Open Finance & Open Pension

Open Finance: Die Schweiz und das Thema Open Pension

Frau checkt am Laptop Papiere und Dokumente

Altersvorsorge und die persönlichen Finanzen nach der Pensionierung gehören zu den brennenden Themen – aus naheliegenden Gründen: alle sind davon betroffen.

Bekanntlich ist die Altersvorsorge in der Schweiz über ein Drei-Säulen-Modell aufgebaut: die AHV als staatliche Vorsorge, die berufliche Vorsorge über Pensionskassen und die private Vorsorge über die Säule 3a.

Das Modell ist intelligent konzipiert, weil nach der Pensionierung über drei verschiedene Töpfe Geld fliesst. Über die AHV als monatlich ausbezahlte Rente, über die Pensionskasse als Monatsrente oder wählbar über den Kapitalbezug und über die Säule 3a als Kapitalauszahlung. Wenn alles gut läuft und in alle drei Säulen genügend eingezahlt worden ist, steht Pensionierten dadurch genügend Geld für ein finanziell sorgenfreies Leben im Alter zur Verfügung.

Das Problem: Fehlende Klarheit und Transparenz

Je nach Lebenssituation und Einkommen, werden die beiden Säulen AHV und berufliche Vorsorge sehr unterschiedlich ausgestattet und "gefüllt". Mit oder ohne freiwilliges Vorsorgesparen über die Säule 3a bleiben Überraschungen bei der Pensionierung möglich, oftmals auch unangenehme.

Die zu erwartende Höhe der AHV-Rente kann zwar bei der Sozialversicherung als Vorausberechnung jederzeit abgefragt werden – das tun aber sehr wenige. Pensionskassen verschicken jährlich einen Pensionskassenausweis an ihre Versicherten mit den relevanten Zahlen. Erfahrungsgemäss tun sich jedoch viele Versicherte schwer, diese Zahlen zu lesen und zu interpretieren.

Die private Vorsorge, also die Säule 3a, ist wahrscheinlich am einfachsten zu verstehen, weil Vorsorgesparer die Höhe ihrer Einzahlungen und eventuelle Formen der Anlage selbst bestimmen. Im Gegensatz zu AHV und Pensionskasse, wo die monatlichen Beiträge jeweils direkt vom Lohn abgezogen werden.

Die fehlende Klarheit und die damit verbundenen Unsicherheiten führen dazu, dass die Themen Altersvorsorge und verfügbares Geld nach der Pensionierung zu den topgesetzten Dauerbrennern bei Umfragen und Sorgenbarometern gehören. Die Sorge und die Ängste, ob das verfügbare Geld für ein gutes Leben im Alter reicht, sind omnipräsent.

Die Lösung: Open Pension und ein intelligentes Dashboard

Bei den Sozialversicherungen, Pensionskassen und Säule-3a-Anbietern sind sämtliche Daten der Versicherten vorhanden: Alter, berufliche Situation, Einkommen, bisher bezahlte und noch zu erwartende Beiträge, mögliche Beitragslücken und mehr.

Werden diese Zahlen aus mehreren Quellen auf einer zentralen Plattform zusammengezogen und den Versicherten in Form eines cleveren Dashboards präsentiert, ist das der Beginn der neuen Klarheit. Verständlich für alle.

Jede versicherte Person sieht Jahre vor der Pensionierung, wo sie steht, welches Vermögen vorhanden ist, was im Alter an Rente und Kapital zu erwarten ist, ob das Geld reicht oder was rechtzeitig vor der Rente zu tun ist, falls es nicht reicht.

Über Open-Pension-Apps werden für Versicherte auch Simulationen möglich. Wie verändern sich die Zahlen, wenn jemand ein Jahr auf Weltreise geht? Reicht die Rente auch dann, wenn jemand nur 70 Prozent arbeiten möchte – oder bei Paaren mit einem Kind, wenn beide Partner vorübergehend nur jeweils 50 Prozent arbeiten wollen? Was verändert sich, wenn eine Person längere Zeit mit geringerem Einkommen arbeitslos ist? 

Simulationen können helfen, Spielräume zu erkennen und die persönliche Lebensplanung zu gestalten. Oder auch drohende Lücken aufzudecken und entsprechend darauf zu reagieren.

Wo steht Open Pension in der Schweiz?

Genau genommen steht Open Pension in der Schweiz noch nirgends. Ansätze sind da und dort erkennbar, aber das Zusammenführen von drei Säulen und die einfache Darstellung über ein Dashboard sind noch in weiter Ferne.

Open Pension ist ein zentraler Teil von Open Finance – und im einen wie im anderen Bereich ist grundsätzlich alles vorhanden, was nötig ist. Sozialversicherung, Banken, Versicherer und Pensionskassen verfügen über sämtliche Daten. 

Diese Daten können mit dem Einverständnis der jeweils Versicherten zu aggregierten Übersichten und Dashboards zusammengeführt werden. Dashboard, die alle Fragen beantworten, Klarheit schaffen, Ängste nehmen und sogar auch gute Ideen zur weiteren Lebensplanung liefern können.

SIX stellt mit der Open-Banking-Plattform bLink die komplette Infrastruktur zur Verfügung, damit Daten über APIs sicher und in alle gewünschten Richtungen ausgetauscht werden können. 

Die Aggregatoren oder Dashboard-Produzenten können Banken, Versicherer oder Drittparteien wie FinTechs sein. Open Finance eben und in diesem besonderen Fall Open Pension mit hohem Nutzen. Für die Versicherten wie auch für die Aggregatoren. Letztere deshalb, weil Kundinnen und Kunden mit Daten, Komfort und Transparenz verwöhnt werden – das schafft Vertrauen und Bindung und macht Menschen empfänglich für weitere Angebote und Leistungen des Dashboard-Anbieters.

Warum steckt Open Pension in der Schweiz noch in den Kinderschuhen?

In zahlreichen europäischen Ländern sind Pension-Tracking-Systeme (PTS) seit Jahren schon im Einsatz. Nutzungsraten zwischen 30 und 40 Prozent zeigen, dass Menschen Klarheit und Transparenz zu ihrer Vorsorgesituation wünschen.

In der Schweiz dauert es möglicherweise so lange, bis der Staat und Regulierungsbehörden genügend Druck aufgebaut haben, um Banken und Versicherer in Bewegung zu bringen. Das war bereits beim Thema Multibanking der Fall. Dieser Service ist erst als Folge der Intervention des Bundesrates entstanden, der Ende 2022 entsprechende Massnahmen angedroht hatte, wenn das das Thema Open Finance weiterhin keine verbindlichen und fassbaren Formen annehmen würde. 

Das will sagen, erst auf Druck haben Banken Open Banking und Open Finance wirklich "open" definiert. Zumal der Bundesrat angekündigt hat, dass das EFD überwachen wird, ob die Multibanking-Iniative wirksam umgesetzt wird und ob die Schnittstellen Nichtbanken-Drittanbietern wie FinTechs hürdenfrei angeboten werden.

Im selben Zuge hat der Bundesrat seiner Erwartung Ausdruck verliehen, dass "weitere Schnittstellen geöffnet werden, zum Beispiel für Wertpapierdepots, für die Säule 3a ...". Damit wären wir – unter anderem – beim Thema Open Pension. 

Dazu kommt mit Open Pension eine erste Open-Finance-Regulierung auf die Branche zu, mit überwältigender Mehrheit abgesegnet vom Nationarat am 24. September 2025. Als Resultat einer Motion von Mitte-Ständerat Erich Ettlin. Die Motion lässt an Klarheit keine Wünsche offen und kann hier nachgelesen werden. 

Bundesrat und Kommissionen möchten weniger weit gehen, verfolgen jedoch dieselbe Stossrichtung, wie der folgende Auszug der Anwort auf die Motion zeigt:

"Der Bundesrat erwartet auch von den Akteuren der beruflichen Vorsorge und der dritten Säule, dass sie den Versicherten über standardisierte Schnittstellen einen sicheren digitalen Zugang zu ihren Vorsorgedaten ermöglichen. Sollten wider Erwarten innert nützlicher Frist ungenügende Fortschritte erzielt werden, ist der Bundesrat bereit, das Eidgenössische Departement des Innern EDI zu beauftragen, mit den Akteuren der beruflichen Vorsorge und der dritten Säule Massnahmen zur weiteren Verbesserung der Situation zu diskutieren. Dazu können auch standardisierte Schnittstellen für eine bessere Übersicht über die Vorsorge gehören."

Der Bundesrat beschreibt hier Open Pension, ohne den Begriff explizit zu bemühen. Und, einmal mehr, droht er mögliche Konsequenzen an, wenn das Thema Open Pension nicht entschlossen angepackt und umgesetzt wird.

Kommt das Thema Open Pension auch ohne verbindliche Regulierung in Fahrt?

Das wäre wünschenswert, um gegenüber dem Ausland etwas aufzuholen und vor allem, um Millionen Versicherten jederzeit Klarheit und Transparenz zu ihrer Altersvorsorge zu bieten.

Der Branchenverband Swiss FinTech Innovations (SFTI) ist hier unterstützend schon länger am Ball. SFTI hat im April 2024 ein sehr ausführliches Positionspapier geschaffen, "Open Pension" kann in englischer Sprache hier als PDF runtergeladen werden. Ein kurzgefasstes Management Summary in deutscher Sprache ist ebenfalls verfügbar, hier

Fazit

Open Pension ist ein Bedürfnis der Schweizer Bevölkerung, löst ein Problem und bringt Klarheit zur persönlichen Vorsorge-Situation. Alle notwendigen Daten sind vorhanden, höchst motivierte FinTech-Aggregatoren und die entsprechende Infrastrukur von bLink ebenfalls. Der offenbar notwendige Druck auf Seite von Regierung und Regulatoren ist mit im Spiel und dürfte weiter aufgebaut werden.

Jetzt fehlen nur noch Banken, Versicherer und weitere Anbieter von Vorsorgelösungen, welche gemeinam am selben Strick ziehen, um Open Pension in der Schweiz ein fassbares Gesicht zu geben. 

Dabei darf – zumindest im Moment noch – der von Schweizer Banken vielgepriesene "marktgetriebene Ansatz" weiterhin verfolgt werden, "marktgetrieben" sollte nur neu definiert werden. Ein Blick auf die Sorgenbarometer der letzten Jahre zeigt, in welche Richtung. Aktuell wie auch in früheren Studien bestätigt sich: Open Pension entspricht einem Bedürfnis, der Markt hat die bisher noch nicht gehörte Antwort längst schon gegeben.