PayPal mit Super-App – oder auf dem Weg zur Super-Bank?

Eine Frau hält ein Smartphone in der Hand und bedient die neue App von PayPal
Bild: PayPal

Als Bank wird PayPal sich selbst wahrscheinlich auch in Zukunft nicht bezeichnen – aber der Tech-Gigant baut seine Finanzdienstleistungen massiv aus.

Ganz "unbankig" hat sich PayPal auch in der Vergangenheit nicht gebärdet, die Spur zur Challenger-Bank war bereits seit längerem gelegt. Unter anderem durch Händler-Kredite oder durch die PayPal Debitkarte. Sicher ist: der Tech-Gigant beschränkt sich nicht darauf, seinen inzwischen weltweit mehr als 400 Millionen Nutzerinnen und Nutzern nur gerade schnelle Zahlungen zu ermöglichen. Das ist die Pflicht, die das Unternehmen perfekt beherrscht – nun kommt offenbar der Anlauf zur Kür. 

Im Vergleich zu den ersten Leistungen der neuen App, blieb die Ankündigung des PayPal-Chefs Dan Schulman geradezu schon auffällig zurückhaltend:

Wir freuen uns, die neue PayPal-App vorzustellen, mit der unsere Kunden ihre alltäglichen Ausgaben selbst in die Hand nehmen können

PayPal verfolgt nach eigenen Aussagen das Ziel, mit einer All-in-One-App das Finanzleben der Kundinnen und Kunden einfacher, komfortabler und sicherer zu machen.

Wie wird denn nun das Finanzleben einfacher?

Zuerst durch ein personalisiertes Dashboard mit Übersicht und Zugriff auf alles, was heute schon geht und was morgen noch kommen wird.

Kurzgefasst können Nutzerinnen und Nutzer der App heute oder bald schon Geld sparen und dafür Zinsen kassieren sowie Sparziele definieren und die Spartöpfe mit automatischen Überweisungen füllen. Um diese "gesunden Spargewohnheiten" zu entwickeln, kooperiert PayPal in den USA mit der Synchrony Bank.

Geld ausgeben und Zahlungen ausführen, national und international, geht auf jede mögliche und gewünschte Art – in diesem Bereich mit zahlreichen Komfort- und Automatisierungs-Funktionen. Dass Ratenzahlungen und die Verwaltung der BNPL-Raten mit dazu gehören, versteht sich von selbst. Specials, Rabatte, Prämien und Cashbacks gibt's auch, deshalb bietet die App Shopping-Tools, welche Käufer und Händler verbinden.

Die Krypto-Wallet ist ebenfalls mit an Bord, um Kryptowährungen kaufen, halten und verkaufen zu können. Die App kann also mit Fiatwährungen umgehen wie auch mit den digitalen Geschwistern.

Interessant ist neue Chat-Funktion, welche PayPal-User untereinander verbindet – im Zusammenhang mit P2P-Zahlungen können sich Nutzerinnen und Nutzer über die Transaktion austauschen oder über ganz andere Dinge plaudern.

Das alles und mehr ist oder wird Teil einer intelligenten digitalen Wallet, die auf Künstlicher Intelligenz und Machine Learning basiert. Einfachheit, Übersichtlichkeit und Komfort stehen im Vordergrund, deshalb soll die App für den Nutzer "denken" und ihm jede mögliche Hilfe und Unterstützung im Umgang mit seinen Finanzen bieten.

Geld spenden oder lieber spenden lassen?

Mit dem Generosity Network geht beides. PayPal hat diese Funktion in den USA bereits im November 2020 eingeführt. Nach Aussagen des Tech-Unternehmens inspiriert durch die steigende Popularität von Spendenkampagnen, welche durch die Pandemie noch beschleunigt wurde. Das Tool, es ist Teil der neuen App, macht seither Furore und steht neu auch in Deutschland zur Verfügung.

Mit diesem Spenden-Tool kann jede Nutzerin und jeder Nutzer direkt in der App eine individuelle Spendenkampagne für sich selbst oder für andere erstellen. Jede Kampagne, die mit dem Generosity Network lanciert wird, ist zugänglich für Millionen von Menschen, die anderen helfen können, ihre Spendenziele zu erreichen. Pro Kampagne können über einen Zeitraum von 30 Tagen bis zu 20'000 Euro gesammelt werden. Das gespendete Geld wird dann direkt auf das PayPal-Konto des Initiators gesendet, so dass die Gelder sofort für den gewünschten Zweck verwendet werden können. "Etwa um einen Freund oder ein Familienmitglied zu unterstützen", schlägt PayPal beispielhaft vor.

Auch für PayPal ist das Tool ein gutes Geschäft, als Anbieter der Funktion kassiert das Unternehmen einen Prozentsatz der eingesammelten Spendensumme.

Was kommt noch?

Es ist schon ziemlich viel da oder dann konkret angekündigt in der Pipeline. Bei den bereits heute bekannten Funktionen wird es jedoch kaum bleiben. Was PayPal im Moment in den USA und teilweise auch schon in Europa ausrollt, dürfte erst der Anfang einer Initiative sein, die in mehrfacher Hinsicht weitere Kreise ziehen wird. 

PayPal wird damit nicht zur Bank, aber zum umfassenden Finanzdienstleister mit einem wachsenden Paket an Services. Wo nötig nimmt das Unternehmen Banken mit ins Boot, die mit Lizenz und Prozessen den gewünschten Boden legen und Hintergrund schaffen.

Wäre PayPal ein Startup, würde man dieses Startup als Challenger-Bank bezeichnen. Der Tech-Gigant ist jedoch weit mehr als eine Challenger-Bank, in Möglichkeiten und in seiner Grösse. PayPal hat als digitaler Zahlungsdienstleister in den letzten 20 Jahren ein extrem dichtes Netz an Kunden aufgebaut, Private und Händler, die in gewisser Weise alle miteinander verbunden sind. Dieser Stamm von mehr als 400 Millionen Nutzerinnen und Nutzern ist ein gewaltiger Hebel und ein Verstärker, um neue und attraktive Services sehr breit und schnell in die Märkte zu bringen. 

Was die neue PayPal-App kann

Die Präsentation beschreibt das Leistungspaket, das zuerst für Nutzerinnen und Nutzer in den USA geschnürt wird. Einige Funktionen sind allerdings auch bereits in Grossbritannien und in Deutschland verfügbar.