War die Schliessung der Signature Bank keine Notwendigkeit, sondern ein Schlag gegen die Kryptobranche?

Ein Mann im Anzug trägt rote Boxhandschuhe
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Ja, sagt ein Vorstand der Signature Bank und erklärt: «Das war nur eine Möglichkeit, den Leuten zu sagen: Wir wollen nicht, dass ihr etwas mit Krypto zu tun habt».

Vergangenen Freitag haben die Behörden die torkelnde Silicon Valley Bank geschlossen und unter die Verwaltung der US-Einlagensicherung Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC) gestellt, welche als Konkursverwalterin agiert. Mit dem Ziel, eine Kettenreaktion und ein Übergreifen auf andere Banken zu verhindern.

Am Sonntag ist die New Yorker Signature Bank ebenfalls geschlossen worden, um Kunden und ihre Einlagen zu schützen. Seit 12. März 2023 steht die Signature Bank unter der Aufsicht des Department of Financial Services New York (DFS), auch hier ist die US-Einlagensicherung (FDIC) als Verwalterin in der Pflicht.

Die Signature Bank ist in den USA eine von zwei kryptofreundlichen Banken, welche für die Branche eine wichtige Rolle gespielt haben. Signature war allerdings keine Krypto-Bank, vielmehr für Krypto-Unternehmen eine Brücke zwischen der Fiatwelt und den Kryptomärkten. Signature wickelte in grossem Umfang Dollar-Transaktionen zwischen Krypto-Unternehmen ab. Mit der Schliessung der Signature Bank verliert die Kryptobranche nach Silvergate ihre zweite Schlüsselbank für schnelle Dollar-Zahlungen rund um die Uhr. 

Über diese Spezialisierung hinaus hatte Signature mit Kryptos direkt nichts am Hut, die Bank konzentriert sich nach eigenen Angaben auf das Bankgeschäft für Privatunternehmen, ihre Eigentümer und die leitenden Angestellten.

Signature ist mit 40 Niederlassungen in den USA nicht die kleine Bank um die Ecke, das DFS New York benennt die Werte der Signature Bank per 31. Dezember 2022 mit rund 110 Milliarden US-Dollar an Gesamtvermögen und etwa 88 Milliarden an Kundeneinlagen.

Ist mit der Schliessung der Signature Bank ein Exempel statuiert worden?

Das Vorstandsmitglied der Signature Bank, Barney Frank, glaubt nach einem Bericht des US-amerikanischen Magazins Fortune, dass die Staatsbeamten hinter der Aktion versuchten, an der Signature Bank ein Exempel zu statuieren. Zudem ist Frank der Meinung, dass mit der regulatorischen Übernahme einer in New York ansässigen Bank auch die Botschaft an US-Banken gesendet werden soll, sich vom Geschäft mit Kryptowährungen fernzuhalten. 

In einem Telefoninterview mit "The Associated Press" sagte Frank:

Das war nur eine Möglichkeit, den Leuten zu sagen: Wir wollen nicht, dass ihr etwas mit Krypto zu tun habt

Frank skizziert seine Sicht der Ereignisse, als letzte Woche die Sorgen um die Stabilität der Silicon Valley Bank zunahmen. Signature hätte eine Erklärung veröffentlicht, um Kunden und Investoren zu versichern, dass die Bank stabil sei. Diese Erklärung enthielt auch einen Hinweis darauf, dass die Signature Bank trotz ihrer Bemühungen, den Inhabern von Kryptowährungen gerecht zu werden, "nicht in digitale Vermögenswerte investiert, nicht handelt, nicht hält, nicht verwahrt und keine Kredite gegen digitale Vermögenswerte vergibt oder Darlehen gewährt, die durch digitale Vermögenswerte besichert sind".

Die Signature Bank hätte bis letzten Freitag Abhebungen verzeichnet, die laut Frank allein auf die Ansteckung durch die Ereignisse um die Silicon Valley Bank zurückzuführen wären. Allerdings, so Frank, hätte sich die Situation bis am Sonntag stabilisiert – das war der Tag, an dem die New Yorker Aufsichtsbehören die Bank übernahmen.

Die New Yorker Gouverneurin Kathy Hochul widerspricht der Darstellung von Barney Frank, sie sagt, die Abhebungen wären fortgesetzt worden und bezeichnet die Übernahme der Signature Bank als einen Weg, um eine grössere Krise abzuwenden, die mehr Banken hätte treffen können:

Wir wollten sicherstellen, dass die gesamte Bankengemeinschaft hier in New York stabil ist

Die Signature Bank wurde letzten Sonntag geschlossen, die Top-Führungskräfte der Bank sind kaltgestellt und die Bank ist unter der operativen Kontrolle der FDIC als Signature Bridge Bank wieder eröffnet worden.

Welche Darstellung der Umstände zur Schliessung der Bank trifft zu?

Aus Distanz und von aussen betrachtet kann im Moment nicht schlüssig beurteilt werden, welche der beiden unterschiedlichen Darstellungen den Punkt der Tatsachen trifft. Der Vorwurf des Signature-Vorstands gewinnt allerdings mit einem Blick auf die Person von Barney Frank an Brisanz.

Frank gehörte von 1981 bis 2013 dem US-Kongress an. Der frühere Abgeordnete war Mitautor des Dodd-Frank-Act, das die staatliche Aufsicht über Banken nach der Finanzkrise von 2008 verstärkte. Das Gesetz mit einem Umfang von 849 Seiten ist nach den beiden Autoren benannt, Barney Frank, dem damaligen Vorsitzenden des Ausschusses für Finanzdienstleistungen des Repräsentantenhauses, und Chris Dodd.

Als Vorstandsmitglied der Signature Bank ist Frank auf der einen Seite Partei. Als Mitautor eines Gesetzes, das ziemlich genau das thematisiert, was seiner Bank widerfahren ist, darf dem Director andererseits vertieftes Wissen und auch Kompetenz in der Einschätzung von Situationen und Umständen unterstellt werden.

Die Gerichte werden entscheiden

Wie bei der Silicon Valley Bank sind auch bei der Signature Bank die Einlagen der Kunden in vollem Umfang geschützt, also über die normalerweise versicherten 250'000 Dollar hinaus. Damit wird nicht die Bank gerettet, die nach Ansicht von Frank nicht gerettet werden musste, jedoch sind die Kunden mit dieser Garantie auf der sicheren Seite. 

Investoren und Aktionäre haben das Nachsehen, ihre Anlagen können durch die Zwangsmassnahmen der Behörden empfindlich an Wert verlieren. Verschiedene Aktionäre haben bereits angekündigt, dass sie vor Gericht ziehen und klagen werden.

Sollte sich bei der Untersuchung herausstellen, dass die Signature Bank tatsächlich in Schieflage geraten war und geschlossen wurde, um die Einlagen der Kunden zu sichern, bleibt die Welt in Ordnung.

Anderenfalls wäre die Schliessung bestenfalls eine panische Reaktion der Behörden und eine übereilte Entscheidung mit drastischen Auswirkungen für die Bank. Oder schlimmstenfalls, wie Frank unterstellt, eine missbräuchliche Auslegung bestehender Regeln, um ein Exempel zu statuieren, um ein Signal an andere Banken zu senden und um die Kryptobranche zu schwächen. Letzteres ist mit der Schliessung der Signature Bank tatsächlich der Fall – nach Silvergate verliert die Kryptobranche ihre zweite Schlüsselbank für schnelle Dollar-Zahlungen rund um die Uhr. 

Letzteres wäre ein fataler Sündenfall mit gravierenden Vertrauensverlusten. Es würde bedeuten, dass Regeln und Gesetze willkürlich ausgelegt werden, um unliebsame Mitspieler auszuschalten. Diese harten Bandagen und Knock-out nach Belieben verträgt kein Rechtsstaat – Staaten brauchen und leben von verlässlichen Regulierungen, an die sich die Regulierten und auch die Behörden zu halten haben. 

Welches dieser Szenarien im Fall der Signature Bank zutrifft, werden die Gerichte entscheiden.