Kommentar

Ralph Hamers und vom Gift der Widersacher eines CEOs

Ralph Hamers, CEO UBS
Ralph Hamers, CEO UBS (Bild: UBS)

Der UBS-Chef hat ein IT-Projekt in der Pipeline, über das man streiten kann. Abkürzen geht auch, indem man nicht das Projekt, sondern den CEO infrage stellt.

UBS-Chef Ralph Hamers will die IT und Informatik der Grossbank auf neue Beine stellen. Das ist aus mindestens zwei Gründen keine Überraschung. Zum einen sind die IT-Systeme der UBS in die Jahre gekommen, wenn nicht komplett, dann sicher in Teilen. Zum anderen hat man Hamers nicht zuletzt deshalb als CEO engagiert, weil ihm der Ruf des innovativen Digitalisierer vorausgeht.

Eine neue und moderne Gesamtlösung soll die IT und damit die Prozesse der Bank schlank, flexibel und damit auch fit für die Zukunft machen. Eine Zukunft, die in Sachen Technologie und Innovation noch einiges bringen wird, das die alten Systeme kaum werden stemmen können.

"Versteht der «Google-Banker» überhaupt, wie die UBS funktioniert?"

Diese Frage ist in einem Artikel der Sonntags Zeitung gestellt worden – im Zusammenhang mit den aktuellen IT-Umbauplänen, mit denen Ralph Hamers UBS-intern im Gegenwind stehen soll. Das Blatt bezieht sich auf die Informationen einer "ranghohen Quelle" aus den Reihen der UBS.

Diese angeblich "ranghohe Quelle" stellt in der Sonntags Zeitung Hamers Digitalisierungs-Kompetenz für die UBS infrage – mit einem Vergleich und einem Argument, das in Sachen dünn, leer, um nicht zu sagen einfältig, kaum zu überbieten ist. Wir zitieren:

"Bei seinem früheren Arbeitgeber lancierte er ein ähnliches Projekt, konnte dieses aber nicht mehr zu Ende bringen. Jetzt will er es mit der UBS wissen. Doch die Grossbank ist ein anderes Kaliber, die Prozesse sind wesentlich komplexer und vielfältiger als bei der ING. Das Problem sei, dass die UBS im Gegensatz zur ING nicht nur aus einer Disziplin, sondern aus fünf Disziplinen bestehe, sagt die Quelle."

Ohne nun Ralph Hamers Kenntnisstand im Detail spiegeln zu können, gehen wir davon aus: Ja, zehn Monate auf der Kommandobrücke dürften genügt haben, um allen fünf Disziplinen im Hause UBS zu begegnen. Der CEO weiss, dass die Bank nicht nur aus einer Disziplin besteht. Möglicherweise und als Vermutung wusste er das bereits vor seiner Zeit bei der UBS, auch CEOs neigen dazu, sich zu informieren. – Wir zitieren weiter, die "ranghohe Quelle" geht im Bericht der Sonntags Zeitung ins Detail.

"Hat Ralph Hamers eine Ahnung, worauf er sich einlässt?"

Diese Frage stammt aus demselben Artikel, im Zusammenhang mit den fünf Disziplinen der UBS, die von der Quelle benannt werden.

"Diese sind das Globale Wealth Management (GWM), das Schweizer Kleinkundengeschäft (Retail), das Firmenkundengeschäft (Corporate and Institutional Banking), die Investmentbank und das Asset Management. Doch eine Investmentbank und eine Retail-Banking-App haben wenig gemeinsam. Hat Ralph Hamers eine Ahnung, worauf er sich einlässt?"

Nun wissen wir's also: Eine Investmentbank hat wenig gemeinsam mit einer Retail-Banking-App. Oha, wer hätte das gedacht!? Offen bleibt jetzt nur noch die rhetorisch gestellte Frage mit giftiger Pfeilspitze, ob der CEO der UBS auch nur den leisesten Schimmer einer Ahnung hätte, worauf er sich da einlässt. Gleich fünf Disziplinen sind zu bändigen und in ein IT-Gesamtsystem zu packen, da ist natürlich mit der Retail-Banking-App der ING allein kein Staat zu machen.

Eine persönliche Anmerkung

Will man den CEO einer Grossbank in ein schiefes Licht rücken und seine Kompetenz infrage stellen, sollten die Argumente mit Inhalten gefüllt werden, damit die Verpackung aus etwas härterem Stahl geschmiedet werden darf. Das gilt auch für abgefeuerte Salven "ranghoher Quellen". Mit dieser dünnen Argumentation wird das nichts mit dem Niedermachen, weil die Glaubwürdigkeit des Angreifers hinter jener des Angeschossenen zurückbleibt.

Aus Gründen der Offenlegung: Nein, der Autor dieses Kommentars kennt Ralph Hamers nicht persönlich. Er ist auch nicht der Meinung, dass CEOs mit Samthandschuhen angefasst und nicht kritisiert werden sollten, im Gegenteil. Er vertritt allerdings die Ansicht, dass ein Desavouieren von Personen nur gerade über rhetorisch gestellte, tendenziös und maliziös formulierte Fragen einer Schublade zuzuordnen ist, die ruhig geschlossen bleiben darf. Im Übrigen: Wer das Licht nicht scheut, kann Fragen direkt und mit offenem Visier stellen – das gehört zur Diskussionskultur und ist guten Lösungen in aller Regel zuträglich.

Das Steckenpferd eines CEO, die Cloud und der zögernde Verwaltungsrat

Weiter ist zu lesen, dass Hamers sich "gerne persönlich um sein Steckenpferd kümmert, die Informatik", wäre aus dem Inneren der Bank zu hören. Diese tendenziöse Feststellung passt in dieselbe herabwürdigende Schublade, wie das bereits von uns Kolportierte. Will sagen und insinuiert, ein CEO macht keinen professionellen Job, kümmert sich nicht um tragfähige digitale Lösungen für die Zukunft einer Grossbank, nein, er pflegt sein persönliches Steckenpferd, frönt seinem Hobby wie ein beseelter Amateur, mit den bereits unterstellten Wissens- und Bewusstseins-Defiziten.

Darüber hinaus und etwas sachlicher geht's zum Thema der neuen IT-Plattform der UBS im Manager Magazin um die Frage, weshalb der Verwaltungsrat zögere, Hamers die Unterstüzung für das Projekt zu geben. Das Branchenportal Inside Paradeplatz thematisiert die Frage, welche Risiken mit Bankdaten in der Cloud verbunden sein können. Der Artikel fokussiert ebenfalls auf das Projekt der UBS – die Diskussion rund um die Cloud betrifft jedoch auch andere Banken.

In der aktuellen Strömung mit den Tendenzen in Richtung Cloud stellen sich tatsächlich einige grundsätzliche Fragen rund um Daten, Sicherheit, Zugriff von Dritten und mehr. Ein Thema, das Unternehmen mit sensiblen Daten und deshalb insbesondere Banken in nächster Zeit vermehrt beschäftigen dürfte.