Der plötzliche Strategiewechsel der Neo-Bank Kaspar& mit Ausstieg aus dem Direktkundengeschäft hat die Branche überrascht. Das vorgelegte Tempo ebenfalls. Die knappen Mitteilungen des FinTechs und seiner Partnerbank Hypothekarbank Lenzburg waren eher dürr, sparsam und nicht sehr erhellend.
Deshalb haben wir nachgefragt und um etwas Hintergrund gebeten. Co-Gründer Jan-Philip Schade hat sich unseren Fragen gestellt – er erklärt, wie es kam und wohin die Reise in Zukunft gehen soll.
MoneyToday: Kaspar& hat die Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg eingestellt. Welche Faktoren und Überlegungen haben zu diesem Schritt geführt?
Jan-Philip Schade: In den letzten Jahren haben wir gelernt, dass der Markt für unsere eigene Anlage- und Bankinglösungen in der Schweiz sehr herausfordernd ist. Nahezu alle Anbieter versuchen mit Low-Fee-Angeboten Kunden für ihre Dienstleistungen zu gewinnen und sich primär über den Preis zu differenzieren. Anbieter wie beispielsweise Findependent oder Viac weisen Gebührenstrukturen im Anlagebereich auf, welche aus unserer Sicht die hohen Akquisekosten nicht langfristig tragen.
Auch im Kartenbereich haben Anbieter wie Yuh oder Revolut Gebührenstrukturen, welche die teils hohen Betriebskosten nur schwer rechtfertigen, beziehungsweise Kunden- und Umsatzvolumen erfordern, welche wir nicht erreichen können. Gleiches hat sich inzwischen auch im Vorsorgebereich durchgesetzt – jüngstes Beispiel ist das neue 3a-Angebot von Neon.
Ein solcher Preisdruck ist natürlich aus Kundensicht erfreulich, jedoch bedeutet es aus Anbietersicht, dass ein solcher Preiskampf dauerhaft nur mit sehr hohen Volumen aufgehen kann. Hierfür schätzen wir jedoch das Gesamtvolumen in der Schweiz langfristig als zu gering ein und die Konkurrenz für zu hoch.
Gleichzeitig sind wir davon abhängig, im Banking-as-a-Service-Bereich Dienstleistungen von Partnern zu beziehen, was zu einer sinnbildlichen Situation führt, wo die Kuchenstücke immer kleiner werden, während der Preis für Kuchen in der Tendenz sinkt.
Also war es ein rein strategischer Entscheid?
Natürlich fiel uns der Entscheid alles andere als leicht. Wir bedauern sehr, dass wir unser Angebot mit der Hypothekarbank Lenzburg nicht weiter fortführen können. Berichte, welche uns als "tollkühne Unternehmer" bezeichnen, die solche Entscheide einfach so fällen sind alles andere als korrekt.
Wir haben zusammen mit der Hypi Lenzburg jahrelang sehr viel Herzblut in unsere Lösungen gesteckt und haben selbstverständlich nicht einfach so den "Stecker gezogen". Wir haben etwas versucht und mussten über die Zeit Erfahrungen sammeln, viel lernen und schlussendlich konsequent wirtschaftlich handeln.
Ich glaube, dass jeder, der schon einmal in seinem Leben unternehmerische Verantwortung getragen hat, dies nachvollziehen kann.
Trotzdem wirkt der durchgezogene Schritt gegen aussen etwas überhastet...
Am Ende standen ganz praktische Überlegungen im Vordergrund: Wenn wir bis in den Januar warten, müssen unsere Kunden auch im Jahr 2027 noch einen Steuerauszug erhalten und diesen in ihren Unterlagen aufführen. Zudem läuft im Januar ein erstes Kontingent an herausgegebenen Zahlungskarten aus, welche ersetzt werden müssen, was auch für Kunden Kosten generiert.
Aus unserer Sicht ist es für Kunden sicherlich nicht schön, wenn man noch für eine neue Karte bezahlen muss und diese dann eingestellt wird und zusätzlich noch weiterer administrativer Aufwand entsteht. Der Jahreswechsel war somit auch ein Treiber für den Entscheid.
Und das Verhältnis zur Hypothekarbank Lenzburg?
Die Hypi hat uns bei der Umsetzung unserer Idee stets unterstützt und wir pflegen bis heute ein freundschaftliches, offenes und konstruktives Verhältnis. Schlussendlich wären wir ohne sie auch nie so weit gekommen und dafür gebürt der Hypi ein grosser Dank und viel Anerkennung.
Was passiert jetzt mit den Kunden von Kaspar& in Zusammenarbeit mit der Hypothekarbank Lenzburg?
Die Anlagen unserer Kundinnen und Kunden werden aufgelöst und das Geld wird kostenlos ausgezahlt. Zusätzlich bieten wir an, dass einzelne Titel übertragen werden können auf eine andere Schweizer Depotbank. Dieser Service war bisher nicht Teil unseres Angebots und entsprechend fallen dafür Kosten an, wie sie auch bei allen anderen Anbietern anfallen würden. Wenn ich mein Depot beispielsweise von Swissquote zu einer anderen Bank transferieren möchte, fallen auch dort Gebühren an. Die Hypi und wir weichen hier also in keiner Hinsicht von Standards ab.
Übrigens haben wir bis heute keine Kunden, welche davon Gebrauch machen, es wird also bisher niemand mit Kosten belastet. Da wir zusätzlich sowohl im Vorsorge-Bereich mit der Liberty wie auch im freien Vermögen mit der Acrevis Bank eine Alternative für unsere Kunden anbieten, gibt es darüber hinaus für alle die das wünschen, die Möglichkeit, unsere Dienstleistung auch in Zukunft weiter nutzen zu können.
Welches sind jetzt die nächsten Schritte und wo liegt der weitere Fokus?
Mit Kaspar& sind wir sehr erfolgreich darin, Kundinnen und Kunden ins Anlagegeschäft zu überführen. Dabei bieten wir eine Lösung, die insbesondere Anfängerinnen und Anfängern einfachen Zugang zu Sparplänen bietet. Naturgemäss entstehen dabei keine grossen Einzelanlagen, sondern Sparpläne mit monatlichen Einlagen. Dieser USP ist einzigartig und bietet echten Mehrwert, muss jedoch aus einer Unternehmensperspektive heraus klug umgesetzt werden, damit er langfristig wirtschaftlich ist.
Unsere Kooperation mit Banken wie mit der Acrevis Bank zeigt, dass ein solches Modell funktionieren kann. Die Tatsache, dass wir weitere Banken für unseren Service gewinnen können, unterstreicht, dass wir hier eine Nische gefunden haben, die einen nachhaltigen Betrieb erlaubt.
Aus diesem Grund fokussieren wir uns in Zukunft auf diesen Bereich. Kaspar& ist in diesem Modell weiterhin der Vermögensverwalter für seine Kundinnen und Kunden, jedoch ist der Marktzugang ein anderer. Darüber hinaus können wir durch Kooperationen wie mit Liberty und der Bereitstellung einer innovativen 3a- und Freizügigkeitslösung unsere Stärken in Sachen UI/UX sowie Gesamterlebnis richtig einsetzen.