Challenger-Banken

Neo-Bank Qonto mischt Deutschland mit der grossen Kelle auf

Neo-Bank Qonto auf Smartphone mit Karte
Bild: Qonto

Die Neo-Bank startet Ende Januar 2020 in Deutschland, verfolgt hochgesteckte Ziele und hat sich dazu aktuell mit zusätzlichen 104 Millionen Euro finanziert.

Die Neo-Bank Qonto ist das französische FinTech, das in nur zweieinhalb Jahren 65'000 Kunden in Frankreich, Spanien und Italien für seine Business Banking-Lösung gewinnen konnte.

Nutzer der App sind Selbstständige, Startups und KMU, welche ihr Geschäftskonto, Karten, Zahlungen und auch ihre Buchhaltung über Qonto organisieren und bereit sind, dafür zwischen 9 und 99 Euro pro Monat zu zahlen. Aktuell gehören zur Quonto-Crew gut 200 Mitarbeiter, mehr als die Hälfte davon ist im Bereich der internationalen Produktwicklung engagiert.

Qonto will den deutschen Markt erobern

Die Challenger-Bank und ihre Expansionspläne haben wir vor einigen Tagen ausführlich porträtiert. Qonto wird am 29. Januar 2020 in Deutschland starten und will von Berlin aus auch den Rest von Europa erobern.

Das FinTech hat keine Privatpersonen im Auge, sondern fokussiert mit seiner App auf kleinere und mittlere Unternehmen. Qonto findet in Deutschland keinen unbeackerten Markt vor, im gleichen Segment sind in unterschiedlicher Ausprägung Neo-Banken und FinTechs wie Bunq, Fyrst (Deutsche Bank), HolviKontistMonese und Penta bereits seit längerem aktiv.

Dazu kommen die Challenger-Banken N26 und Revolut, welche Konten für Private anbieten und darüber hinaus mit ihren Business-Konten ebenfalls den Markt der Selbstständigen und der KMUs bearbeiten. Beide Anbieter haben in den letzten Monaten ihr Engagement im Bereich der Business-Konten verstärkt. Im Falle von N26 als angekündigte Strategie, bei Revolut ohne Ankündung, aber deutlich spürbar.

Das alles scheint beim Deutschland-Neuling Qonto weder Irritationen noch Beisshemmungen auszulösen, im Gegenteil. Das bisher schon intakte Selbstbewusstsein des FinTechs hat in diesen Tagen noch zusätzliche Nahrung bekommen – in Form von massiven Geldzuflüssen, welche die Möglichkeiten und die Durchschlagskraft für Qonto ebenso massiv erweitern könnten.

Verständlich, dass Qonto mit diesen hervorragenden Startvoraussetzungen mögliche Irritationen ungebrochen selbstbewusst an bestehende Konkurrenten delegiert, welche nicht ausschliesslich im Lager der Neo-Banken angesiedelt sind.

Die Neo-Bank ist mit zusätzlichen 104 Millionen Euro komfortabel finanziert

Bisher war Qonto mit 32 Millionen Euro finanziert. Aktuell hat die Neo-Bank den Abschluss einer Series C-Finanzierungsrunde bekanntgegeben und dadurch zusätzliches Kapital in der stolzen Höhe von 104 Millionen Euro eingesammelt.

Nach eigenen Aussagen des FinTechs ist ein signifikater Anteil der neuen Mittel für das Wachstum in Deutschland eingeplant. Das heisst: Qonto braucht nicht zu kleckern, der neue Markt kann mit Klotzen in Angriff genommen werden. Für Deutschland ist denn auch "eine Beschleunigung des Wachstums über alle Marketingkanäle sowie die stärkere Lokalisierung des Produkts" geplant.

Philipp A. Pohlmann, Country Manager Deutschland bei Qonto, fasst die Pläne mit folgenden Worten zusammenm:

Zusätzlich zum bereits eingeplanten Marketingbudget für 2020 hilft uns die Finanzierung dabei, das Wachstum im lokalen Markt weiter zu beschleunigen – wir möchten noch besser auf die Bedürfnisse der Unternehmen und Gründer eingehen und diese über breites Marketing auf unseren Service aufmerksam machen

Der Plan könnte gelingen. Mit der prall gefüllten Kasse lässt sich "breites Marketing" auf die Beine stellen, das Unternehmen und Gründer erreichen wird.

Die Runde der Investoren ist interessant

Die Investoren scheinen Neo-Banken und damit auch Qonto einiges zuzutrauen. Neben den bereits bestehenden Investoren, Alven und Valar, ist die aktuelle Finanzierungsrunde vom Technologie-Riesen Tencent mit Unterstützung von DST Global angeführt worden. Tencent ist seit knapp zwei Jahren bereits bei N26 investiert, DST Global ist seit längerem engagiert bei den Challenger-Banken Nubank (Brasilien), Chime (USA) sowie bei Revolut (GB).

Wie aktuell bei Qonto sind auch bei N26 und Revolut ungewöhnlich hohe Investitionen getätigt worden. Die investierten Summen und die Erweiterung der Portfolios zeigt, dass grosse Investoren nicht nur Geld, sondern auch kalkuliertes Vertrauen in die Challenger-Banken investieren.

Der Kommentar von Danying Ma, Investment Director bei Tencent: 

Qonto erfindet das Business Banking neu

Auch Tom Stafford, Managing Partner von DST Global, ist überzeugt davon, dass die Technologie von Qonto das Bankgeschäft für kleinere und mittlere Unternehmen postitiv verändern wird und meint:

Wir freuen uns sehr, Alexandre, Steve und das Team von Qonto bei dem weiteren Aufbau eines European Champions zu unterstützen

Starke Worte – von Investoren, die in Serie und strategisch auf das Potenzial von Challenger-Banken setzen.

Business-Kunden werden zur verstärkt umworbenen Zielgruppe

Der von N26 und Revolut verstärkte Fokus auf Business-Kunden dürfte nicht allzu viel mit dem Markteintritt von Qonto zu tun haben. Konkurrenten gab's vorher schon und die beiden Challenger-Banken zielen weniger auf FinTechs, sehr viel mehr auf die KMU-Kunden von klassischen Banken. 

Das Business-Segment ist sehr gross, wenn Freelancer, Selbstständige und KMU dazugezählt werden. Zudem generell interessant – KMU sind es gewohnt, für genutzte Services eine monatliche Fee zu zahlen. Stimmen die Leistungen, das tun sie, liegen die Einstiegshürden tief und auch die Wechselbereitschaft wird erhöht.

In diesem Zusammenhang eine interessante Bemerkung, welche Philipp A. Pohlmann gegenüber unseren Kollegen vom Handelsblatt zu Protokoll gegeben hat:

Wir wollen das N26 für Firmenkunden werden

Also doch noch eine kleine Kampfansage innerhalb der eigenen Phalanx der Challenger-Banken? Immerhin ist der Platz des N26 für Firmenkunden bereits abgesteckt und besetzt  – durch N26 selbst. Die Smartphone-Bank war bisher zwar "nur" bei Freelancern und Selbstständigen aktiv, nicht bei KMU, dabei dürfte es jedoch nicht bleiben.

Pohlmann schwächt gegenüber dem Handelsblatt versöhnlich ab:

Die Zielgruppe unterscheidet sich, und ich könnte mir eher vorstellen, dass wir irgendwann kooperieren

So oder so darf man davon ausgehen, dass Qonto den Leistungsumfang von N26 kennt und auch in dieser Beziehung den eigenen Kunden nichts schuldig bleiben wird. Selbstständige und KMU wird's freuen – war die Wahl unter verschiedenen Lösungen bisher schon gegeben, kommt nun ein mögliches neues Wunsch-Produkt dazu.

Auf dem Weg zur Banklizenz

Qonto ist sehr gut aufgestellt für den Start im Markt Deutschland und auch für die Expansion in weitere Europa-Destinationen. Ein solides Leistungs-Angebot, transparente Preise und der starke Kundenservice dürften bei den Zielgruppen gut ankommen. Das FinTech arbeitet autonom mit einem eigenen Kernbankensystem und ist nach Aussagen der Macher auf dem Weg zur Banklizenz, die bis Ende 2020 vorliegen soll.

Um bei den eingangs angeführten hochgesteckten Zielen keine Zweifel offenzulassen – mit Blick auf die neuen Investoren, welche bereits erfolgreich europäische Unternehmen zu globalen Marktführern aufgebaut haben, meinen die beiden Gründer Alexandre Prot und Steve Anavi:

Wir sehen darin eine einzigartige Chance, unser Wachstum zu beschleunigen und die beste Bank für kleine und mittlere Unternehmen in Europa zu werden

Die Chancen sind intakt – für Qonto und auch für die anderen benannten Player, die in gewisser Weise alle am selben Strick ziehen. Sie alle wollen Banking einfacher, schneller, komfortabler, flexibler und kostengünstiger machen.