Banking as a Service & Embedded Finance

Marianne Wildi tritt 2024 als CEO der Hypothekarbank Lenzburg zurück und lässt Finstar durchstarten

Der Hauptsitz der Hypothekarbank Lenzburg
Bild: Hypothekarbank Lenzburg

Den Unterschied zwischen Pflicht und Kür – oder zwischen Alltag und Leidenschaft – demonstriert die Hypothekarbank Lenzburg mit ihren aktuellen Massnahmen.

Dass die CEO der Hypothekarbank Lenzburg (HBL) eine Bank erfolgreich führen kann, hat Marianne Wildi jahrelang bewiesen. Und sie tut es weiterhin bis März 2024. Die Bekanntheit und Bedeutung der HBL rührt jedoch weniger von einer gut geführten Regionalbank, mehr von einer CEO, die als erste Bankerin – und bisher auch einzige – Open Banking nicht nur begriffen, sondern Open Finance in der Schweiz ein fassbares Gesicht gegeben hat. 

Wildi hat als Erste – und Einzige – Digitalisierung, Technologie und damit verbundene Möglichkeiten nicht nur innerhalb ihrer Bank sortiert und genutzt, sie hat über den Finstar-Ast der Bank Technologie und Anwendungen auch anderen Banken, FinTechs und Unternehmen zugänglich gemacht. Wildi hat sich nicht damit aufgehalten, Phänomene wie Open Finance, Ökosysteme, Digitale Assets, Custody, Banking as a Service (BaaS) und Embedded Finance argwöhnisch zu beäugen und in der Theorie akademisch zu interpretieren. Sie hat das ganze Spektrum auf Potenziale abgeklopft, neue Ideen nicht mutlos auf die lange Bank geschoben, sie hat jedem dieser Begriffe Geltung in Form von konkreten Lösungen verschafft. Lösungen, die seit Jahren im Markt laufen und in neuen Kombinationen auch immer wieder in den Markt gestellt werden.

Der Unterschied zwischen Pflicht und Kür

Finstar ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen, hat neue Partner ins Ökosystem geholt und der Hypothekarbank Lenzburg zusätzliche Erträge in die Kasse gespült. Da geht allerdings noch viel mehr, zumal mit Open Finance, BaaS und Embedded Finance Potenziale über Multiplikatoren-Effekte erschlossen werden können, die eine Bank in ihrem alltäglichen Bankgeschäft nicht realisieren kann, wenn sie ihre Technologie nur inhouse nutzt.

Die Geschicke der Bank und den Aufbau von Finstar hat CEO Marianne Wildi in den letzten Jahren im Doppelmandat gesteuert und vorangetrieben. In gewisser Weise ist das eine "Verschwendung" von Ressourcen. CEOs, die eine gutgehende Bank führen oder weiterführen können, die sind zu finden. Macherinnen und Macher, wie Wildi, die Open Finance, BaaS und Embedded-Finance-Lösungen vorantreiben wollen, können und dürfen, die sind rar und dünn gesät. In der Schweiz praktisch nicht existent.

Anders ist es nicht zu erklären, warum Schweizer Banken sich wohl digitalisiert haben, ihr Know-how und ihre Technologie aber so gut wie nie in nennenswerter Weise über den eng gefassten Zaun des eigenen Unternehmens hinaustragen. Bemerkenswert, dass eine Regionalbank überschaubarer Grösse hier die Ausnahme bildet. Eine Bank, die kaum über die Kantons- und Landesgrenzen hinaus aufgefallen wäre, hätte nicht eine Pionierin an ihrer Spitze gestanden, die ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht hat. 

Banking als isolierte Disziplin ist nicht unbedingt die Leidenschaft von Marianne Wildi, Technologie und deren Anwendbarkeiten, die Banking in allen innovativen Spielformen erst möglich machen, hingegen schon. Offenbar haben sich diese beiden Disziplinen in den letzten Jahren gut verbinden lassen. Der erste Lauf in der Pflicht ist gut gelungen, die HBL steht so grundsolide und gut aufgestellt da wie ihr Hauptgebäude im Bauhausstil in Lenzburg. Die Kür in Open Finance mit Finstar bringt massiv Zusatzpunkte – ohne die Pionierin aus dem Aargau wäre der Open-Finance-Stern in der Schweiz noch nicht wirklich sichtbar aufgegangen.

Wildi hat Digitalisierung, Technologie und Open Finance seit Jahren schon als Chance begriffen und mit Leidenschaft die möglichen Spielfelder von BaaS und Embedded Finance in ihrer Bank besetzt und ausgebaut, während zahlreiche andere Banken sich nach wie vor gegen vermutete Risiken stemmen. Die erreichten Meilensteine und der Erfolg, der sich auch in Zahlen ausdrückt, geben dem entschlossenen und hartnäckig verfolgten Kurs der CEO recht.

Die Konsequenz einer erfolgreichen Strategie

Möglicherweise ein guter Zeitpunkt für die HBL, Pflicht und Alltag von Kür und Leidenschaft zu trennen. Um zusätzliche Aufmerksamkeit und volle Kraft in die zukunftsorientierten Felder zu legen, die enorme Wachstumspotenziale bieten. Mit den aktuell beschlossenen wegweisenden Massnahmen folgt die HBL einem ähnlichen strategischen Weg, auf dem auch schon einige ausländische Banken unterwegs sind.

Die HBL gliedert ihr Kernbankensoftware-Geschäft der Open-Banking-Plattform Finstar in eine eigenständige Firma aus. Geschäftsführer und CEO der neuen Finstar AG wird Daniel Monras, der jetzige Leiter des Informatikbereichs der Hypothekarbank Lenzburg. Marianne Wildi, Noch-CEO der Hypothekarbank Lenzburg, wird der Finstar AG als Verwaltungsratspräsidentin vorstehen und Monras mit seinem Team von 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützen.

Gerhard Hanhart, Verwaltungsratspräsident der Bank, fasst die Gründe für diesen Schritt zusammen: «Nach dem starken Wachstum in den vergangenen Jahren ist eine Ausgliederung des Geschäfts in eine selbständige Gesellschaft wichtig. Wir schaffen so die Basis für stärkeres Wachstum und eine stärkere strategische Fokussierung bei Entwicklung, Betrieb und Vertrieb des Kernbankensystems inklusive der damit zusammenhängenden Open-Banking-Dienstleistungen.»

Die Hypothekarbank Lenzburg wird Finstar wie bisher als Kernbankensystem für das eigene Geschäft nutzen. Zudem gibt es Schnittmengen im Banking-as-a-Service-Geschäft, bei dem die HBL als Bankpartnerin für FinTech-Unternehmen operiert. Um die Vertriebsaktivitäten in diesem Bereich zu stärken, lanciert die Bank die neue Marke "HBL Solutions". Mit ihr soll Banking as a Service stärker in Richtung Embedded Finance ausgebaut werden. Die Weiterentwicklung dieser stark wachsenden Geschäftsfelder wird von André Renfer, dem ehemaligen Leiter des Bereichs Services, vorangetrieben.

Mit im digitalen Spiel ist Manuela Spillmann, welche als Bereichsleiterin Services die HBL Solutions am Markt positioniert und unter anderem Kontoeröffnungen, das Transaktionsmanagement und Kundensupport verantwortet. Bereiche, die im BaaS-Bereich von zentraler Bedeutung sind – so werden zum Beispiel sämtliche Kundenkonten der Neo-Bank Neon bei der HBL eröffnet und verwaltet.

Ein starkes Bekenntnis zu Banking as a Service und Embedded Finance

Bei Marianne Wildi werden die wichtigen Fäden zusammenlaufen. Die bisherige CEO der HBL wird 2024 ihren CEO-Sessel gegen einen Verwaltungsratssitz der Bank tauschen.

Als Verwaltungsratspräsidentin der neuen Finstar AG wird sie den weiteren Ausbau der Banking-as-a-Service- und Embedded-Finance-Strategie massgeblich weiter prägen und gestalten.

Das Schlüssel-Gespann Wildi und Monras ist bereits seit Jahren gemeinsam erfolgreich unterwegs und funktioniert als eingespieltes Team. Beide waren und sind in den Bereichen Informatik HBL, Finstar und bei der Weiterentwicklung der Banking-Software Finstar von einem Kernbankensystem zu einer modularen Open-Banking-Plattform richtungsweisend am Ball.

VR-Präsident Hanhart erklärt die konsequente Richtung der eingeschlagenen Strategie mit folgendem Statement: «Dank der neuen Ausrichtung erhalten die Hypothekarbank Lenzburg und die Finstar AG grösseren Handlungsspielraum und einen schärferen Fokus für ihre Weiterentwicklung. Ziel ist es, für die Bank zusätzliche Wachstumsmöglichkeiten zu schaffen und die Vertriebsstrukturen für Finstar und das BaaS-Geschäft zu verbessern. Dies ist eine konsequente Weiterführung der Initiativen zur Schaffung einer agilen Finanzplattform, die wir in den vergangenen Jahren erfolgreich eingeleitet haben, und die nun in die nächste Umsetzungsphase gelangen.»

Gut möglich, dass mit den Massnahmen der HBL in den nächsten Jahren der Stern von Open Finance, BaaS und Embedded Finance an zusätzlicher Leuchtkraft gewinnt – auch in der Schweiz.