Zwölf Jahre sind nicht genug, sagt Hansruedi Köng, und setzt auf die Dreizehn

Postfinance CEO Hansruedi Köng
Postfinance-CEO Hansruedi Köng | Bild: Postfinance

Der langjährige CEO der Postfinance plant seinen Ausstieg und verfolgt eine clevere persönliche Exit-Strategie.

Würde Hansruedi Köng in diesen Tagen der Postfinance den Rücken kehren, blieben vor allem die Auswirkungen der letzten harten Jahre im Gedächtnis und würden mit seiner Person assoziiert: Strafzinsen, Gebührenerhöhungen in Serie, sinkende Pofitabilität und ausbleibende Gewinne, geplantes Ziehenlassen von Kunden und Vermögen und mehr. Für die Auslöser dieser Auswirkungen kann Köng nicht allzuviel, aber sie sind nun mal mit seiner Geschichte als CEO verbunden.

Die Laudatio wird 2024 anders ausfallen

Der CEO kündigt seinen Rücktritt heute an, wird jedoch erst in einem Jahr seinen Sessel räumen. Mit der Zinswende hat die Postfinance wieder alle Chancen auf solide Geschäftsergebnisse und Gewinne, das Jahr 2023 arbeitet für Köng. Deshalb werden sich im Februar 2024 Redner, Schreiberinnen und Medien weniger an die trüben Tage, vielmehr an die Glanzpunkte seiner Karriere erinnern.

Zum Beispiel an die Herkulesaufgabe der Einführung eines neuen Kernbankensystems, der Stunt ist ziemlich reibungslos über die Bühne gegangen. Oder an die Geburtsstunde der Neo-Bank Yuh, die sich sehr erfreulich entwickelt. An neue Geschäftsmodelle, Innovationen und auch an Twint und zahlreiche Partnerschaften und Kooperationen wird man sich erinnern, welche der Postfinance Nutzen gebracht haben. Das alles sind positive Meilensteine in der Ära Köng.

Hansruedi Köng wird sein Amt als Vorsitzender der Geschäftsleitung von Postfinance per Ende Februar 2024 niederlegen. Der CEO selbst bezeichnet den Zeitpunkt für einen Wechsel als "ideal" und liegt damit genau richtig. Die persönliche Exit-Strategie des CEOs ist perfekt getimt. Auch für den Verwaltungsrat der Postfinance, der jetzt genug Zeit hat, den freiwerdenden CEO-Sessel mit der genau richtigen Powerfrau oder dem digitalen Supermann zu besetzen, der die Postfinance weiterbringen kann.

Das eine oder das andere ist auch notwendig, die Postfinance ist unter der von Köng gehissten Flagge als "Digital Powerhouse" unterwegs. Ohne hohe Kompetenz in digitalen Strategien und ohne extrem viel Power in Innovation, Führung und Durchsetzung ginge die Flagge schnell wieder auf Halbmast.

Das Erbe des CEO duldet keine Verwalter, Macherqualitäten sind gefragt

Der CEO wird auch einige Baustellen hinterlassen. Ohne jetzt den gelben Helm aufzusetzen und alle Baustellen abzuschreiten: wichtig für die nächsten Jahre bleibt die Positionierung der Postfinance. Oder eine tragfähige Antwort auf die Frage, was die gelbe Bank sein will oder sein darf.

Köng hat sich jahrelange dafür stark gemacht, dass die Postfinance eine "richtige Bank" sein darf und deshalb im Kredit- und Hypothekargeschäft mitmischen kann. Sämtliche Anläufe sind an der entschlossenen Unentschlossenheit der Politik gescheitert. Parlamentarierinnen und Parlamentarier wissen offenbar sehr genau, was die Postfinance nicht sein soll, ohne eine wirklich brauchbare Antwort darauf zu geben, was sie denn sein darf.

Diese Antwort dürfte jetzt erst recht ausbleiben und vertagt werden. Immerhin hat das jahrelang darniederliegende Zinsdifferenzgeschäft wieder Fahrt aufgenommen, damit scheint ja alles in bester Ordnung zu sein. Dennoch wird die Politik nicht darum herumkommen, die Idee, den Zweck, die Notwendigkeit oder auch die Unnötigkeit, das Ziel, die Stossrichtung und damit die Positionierung der Postfinance in einen intelligenten und plausiblen Rahmen zu fassen. Diese Punkte sind alle angestritten, aber nie wirklich zu Ende diskutiert worden. Man hat sich auf halbem Weg mit der Entscheidung begnügt, dass die Postfinance weiterhin keine richtige Bank sein darf. Verstanden. Interessant bleibt jetzt die zweite offene Hälfte, in welche Richtung die Postfinance sich entwickeln soll.

Auch deshalb braucht die Nachfolgerin oder der Nachfolger von Köng ein gesundes Gebiss, damit sie sich an der ignoranten Mauer des politischen Schweigens nicht die Zähne ausbeissen.

Über die politische Ratlosigkeit hinaus: der gelbe Supertanker, unterwegs mit einigen Schnellbooten als Begleitung, könnte in Zukunft sehr viel bewegen. Oder eben auch nicht. Ersteres braucht eine exzellente Macherin mit Visionen oder einen hervorragenden Macher mit der Nase für Innovationen. Für Letzteres genügt ein Verwalter, der die Flaggen einzieht und den langsamer werdenden Schwung der letzten Jahre nicht vorzeitig ausbremst.