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Postfinance demokratisiert die Vermögensverwaltung

Paar vor Laptop

Anfang Mai 2020 hat Postfinance neue Produkte zur Vermögensverwaltung, Anlageberatung und zum selbstständigen Investieren lanciert.

Entgegen dem Trend zu rein digitalen Lösungen, wie etwa Robo-Advisory, setzt das Unternehmen auf eine durchgängig hybride Customer Journey. Mit den Produkten will Postfinance die Vermögensverwaltung massentauglich machen.

Autor: Colin Wallace | Redaktion: Marc Landis

Wer sein Vermögen von einer Bank verwalten lassen will, muss mit hohen Kosten rechnen, wie eine Studie von «moneyland.ch» aus 2019 zeigt. Ein weiterer Nachteil sind die oft hohen Mindesteinlagebeträge, um überhaupt Vermögensverwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen zu können. Dies macht Vermögensverwaltungsangebote – vor allem für Normalverdienende – wenig attraktiv. 

Robo-Advisory sollte dies ändern. Dabei handelt es sich um regelbasierte Vermögensverwaltung, die automatisiert online abgewickelt wird und vor allem auf passiven Exchange Traded Funds (ETFs) basiert. Diese passiven Anlageinstrumente bieten oft tiefere Mindestbeträge als die herkömmliche Vermögensverwaltung, da durch die Automatisierung auch die Kosten auf Seiten der Anbieter niedriger sind. Kunden müssen jedoch meist auf Beratung verzichten – doch diese würden digital affine Kunden durchaus wertschätzen. Auf der anderen Seite eignen sich reine Onlineprodukte auch nur bedingt für potenzielle Anleger, die sich unsicher im Cyberspace bewegen. Nicht zuletzt bestehen nach wie vor Hemmungen in der Bevölkerung, ihr Geld einer Maschine anzuvertrauen.

Postfinance möchte nun diese Lücke zwischen den beiden Modellen ausfüllen. Der Zeitpunkt für den Einstieg ins Anlagegeschäft ist gewagt, führte die Coronapandemie im Frühjahr doch zu starken Einbrüchen an der Börse. Doch laut Daniel Mewes, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Investment Solutions bei PostFinance, sehen Anleger, die schon länger auf einen Einstiegszeitpunkt gewartet haben, die Krise als guten Zeitpunkt für den Einstieg. Zudem seien die Produkte «auf langfristige Investitionen ausgelegt und nicht im spekulativen Bereich des Anlagegeschäfts angesiedelt». Deshalb habe sich Postfinance entschieden, die neuen Anlageprodukte noch während der Coronakrise zu lancieren. Diese Produkte sollen «die Vorzüge der klassischen und der reinen Online-Vermögensverwaltungen miteinander vereinen».


Daniel Mewes, Leiter Investment Solutions, Postfinance:

Unsere Produkte sind auf langfristige Investitionen ausgelegt

 


«Vermögensverwaltung für Herrn und Frau Schweizer»

So stellt Postfinance ihren Kunden seit Mai 2020 eine Palette mit vier neuen Angeboten im Anlagegeschäft zur Verfügung. Auf den ersten Blick seien die Angebote keine Gamechanger, was Technik oder Innovation anbelangt. Beispielsweise werden Portfolios nicht etwa von Robo-Advisors, sondern von einem Anlageausschuss verwaltet. Der «Gamechanger» liegt laut Daniel Mewes in der Vielfalt und Zugänglichkeit des Angebots: «Zum ersten Mal gibt es die Vermögensverwaltung für Herrn und Frau Schweizer bei einer schweizweit relevanten und physisch präsenten Bank».

Das Ziel sei es, Kunden erschwingliche Vermögensverwaltung mit tiefen Mindestbeträgen anzubieten. Dabei sollen Kunden selbst entscheiden können, in welchem Ausmass sie auf Beratungsdienste zurückgreifen möchten, wie individuell sie ihre Anlagestrategie gestalten und ob sie ihr Portfolio selbst verwalten wollen. Sie sollen die Möglichkeit haben, klassische Vermögensverwaltungs- sowie Anlageberatungsdienste zu erhalten – zum Preis von Robo-Advisory. 

Durch die Grösse von Postfinance hat die Bank eine andere Ausgangslage als kleinere Banken oder Fintechs. Wenn nur schon ein kleiner Teil des Kundenstamms von Postfinance die neuen Lösungen nutze, seien die Volumina bereits grösser als bei vielen Fintechs im Bankensektor, ist Mewes überzeugt. «Nur so ist es auch möglich, nicht-automatisierte Vermögensverwaltung zum Preis von Robo-Advisory zu betreiben, da die Betriebskosten bei aktiv verwaltetem Vermögen höher sind als bei rein passiv verwalteten ETFs», erklärt Mewes weiter.

Jeder so, wie er mag

Postfinance setzt bei ihren Lösungen auf durchgängig hybride Prozesse. So können sämtliche Anliegen der Kunden, von der Anmeldung bis hin zur Beratung, rein digital geregelt werden. «Die Akzeptanz von digitaler Beratung, etwa über Video, ist durch die Coronakrise in den letzten Monaten gestiegen», führt Mewes aus. 

Doch ziehen Kunden den persönlichen Kontakt vor, ist auch eine persönliche Beratung und Verwaltung in einer Filiale möglich. Durch diesen hybriden Ansatz will Postfinance eine breite Masse von bestehenden und potenziellen Kunden ansprechen: Einsteiger und Fortgeschrittene, jung, alt, digital, analog. «Wir differenzieren uns von der Konkurrenz durch Einfachheit in Bezug auf die Gestaltung und Leistung unserer Produkte», sagt auch Claudia Bläuenstein, die als Leiterin der Abteilung Investment Development massgeblich an der Konzeption und Realisierung der Anlagelösungen beteiligt war. «Kunden können nicht nur den Kanal wählen, über den sie mit Postfinance interagieren, sondern sich auch zwischen vier verschiedenen Anlageformen entscheiden», erklärt Bläuenstein.


Claudia Bläuenstein, Leiterin der Abteilung Investment Development, Postfinance:

Kunden können sich zwischen vier Anlageformen entscheiden


Delegation

Für potenzielle Kunden, die lediglich ihre Anlagestrategie wählen und sich zurücklehnen wollen, bietet Postfinance die E-Vermögensverwaltung. Bei dieser Form der Vermögensverwaltung übernehmen die Anlageexperten von Postfinance die Anlageentscheide und optimieren das Portfolio. Die Entscheidungen basieren hierbei auf dem Anlegerprofil, der Anlagedauer und dem gewählten Anlagefokus. «Der Vorteil dieses Produkts besteht vor allem im Komfort für die Anleger, da sie sich nach der Eröffnung um nichts weiter zu kümmern brauchen», sagt Bläuenstein. Das Portfolio und seine Performance können jederzeit online überprüft werden, und bei Bedarf kann auch ein Beratungstermin vereinbart werden. Mit einer Dienstleistungsgebühr von 0,75 Prozent und einem Mindestanlagebetrag von 5'000 Franken ist die E-Vermögensverwaltung deutlich günstiger und zugänglicher als traditionelle aktive Vermögensverwaltung.

Beratung

Wer als Anlegerin oder Anleger gerne selbst die Fäden in der Hand hält, findet bei Postfinance zwei Anlageprodukte, die genau dies ermöglichen, ohne dass man dabei auf Beratungsleistungen verzichten muss. Im Vergleich zur «Fondsberatung Basis» erhalten Kunden mit der «Anlageberatung Plus» regelmässig individuelle Anlage- und Umschichtungsvorschläge für ihr Portfolio. Zudem steht ihnen ein persönlicher Anlageberater zur Verfügung. Doch auch Kunden mit dem Basispaket können Beratung in Anspruch nehmen.

Selbstständig

Für erfahrene Anleger gibt es den sogenannten Selfservice Fonds, das einzige Produkt ohne individuelle Anlageberatung. Postfinance stellt ein Angebot an Fonds zur Verfügung, aus denen Kunden selbstständig auswählen und investieren. Zusätzlich besteht ausser Einzelzeichnungen die Möglichkeit, mittels Fondssparplan regelmässige Investitionen ab 20 Franken zu tätigen. 

Bei Postfinance wird viel Spargeld parkiert, das weder aus Sicht Kunde noch aus Sicht Postfinance interessant ist – vor allem im derzeitigen Zinsumfeld lässt sich mit Anlegen langfristig mehr aus dem eigenen Vermögen machen. Darüber hinaus gibt es viele Kunden, die zwar ihr Erspartes bei Postfinance aufbewahren, ihr Anlagegeschäft jedoch bei anderen Banken betreiben. Die neuen Produkte stellen laut Daniel Mewes eine Möglichkeit dar, diese und weitere Kunden «vollends» zu Postfinance zu holen. Ziel sei es, bis Ende 2021 einige Tausend Kunden für die Lösungen zu gewinnen.

Auf einen Blick

Die Anlagelösungen von Postfinance:

  • Bei der E-Vermögensverwaltung wählen die Kundinnen und Kunden eine Anlagestrategie sowie einen der drei Anlagefokusse «Schweiz», «Global» oder «Nachhaltig» und delegieren die Verwaltung ihres Vermögens an Postfinance. Die Bank überwacht das Portfolio laufend und nimmt wo nötig Anpassungen vor. Der Kunde kann den investierten Anlagebetrag selbstständig zu jedem Zeitpunkt erhöhen oder reduzieren.
    Mindesteinlagebetrag: Ab CHF 5’000.–
  • Bei der Fondsberatung Basis treffen die Kundinnen und Kunden ihre Anlageentscheide selbstständig. Auf Wunsch können sie sich auch online oder persönlich von einem Kundenberater oder einer Kundenberaterin von Postfinance beraten lassen.
    Mindesteinlagebetrag: Ab CHF 2’000.–
  • Bei der Anlageberatung Plus wählen die Kundinnen und Kunden eine Anlagestrategie sowie einen der drei Anlagefokusse «Schweiz», «Global» oder «Nachhaltig» aus und erhalten eine individuelle Beratung – ganz nach Wunsch digital oder durch einen spezialisierten Kundenberater. Weicht das Anlageportfolio von der gewählten Anlagestrategie ab, benachrichtigt Postfinance ihre Kundinnen und Kunden automatisch und unterbreitet ihnen digital neue Anlage- oder Umschichtungsvorschläge, die sieannehmen oder ablehnen können.
    Mindesteinlagebetrag: Ab CHF 5’000.–
    Empfehlung von Postfinance: Ab CHF 80’000.–
  • Beim Selfservice Fonds treffen die Kundinnen und Kunden ihre Anlageentscheide selbst und verzichten auf eine kundenspezifische Beratung. Sie tätigen ihre Anlagen komplett online.
    Einzelzeichnung: Ab CHF 2’000.–
    Fondssparplan: Ab CHF 20.–

    Die Palette an Investitionsmöglichkeiten besteht je nach Lösung aus dem Angebot von Postfinance Fonds, ausgewählten Fonds von Drittanbietern und Exchange Traded Funds.(Quelle: Postfinance)