Interview

Im Gespräch mit Volker Koppe von Visa zu Click to Pay

Volker Koppe, Head of Strategic Initiatives bei Visa
Volker Koppe, Head of Strategic Initiatives bei Visa (Bild: Visa)

Komfort und Sicherheit sind die zentralen Faktoren beim digitalen Bezahlen – Click to Pay ist ein Feature für das eine wie für das andere.

Unkomfortable Checkouts führen im Online-Handel zu Kaufabbrüchen. Eine der anachronistisch anmutenden Hürden ist zum Beispiel, wenn Online-Shopper bei verschiedenen Online-Shops immer wieder neu ihre Kreditkartendaten erfassen und hinterlegen müssen. Einmal sollte genügen, oder?

Die Branchenlösung "Click to Pay" soll genau das möglich machen. Wir haben uns mit Volker Koppe von Visa darüber unterhalten, wie Click to Pay funktioniert, wem es nützt, wer es bezahlt und warum es erst heute kommt.

Volker Koppe, kurz und knapp: Wer sind Sie, was tun Sie und wo tun Sie das?

Ich bin bei Visa in den zentraleuropäischen Märkten für die Einführung neuer Produkte und Services verantwortlich, die einen marktübergreifenden Ansatz erfordern. Häufig geht es dabei um Lösungen, die noch am Anfang des Produktlebenszyklus stehen.

Rund ums digitale Bezahlen ist aktuell sehr viel in Bewegung – bewegen die grossen Kartenorganisationen mit oder verspüren sie Druck?

Die Zahlungsindustrie ist seit jeher eine sehr dynamische Branche. Es geht darum, Innovationen zu ermöglichen. Diese müssen auf der einen Seite nutzerfreundlich sein. Ganz besonders wenn es um das Geld der Menschen geht, müssen sie auch sicher sein. In diesem Spannungsfeld bewegt sich die Branche konstant – Click to Pay ist ein aktuelles Beispiel dafür, dass beides auf einmal geht.

Die European Payments Initiative (EPI) will mit eigener Infrastruktur Visa und Mastercard direkt konkurrenzieren – kostet Sie dieser Versuch ein Lächeln oder kommt da eine ernstzunehmende Welle auf Sie zu?

Wettbewerb ist eine gute Sache, weil er Innovationen fördert und die gesamte Branche antreibt. Wir begrüssen neue Ideen, die das digitale Bezahlen fördern, nutzerfreundlich sind und das hohe Mass an Sicherheit liefern, das Unternehmen und Konsumenten gewohnt sind und erwarten können. Egal ob sie in der Schweiz oder am anderen Ende der Welt einkaufen wollen. Wir bringen in diesen Wettbewerb Visas Stärken ein: Vertraute Marke, globales Netzwerk, Innovationen und Sicherheit für digitales Bezahlen.

Instant Payments bekommen neuen Schub und werden für sämtliche Banken verpflichtend. Sofortzahlungen zum Nulltarif könnten Kartenzahlungen überflüssig machen – richtig oder falsch?

Echtzeitzahlungen sind ein spannendes Feld. Bei Visa haben wir mit Visa Direct eine Lösung für Banken im Angebot, die Echtzeitzahlungen in Bereichen wie P2P, aber auch im B2B-Umfeld ermöglichen – und zwar nicht nur zwischen Karten, sondern auch zwischen Bankkonten und digitalen Wallets, die inzwischen in vielen Gegenden der Welt eine sehr starke Stellung haben.

Am Ende entscheidet der Konsument, wie er bezahlen möchte und wie ein Angebot aussehen muss, das ihn überzeugt. Relevant ist zum Beispiel, wie Rückerstattungen oder das Thema Betrug geregelt werden. Ich gehe daher davon aus, dass Bezahlkarten auch zukünftig eine wichtige Rolle im Mix spielen werden.

Stichwort Click to Pay: Was ist es und wem nützt es?

Aufs Wesentliche heruntergebrochen: Click to Pay ist eine Vereinfachung der Kartenzahlung im Internet, die die Nutzerfreundlichkeit beim Bezahlen erhöht und Konsumenten, Onlinehändlern wie kartenausgebenden Finanzinstituten Vorteile bringt. So wie die kontaktlose Kartenzahlung im Geschäft soll Click to Pay zum Standard für die Kartenzahlung per Debit- oder Kreditkarte im E-Commerce werden. Es handelt sich nicht um ein neues Bezahlverfahren und auch kein Wallet, für das zum Beispiel ein gesondertes Passwort benötigt wird. Zahlungen über Click to Pay bleiben gewöhnliche Kartenzahlungen...

...mit einem zentralen Unterschied für Konsumenten, statt immer und immer wieder...

...genügt bei Click to Pay die einmalige Eingabe der Zahlungsdaten, statt in jedem Onlineshop oder in jeder App seine Zahlungsdaten neu eingeben zu müssen. Nach Registrierung für den Service speichert dieser die Informationen sicher, sodass Käuferinnen und Käufer in jedem teilnehmenden Shop im Idealfall mit nur einem Klick bezahlen können, egal mit welchem Gerät – Laptop, Smartphone oder Tablet.

So ist es dann nicht länger notwendig, weitere Zahlungsdaten einzugeben oder sich ein Passwort für das Bezahlen zu merken – selbst wenn es sich um einen Ersteinkauf in dem jeweiligen Shop handelt. Kunden wählen eine ganz normale Kartenzahlung aus. Anhand der E-Mail-Adresse wird erkannt, ob diese für Click to Pay registriert ist. In manchen Fällen kommt es zu einer Sicherheitsanfrage per Einmalpasswort (OTP). Sie sehen dann die Karten, die bei Click to Pay hinterlegt sind, und können die passende auswählen. Dieser Prozess startet komplett automatisch.



Und was braucht es, damit es für alle funktioniert? Ist die Einführung von Click to Pay technisch ein Spaziergang oder ein veritabler "Hosenlupf"?

Die Bank erhält eine reguläre Kartenzahlung zur Genehmigung. Daher gibt es für Banken aus technischer Sicht keine Änderung der Zahlungsabwicklung. Und alle Karten, die für Internetzahlungen genutzt werden können, funktionieren bereits heute auch in Click to Pay. Wichtig aus unserer Sicht ist jedoch, dass die Bank ihren Kundinnen und Kunden die technische Möglichkeit gibt, ihre Karten auf einfache Weise in Click to Pay zu hinterlegen. Hierfür arbeiten wir aktuell mit allen Schweizer Banken zusammen.

Das klingt nach Spaziergang für Banken – und für andere Partner?

Die technischen Anpassungen in der Zahlungsabwicklung erfolgen auf Seiten des Zahlungsdienstleisters oder des Händlers. Die Integration von Click to Pay in den Onlineshop übernehmen meistens sogenannte Payment Service Provider (PSP), denen Visa eine technische Schnittstelle (API) zur Verfügung stellt. Hat der Kunde wie üblich die Kartenzahlung gewählt und den Zahlvorgang zum Beispiel mit "Jetzt zahlen" angestossen, übernimmt der PSP die weiteren Schritte und zeigt die verfügbaren Karten an.

Interessierte Schweizer Händler sollten somit im ersten Schritt mit dem eigenen Zahlungsdienstleister sprechen und können einen Blick auf die aufgelisteten Anbieter auf unserer Website werfen. Der Aufwand für den Händler hängt von der gewählten Form der Integration ab. Besonders kleine Händler, die oft mit Hosted Payment Pages arbeiten, sollten so gut wie keinen zusätzlichen Aufwand für die Integration von Click to Pay haben.

Für wen entstehen zusätzliche Kosten bei Click to Pay?

Die Konditionen für die Zahlungsabwicklung im Shop machen Händler mit ihren Zahlungsdienstleistern aus. Click to Pay-Zahlungen bleiben reguläre Onlinekartenzahlungen, daher sollten in der Regel die bestehenden Gebührenkonditionen der PSPs für Kartenzahlungen gelten. Durch Visa fallen für Click to Pay keine zusätzlichen Gebühren an.

Sind Payment Service Provider, Händler und andere Parteien Feuer und Flamme für Click to Pay – oder gibt’s auch bremsende Zurückhaltung?

Wir wissen aus unseren Gesprächen, dass Händler die Vorteile dieser Checkout-Lösung sehen. Naturgemäss ist es für Onlinehändler sehr wichtig, dass die Einkäufe in ihrem Shop reibungslos ablaufen und bereits angelegte Warenkörbe auch bezahlt werden. Untersuchungen zeigen, dass ein relevanter Anteil der Kaufabbrüche im Online-Handel auf Probleme bei der Bezahlung zurückzuführen ist. Denn Konsumenten stossen dabei bislang oft auf noch mehreren Hürden, wenn sie mit Karte zahlen wollen: Sie müssen erst ihr Portemonnaie holen, die Daten von der Karte abtippen und Formulare mit vielen Feldern ausfüllen. Click to Pay macht diese Schritte überflüssig, womit sich Händlern die Chance bietet, Kaufabbrüche zu reduzieren.

Wie bei allen Zahlungen über Visa gilt auch hier die Zahlungsgarantie, sobald die Zahlung von der kartenausgebenden Bank erfolgreich autorisiert wurde. Da keine weitere Partei zwischen sie und ihre Kunden tritt, behalten Händler ausserdem die Kundenbeziehung.

Konsumenten dürften es schätzen, wenn sie nicht mehr bei jeder Zahlung ihre kompletten Daten eingeben müssen – gibt’s hier schon Prognosen über Zustimmung und die Bereitschaft zum Mitmachen?

Wir wissen aus der Marktforschung, dass ein signifikanter Anteil der Schweizer Konsumenten sich einen einfacheren Checkout bei der Online-Kartenzahlung wünscht. Gleichzeitig sehen wir bei Händlern, die Click to Pay bereits anbieten, dass Kunden schneller bezahlen und Autorisierungsraten steigen. Ich gehe daher von einem steigenden Interesse aus und denke, dass wir schon in den nächsten Monaten mehr und mehr Händler sehen werden, die Click to Pay einführen. Parallel werden Banken eine Funktion in ihre Banking Apps einbauen, die es Konsumenten erleichtert, ihre Karte mit wenigen Klicks in Click to Pay zu hinterlegen. Dann passiert alles Weitere automatisch: Beim nächsten Einkauf wählt der Konsument im Online-Shop die Zahlung per Karte, und automatisch taucht seine Karte auf – ohne alle Daten händisch eingeben zu müssen.

Konsumenten werden weniger Accounts bei Händlern eröffnen, weil die Zahlungs- und Kartendaten nicht mehr an den Webshop gebunden sind. Wird dieser Verlust an "Kundenbindung" von Händlern möglicherweise auch als Nachteil empfunden?

Click to Pay ist eine neue Checkout-Lösung, die das Bezahlen shopübergreifend auch als Gast erleichtert. Insofern spricht es vor allem die Kunden an, die gerade bei kleineren oder unbekannten Händlern eben kein Kundenkonto eröffnen wollen. Allerdings bleibt der Kundenkontakt natürlich auch hier bestehen – Bestellungen laufen weiter direkt über den Händler. Lediglich die "echten" Zahlungsdaten landen nicht mehr beim Händler. Denn bei allen Zahlungen über Click to Pay kommt die Token-Technologie zum Einsatz, die vielen vom mobilen Bezahlen bereits bekannt ist. Dabei erhalten Händler anstelle einer Kartennummer einen Token. Dieser ist nicht an anderer Stelle einsetzbar und damit – sollte es bei einem Händler einmal zu einem Datenabgriff kommen – für Angreifer unbrauchbar. Ich sehe keinen Nachteil für Händler darin, keine sensiblen Kartendaten mehr speichern zu müssen – im Gegenteil, es senkt eher das Risiko, Ziel von Kriminellen zu werden.

Apropos "bei jeder Zahlung immer wieder dieselben Daten erfassen" – das ist seit Jahren ein generelles Ärgernis und mit längst vorhandener Technologie eine anachronistische Hürde. Weshalb kommt Click to Pay erst jetzt?

Meiner Ansicht nach ist entscheidend, dass ein neuer Branchenstandard geschaffen wurde und keine neue Insellösung einzelner Player. Zudem hat die Bedeutung von E-Commerce-Kanälen mit der Pandemie noch einen weiteren Schub erlebt. Inzwischen kaufen zum Beispiel 65 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer mehrmals monatlich im Internet ein. Damit steigen noch einmal die Anforderungen an bequeme und sichere Zahlungsmethoden im Internet.

Wer hat’s erfunden, Visa oder Mastercard?

Auch hier gibt es eine Parallele zur Kontaktloszahlung, die das Zahlverhalten an der Ladenkasse massiv verändert und erleichtert hat: Click to Pay basiert auf einem globalen Branchenstandard, der von weiteren internationalen Schemes unterstützt wird. Somit können Kunden auch mit anderen E-Commerce-fähigen Debit- oder Kreditkarten schnell und sicher im Online-Handel auschecken – egal von welcher Bank sie ihre Karte erhalten haben.

In welchen Ländern und Regionen ist Click to Pay bereits im Markt und wo kommt der neue Service erst?

Jede Visa Debit- oder Kreditkarte kann für Click to Pay registriert werden, egal wo sie ausgegeben wurde. Der Service ist auch bereits in ersten Online-Shops in der Schweiz verfügbar und wir erwarten, dass sich im Laufe des Jahres viele weitere Händler anschliessen. Click to Pay ist jedoch nicht auf Schweizer Händler beschränkt, auch in anderen Ländern hat der Rollout auf Handelsseite bereits begonnen – Europa zählt hier zu den Vorreitern.

Wann wird man den Begriff wieder vergessen können, weil Click to Pay sich weltweit durchgesetzt hat und zum Standard gehört?

Ein Sportler sagte einmal sinngemäss «Ich mache nie Voraussagungen und werde das auch niemals tun» – da auch ich nicht in die Zukunft schauen kann, muss meine Antwort ähnlich ausfallen. Aber für Händler und Konsumenten gleichermassen sind die Vorteile naheliegend: Es wird nicht nur die Nutzerfreundlichkeit bei der Online-Kartenzahlung erhöht, gleichzeitig profitieren sie von der zusätzlichen Sicherheitsebene, die die Tokenisierung bei Click to Pay mit sich bringt.

Und eine Zahlung über Click to Pay bleibt eine normale Visa-Zahlung. Somit haben Käufer beim Bezahlen die gleichen Vorteile wie bei der herkömmlichen Zahlung mit Visa im Internet. Sie haften gemäss den AGBs ihrer Banken beispielsweise nicht für Zahlungen, die sie nicht freigegeben haben. Von daher ist es denkbar, dass sich der neue Standard etabliert, ohne dass die breite Masse sich überhaupt so viele Gedanken über den Begriff macht.

Der Interviewpartner: Volker Koppe

Volker Koppe, Head of Strategic Initiatives bei Visa

Volker Koppe ist als Head of Strategic Initiatives bei Visa verantwortlich für die Einführung von Services, die einen marktübergreifenden Ansatz erfordern oder die noch am Anfang des Produktlebenszyklus stehen. Hier stehen vor allem die Bereiche eCommerce, Mobilität & Transit und Digitale Identitäten im Fokus.

Koppe verfügt über umfangreiche Erfahrung in Marketing und Vertrieb, insbesondere im Kartengeschäft und im e-Payment. Von 2008 bis 2011 hat er bei Visa die Einführung von V PAY in Deutschland, Österreich und der Schweiz vorangetrieben. Seit 2012 liegt sein Fokus auf innovativen Services, wobei er für die Marktentwicklung von Produkten und Services jenseits der Plastikkarte verantwortlich ist. In diesem Kontext führte er unter anderem Visa-seitig Apple Pay, Google Pay, Samsung Pay und die Zahlung über Wearables bei Finanzinstituten, die Visa Karten ausgeben, in verschiedenen Märkten ein.

Vor seiner Tätigkeit bei Visa war Koppe Leiter Marketing GeldKarte bei der Euro Kartensysteme, einem Joint Venture der Deutschen Kreditwirtschaft.