Zahlen und Fakten

Klauen Schweizer wie die Raben? Und: Sind Frauen die besseren Menschen?

Junger Mann im Laden stiehlt einen Pullover
Bild: monstArrr_ | Getty Images

Glaubt man einer aktuellen Studie, dann: Ja, Schweizer klauen wie die Raben. Und: Ja, Frauen sind die besseren Menschen – zumindest was das Stehlen angeht.

Das Marktforschungsinstitut Ipsos hat im Auftrag von Moneyland im April 2022 eine repräsentative Umfrage durchgeführt. 1'500 Personen im Alter von 18 bis 74 Jahren wurden gefragt, ob sie als Erwachsene absichtlich an bestimmten Orten gestohlen oder nicht bezahlt haben. Die Daten sind anonym erhoben worden, was die Hemmschwellen senkt und der Wahrheitsfindung förderlich sein dürfte. 

Nur gerade 40 Prozent haben eine weisse Weste

Geben nur rund 40 Prozent an, noch nie etwas gestohlen oder nicht bezahlt zu haben, bedeutet das, dass überraschende 60 Prozent der Befragten den Begriff "Selbstbedienung" in bestimmten Situationen eher frei und individuell interptretieren. Jedenfalls gibt diese Quote an, mindestens ein Mal gestohlen oder eine Leistung nicht bezahlt zu haben. In der Kategorie des Nicht-Bezahlens steht das Schwarzfahren im Öffentlichen Verkehr mit 39 Prozent an erster Stelle. Dieser Punkt wird allerdings eher als Kavaliersdelikt empfunden, mildernde Umstände in Form einer gesellschaftlichen Akzeptanz dürften hier geltend gemacht werden.

Beachtlich bleiben die Zahlen beim "wirklichen" Stehlen. In der Tabelle unten wird aufgeschlüsselt, wer wo zulangt und wer in welcher Situation den Unterschied zwischen Mein und Dein tendenziell zu grosszügig auslegt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass sich die Zahlen der Einmal- und der Wiederholungstäter in etwa die Waage halten. Das heisst konkret: rund die Hälfte (teilweise auch mehr) der "Geständigen" gibt an, mehrere Male zugelangt zu haben oder weiterhin zuzulangen.

Arbeitsplatz, Hotels, Restaurants und Detailhandel, inklusive Self-Scanning-Kassen, gehören offenbar zu den bevorzugten Orten und Situationen, die zum Stehlen motivieren. Dass Post, Bank und Handy-Shop eher verschont bleiben, dürfte damit zusammenhängen, dass wertvolle oder begehrenswerte Objekte oftmals in verschlossenen Glasvitrinen präsentiert werden.

Sind Frauen die besseren Menschen?

Unentschlossenheit oder schwächere Nerven könnten natürlich auch im Vordergrund stehen, wir unterstellen jetzt einfach mal ein ausgeprägteres Bewusstsein für richtig oder falsch und erhöhte Ehrlichkeit: Frauen stehlen deutlich weniger als Männer. Die Top 10 nach Geschlecht:

Die Unterschiede sind in allen Kategorien signifikant, einzig im Hotel sind auch Frauen eher bereit, Dinge mitzunehmen. Könnte das mit einer kurz vor der Abreise panikartig aufkommenden Verzweiflung über den defekten Haarfön oder die zerschlissene Frotteewäsche zu Hause erklärt werden? So oder anders, abgesehen von diesem Punkt sind Frauen in allen Kategorien deutlich zurückhaltender als Männer – in der Regel lassen sie Dinge in fremden Häusern stehen oder zücken das Portemonnaie und zahlen für ihre Einkäufe.

Jüngere Menschen haben weniger Skrupel

Ob Alter bedingungslos weise macht, ist als Erkenntnis nicht gesichert. Es macht jedoch offenbar vorsichtiger oder ehrlicher. Personen im Alter von 50 bis 74 Jahren stehlen seltener. Um die 90 Prozent der Befragten in dieser Altergruppe geben bei mehreren der genannten Orte sogar an, noch gar nie gestohlen beziehungsweise nicht gezahlt zu haben.

Im Gegensatz dazu stehlen Personen in der Altersgruppe von 18 bis 25 und 26 bis 49 Jahre überdurchschnittlich oft. Teilnehmer im Alter von 18 bis 25 Jahren geben merklich häufiger als andere Altersgruppen an, dass sie schon mindestens ein Mal in Läden wie Migros und Coop etwas stahlen. Auch die Self-Scanning-Kasse verleitet insbesondere junge Personen zum Diebstahl. Ein Viertel 25 Prozent) sagt, dass sie am Self-Checkout nicht bezahlt haben. Bei den 26- bis 49-Jährigen sind es lediglich 20 Prozent, in der ältesten Gruppe sogar nur 7 Prozent. Die Top 10 nach Altersgruppen:

Pure Not, Sparsamkeit oder Abenteuerlust?

Die Beweggründe, die zum Klauen motivieren, bleiben unklar. Pure Not steht jedoch nicht im Vordergrund, wenn Schweizerinnen und Schweizer stehlen. Spielt es eine Rolle, wie viel Vermögen Schweizerinnen und Schweizer haben? «Ja, aber es sind nicht die Ärmsten oder Reichsten, die besonders viel stehlen», sagt Moneyland-Geschäftsführer Benjamin Manz. Tatsächlich geben Personen mit einem Vermögen zwischen 50’000 und 100’000 Franken in fast allen Bereichen am häufigsten an, dass sie schon mindestens ein Mal gestohlen haben. Besonders selten hingegen stehlen Schweizerinnen und Schweizer mit einem Vermögen zwischen 300’000 und 500’000 Franken.