Banken & Gebühren

Macht das Beispiel der Neo-Banken und der Migros Bank Schule?

Eingang der Migros Bank mit Leuchtschrift
Bild: Migros Bank

Auch die Migros Bank folgt den Spuren der Neo-Banken und schnürt ein Gratis-Paket fürs Alltags-Banking.

Neo-Banken zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie kostenlos oder mit sehr geringen Gebühren operieren. Mehr und mehr klassische Banken folgen dem Beispiel. Die einen verzichten auf die monatlichen Gebühren für die Kontoführung, andere gehen deutlich weiter.

Das Gratis-Paket der Migros Bank fürs Alltags-Banking

Die Migros Bank hatte bisher schon einige kostenlose Leistungen im Angebot. Neu fasst sie die bisher kostenpflichten und die Gratis-Leistungen zu einem kostenlosen Gesamtpaket zusammen. Damit nehmen die Banker der Migros für sich in Anspruch, weiter als jede andere Bank in der Schweiz zu gehen.

Unabhängig davon, ob sich nun jede andere Bank ducken muss, die Migros Bank schnürt tatsächlich ein ziemlich komplettes Paket. Was gehört neu zum kostenlosen Alltags-Banking?

Privatkonto CHF und Euro sowie Spar- und Bonus-Sparkonto. Mit im Kostenlos-Paket sind die Debit- und die Free-Kreditkarte. Ebenfalls gebührenfrei bleiben Bargeldbezüge an den rund 250 Migros-Geldautomaten sowie an mehr als 1'500 Verkaufsstandorten der Migros-Gruppe in der Schweiz. Zudem hat die Bank die Eingangsspesen von jeweils 20 Rappen auf Zahlungseingänge gekippt.

Die Migros Bank wirft auch ihr Cumulus-Bonusprogramm mit in die Waagschale des Pakets – mit Kartenzahlungen lassen sich Cumulus-Punkte sammeln. Und auch die Zinsen auf Sparkonten werden ins Feld geführt, die inzwischen bis zu 1.4 Prozent gehen können.

Manuel Kunzelmann, CEO der Migros Bank, beruft sich auf den Migros-Gründer und sagt: «Seit der Gründung der Migros Bank vor über 60 Jahren durch Gottlieb Duttweiler leben wir seine Idee, Produkte und Dienstleistungen für die breite Öffentlichkeit erschwinglich zu machen».

Mit dem neuen Gesamtpaket macht Kunzelmann sicher einen Punkt, jedenfalls ist "kostenlos" die günstigste und nicht zu unterbietende Form von "erschwinglich". Mit der seit 1. April 2024 gültigen Nicht-Gebühren-Ordnung dürfte die Migros Bank auch ihre Position im Ranking der Top Banken festigen. In einer aktuellen Publikumsumfrage, durchgeführt von der Handelszeitung und Statista, hat die Migros Bank den ersten Platz unter den beliebtesten Retail-Banken für private Kunden belegt.

Die Migros Bank entrümpelt ihre Gebührenordnung

Ein weiterer Punkt geht an das Gesamtkonzept des neuen Pricings. Dies deshalb, weil sich die neue Gebührenordnung der Migros Bank nun sehr einfach liest. Statt Zahlen und Variablen steht bei den meisten Positionen und Leistungen schlicht "kostenlos". Zahlen bleiben die Ausnahme.

Die Einfachheit des Angebots drückt sich auch darin aus, dass die Bank das gesamte Alltags-Banking kostenlos macht. Mit allem, was dazugehört. Mit allem, was normale Bankkunden brauchen. Ohne Wenn und Aber und viele Ausnahmen. Ein einfaches Angebot, das alle verstehen. Auch und gerade jene, die komplexe Preisübersichten für Bankdienstleistungen bisher nicht ohne Kopfschmerztabletten konsumieren konnten. 

Macht das Beispiel der Neo-Banken und der Migros Bank Schule?

Mit jeder weiteren Bank, die ihre Gebühren streicht oder senkt, geraten andere Banken unter Druck. Allerdings: Wie gross dieser Druck wird, hängt auch vom Kostenbewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten ab. Eine Studie der Hochschule Luzern ist kürzlich zum Schluss gekommen, dass Gebühren und Kosten eine kleinere Rolle spielen, als man denken könnte. 

In dieser Studie waren tiefer Informations- und Wissensstand, falsche Annahmen zu Gebühren oder auch eine teilweise Gleichgültigkeit gegenüber den realen Kosten auffällig. Dennoch lassen regelmässige Kontoauszüge mit happigen Gebühren auch bei wenig preissensitiven Zeitgenossen wenig Freude aufkommen. 

Natürlich entscheidet nicht der Preis allein, bei welcher Bank man sich gut aufgehoben fühlt. Auf der anderen Seite gibt es Gründe für den Erfolg der Neo-Banken. Oder auch für die Sympathie gegenüber der Postfinance, in den langen Jahren vor der Negativzins-Phase. Bei Postfinance gab's keine Belastung für die Kontoführung und auch bei anderen Leistungen war die gelbe Bank gebührenmässig tief angesiedelt. Das hat der gelben Bank ein Image eingebracht, von dem sie auch heute noch zehrt, obschon die Gebühren inzwischen in ganz andere Dimensionen vorgestossen sind.

Unabhängig davon, ob man sich als Bankkunde hohe Gebühren leisten kann oder will: Ersetzen mehr und mehr Banken komplexe Gebührenordnungen mit vielen Zahlenn und Variablen durch die sichtbar hochgeklappten Schilder "Gratis" und "Kostenlos", dürfte das Wirkung zeigen. Auch in der Schweiz. Erfahrungsgemäss ist die Schlange am Stand mit den Gratis-Würsten sehr viel länger als an der Theke mit den hochpreisigen Spezialitäten.