Neo-Banken

Was gibt's Neues in der Neo-Banken-Szene Schweiz?

Smartphone und Metall-Karte von Neon
Bild: Neon

Fusionen und Übernahmen sind in Europa in vollem Gange, in der Schweiz operieren die Neo-Banken (noch) weitgehend autonom – ein Überblick zu den letzten Bewegungen.

Im Gegensatz zu Deutschland zeigen sich Schweizer Neo-Banken im Moment noch resistent in Bezug auf Fusionen und Übernahmen. Was nicht ist, kann und wird noch kommen. Aktuell segelt die Schweizer Neo-Banken-Szene weitgehend unter der Flagge "jede für sich". Allerdings gleichen sich die Neo-Banken hierzulande in ihren Angeboten und Ausrichtungen den in- und ausländischen Konkurrenten mehr und mehr an. Eine interessante Entwicklung, nur: am Ende der Fahnenstange sind viele Gleiche möglicherweise einige zu viel. Ein Blick auf die Entwicklungen der letzten Wochen und Monate.

Neon holt in der Angebots-Palette auf

Mit Spaces hat Neon im April 2022 nun ebenfalls Funktionen rund ums Sparen eingeführt. Individuelle Sparziele definieren, wie zum Beispiel Ferienreise, Motorrad, neue Wohnung oder was auch immer und pro Sparziel ein virtuelles Sparkonto anlegen.

Die hervorstechendste Neuerung ist der zusätzlich Kontotyp "Metal". War Neon bisher mit dem kostenlosen Konto in Pink und dem Konto in Grün mit Holzkarte für Umweltbewusste (CHF 5 pro Monat) unterwegs, hat das FinTech nachgelegt mit der dritten Kontovariante "Neon Metal* in Schwarz. Die Karte aus Metall kann beidseitig kontaktlos bezahlen, das ist praktisch. Das Konto kostet 15 Franken pro Monat, bietet erweiterte Versicherungspakete und den kostenlosen Bezug von Bargeld weltweit.

Revolut hat Vorsprung beim Metall-Angebot mit ausgebauten Leistungen, Neon ist aber die erste Schweizer Neo-Bank mit Metall-Karte. Dem Beispiel von Revolut und Neon dürften weitere Neo-Banken über kurz oder lang folgen, der Lifestyle-Aspekt ist nicht zu unterschätzen.

Yuh hat jetzt 75'000 Kundinnen und Kunden

Die Startup-Tochter von Postfinance und Swissquote wächst konstant und solide. Ein halbes Jahr nach Markteintritt (November 2021) waren 33'000 Nutzerinnen und Nutzer mit an Bord, im Februar 2022 waren's 50'000, im Mai 2022 bereits 62'000 und aktuell meldet Yuh 75'000 aktive Nutzerinnen und Nutzer.

Zum Vergleich: Zak, die erste Neo-Bank im Schweizer Markt, hat in gut vier Jahren um die 50'000 Kunden an Land gezogen. Neon steht nach gut drei Jahren im Bereich der 120'000er-Marke. CSX, die Tochter der Credit Suisse, hat nach einem Jahr 100'000 Kundinnen und Kunden gemeldet (Stand Ende 2021). Von Yapeal und FlowBank sind bisher keine verlässlichen Zahlen bekannt. Die britische Challenger-Bank Revolut setzt mit 450'000 Nutzerinnen und Nutzern auch in der Schweiz Massstäbe.

Mit 75'000 aktiven Kundinnen und Kunden liegt Yuh, ein Jahr und drei Monate nach Markteintritt, gut im Rennen. Der Erfolg dürfte stark mit der "dritten Säule" zusammenhängen, die Yuh sehr aktiv bewirtschaftet. Neben den Funktionen rund ums Zahlen und Sparen bietet Yuh auch "Investieren" und baut die Anlagemöglichkeiten im Bereich Kryptowährungen und Aktien laufend aus. Hier sind in der Schweiz in erkennbarem Ausmass nur gerade die FlowBank und Revolut mit im Spiel. FlowBank mit einem sehr ausgebauten Angebot, Revolut im Moment in der Schweiz "nur" mit Kryptos, aber mit einer breiten Palette an Coins und Tokens.

FlowBank senkt die Kommissionen auf Null

Nicht generell, aber immerhin bei Schweizer Aktien. Seit Mitte Juli 2022 partnert die FlowBank mit der Schweizer Börse BX Swiss und hat zum Start dieser Kooperation die Kommissionen auf Schweizer Aktien auf Null reduziert. Das neue Pricing gilt dauerhaft.

Die FlowBank gehört zu den ernstzunehmenden Mitspielern in der Neo-Banking Szene. Mit dem Schwerpunkt Anlagen und Investitionen positioniert sich die Neo-Bank als Neo-Broker, allerdings mit zusätzlichen Ambitionen Richtung Banking. Das breite Angebot von 50'000 Finanzinstrumenten, das Anlegerinnen und Anlegern auf der Trading-Plattform zur Verfügung steht, ist schwer zu toppen. Zudem investiert die Neo-Bank mit ihrer Trading-Akademie massiv in Information, Know-how und Education für Kundinnen und Kunden auf unterschiedlichen Levels.

Kaspar& tut sich mit der BLKB zusammen

Kaspar& ist auf den ersten Blick ein Wundertüten-FinTech – warum, haben wir bereits ausgeführt, hier und hier. Auf den zweiten Blick ist das Startup eine Neo-Bank, die als WealthTech gestartet ist. Aktuell ist das FinTech dabei, im F10-Programm neue Open Finance-Anwendungen zu entwickeln. Mit dazu gehören zum Beispiel die bereits ausgerollte Versicherungs-Integration sowie neue Services im Bereich von Vorsorge und Spenden.

Im Juli 2022 hat sich die Basellandschaftliche Kantonalbank BLKB eine Minderheitsbeteiligung an Kaspar& gesichert. Ein beispielhafter Schritt in Bezug auf die Stichworte Fusionen, Übernahmen und Kooperationen, die wir bereits ins Feld geführt haben. Kaspar& wird nicht übernommen und auch eine Fusion ist kein Thema. Die engere Anbindung an eine klassische Bank folgt schlicht und einfach einer intelligenten Idee und Philosophie. Wir haben Co-Gründer Jan-Philipp Schade gefragt: Wie kommmt's? – Ebenfalls beispielhaft fällt die Antwort aus, Schade sagt:

«Eine wichtige Einsicht für uns ist, dass grosse und nachhaltige Änderungen im Privatkundengeschäft nur dann erreicht werden können, wenn es zu Kooperationen von Innovatoren (hier die FinTech-Startups) und Besitzern von Kundenbeziehungen (hier insbesondere Regional- und Kantonalbanken) kommt. Warum also viel Geld und Mühe in Marketing investieren, um Kunden von A nach B zu schieben, anstatt das Geld lieber in ein Produkt zu investieren, was dem Kunden auch am Ende hilft.»

Dem gibt's wenig hinzuzufügen, ausser vielleicht und als Bekräftigung die simple Formel: Haben die einen das, was die anderen brauchen – und umgekehrt, dann kann sehr viel schneller Gutes, Besseres und möglicherweise sogar Bestes entstehen, wenn die Kräfte gebündelt werden.

Kooperationen, Fusionen und Übernahmen

Kooperationen werden wir in der Schweiz in der Neo-Banken-Szene und im FinTech-Bereich in nächster Zeit vermehrt sehen. Das ist nicht ganz neu und war auch bisher gelebte Praxis. Die Neo-Bank Yapeal hat sich bereits vor einiger Zeit sehr eng an das FinTech Abacus gebunden und sich primär dem B2B-Bereich verschrieben. Die FlowBank entwickelt seit einigen Monaten gemeinsam mit dem Partner CoinShares Pläne und Strategien, das Krypto-Unternehmen aus Jersey hat sich mit fast 30 Prozent an der Neo-Bank und dem Neo-Broker beteiligt.

Kooperationen, Beteiligungen und Partnerschaften werden in Zukunft vermehrt Schule machen, auch Fusionen und Übernahmen bleiben möglich. Wirtschaftlich eingetrübte Aussichten könnten bereits länger angedachte Überlegungen und Prozesse konkretisieren und beschleunigen.