von Swiss Stablecoin verbunden. In einer Partnerschaft sollen konkrete Umsetzungsschritte für den digitalen Franken getestet werden. SCC-Gründerin Pascale Bruderer meint:

Die Zeit ist reif, es gilt nun, Schritt für Schritt in die Umsetzung zu gehen und mit konkreten Anwendungen zu starten

Gemeinsam mit der Postfinance will die SCC Pionierarbeit leisten und sicherstellen, dass ein digitaler Schweizer Franken von öffentlichem Vertrauen getragen wird und einen realwirtschaftlichen Nutzen bringt.

Postfinance ihrerseits will ebenfalls die Entwicklung eines digitalen Frankens vorantreiben und lanciert deshalb gemeinsam mit Swiss Stablecoin den notwendigen bisher noch fehlenden Stable Coin für die Schweiz. Damit soll ein wirklich breit abgestütztes Zahlungsmittel geschaffen werden, welches das Zahlungswesen in der Schweiz vereinfachen und effizienter machen soll.

Im Rahmen eines gemeinsamen Proof-of-Concept (Machbarkeitsversuch) wird ein digitales Abbild des Frankens für Anwendungsfälle freigeschaltet und in der Testumgebung von Postfinance auf die Praxistauglichkeit geprüft. Diese erste konkrete Anwendung läuft auf Cardossier, das ist ein Verein, den die Postfinance mitgegründet hat.

Cardossier ist eine Plattform, über die alle relevanten Informationen über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs nachvollziehbar und sicher abgelegt sowie ausgetauscht werden können, wir haben über das Projekt bei der Lancierung 2019 ausführlich berichtet, hier.

Die Bezahlung von Leistungen bei firmenübergreifenden Prozessen während des Lebenszyklus eines Fahrzeugs stellt eine optimale Testumgebung für den digitalen Franken dar. Im Cardossier-Prozess des Fahrzeugwechsels kommt es zur Verrechnung von Kleinstbeträgen, daher bietet sich die Integration einer Micropayment-Lösung an.

Mit dem PoC wird das Ziel verfolgt, den digitalen Franken über das Netzwerk einer Schweizer Bank herauszugeben und zurückzunehmen. Die SSC dient dabei als Infrastruktur-Anbieterin. Dies als Grundlage dafür, diesen Prozess künftig über weitere Finanzdienstleister zu multiplizieren und damit der breiten Bevölkerung und der Wirtschaft Schritt für Schritt einen digitalen Franken zur Verfügung stellen zu können.

Führt die gemeinsam Power der verschiedenen Initiativen zum Ziel?

Die Chancen stehen gut. Die verschiedenen Intiativen setzen jeweils andere Schwerpunkte, im Zentrum aller Anstrengungen stehen jedoch Stable Coins in unterschiedlicher Ausprägung.

Zudem funktionieren die einzelnen Initiativen nicht absolut autonom und isoliert, die Protagonisten der verschiedenen Initiativen kennen sich, tauschen sich aus und einzelne Teilnehmer sind auch gleich in mehreren der Konsortien vertreten.

Das heisst im Klartext: wenn nicht alle Stricke reissen. kann es was werden mit dem digitalen Franken, der allen zur Verfügung steht. Banken, der Wirtschaft und auch der Bevölkerung.