Neo-Banken

Automaten für Karten: Revolut erweitert seine Flughafenoffensive

Flughafen-Terminal mit Werbung der Challenger-Bank Revolut
Bild: Revolut

Die Challenger-Bank hat Erfolg mit Last-Minute-Debitkarten an Flughäfen und weitet das Netz der Verkaufspunkte jetzt aus. Und: Private Banking wird zum Thema.

Last-Minute-Flüge sind Standard, Last-Minute-Debitkarten an Flughäfen noch etwas weniger. Die Verbindung ist allerdings naheliegend. Wer in die Ferien fliegt, ist empfänglich für eine Debitkarte, die bei Zahlungen im Ausland durch faire Wechselkurse und tiefe Gebühren das Urlaubsbudget entlastet.

Warum die Challenger-Bank Revolut ihre Flughafenstrategie ausweitet

Revolut ist 2023 mit der Idee gestartet, am Flughafen Rom Fiumicino Reisende in letzter Minute mit günstigen physischen Debitkarten zu versorgen. Spezielle Verkaufsautomaten bieten Passagieren am Flughafen sofortigen Zugriff auf kostenlose Revolut-Debitkarten. So können Urlaubsreisende Karte, Banking und Reisevorteile direkt für ihren bevorstehenden Urlaub freischalten.

Der Test in Italien mit Verkaufsautomaten für Karten an Flughäfen ist erfolgreich verlaufen. Eine auf den ersten Blick exotische Idee hat auf den zweiten Blick gezeigt, dass Last-Minute-Debitkarten offenbar einem Bedürfnis entsprechen – das Angebot der günstigen Karte wird vor dem Abflug genutzt.

Die Challenger-Bank hat deshalb in den letzten zwei Jahren ihr Last-Minute-Debitkarten-Angebot geografisch erweitert und in Italien, Portugal und Finnland weitere Flughäfen mit Automaten ausgerüstet.

Nach Angaben von Revolut haben Verkaufsautomaten an diesen ersten fünf Flughafenstandorten bereits mehr als 300'000 Karten ausgegeben.

Ausweitung der Flughafenstrategie mit acht neuen Knotenpunkten

Der Erfolg der bisherigen Karten-Verkaufsautomaten an fünf Knotenpunkten hat Revolut motiviert, acht weitere grosse Flughäfen in Europa mit Automaten zu belegen. Damit ist Revolut diesen Sommer und in der Feriensaison Herbst neu an 13 Reise- und Urlaubs-Drehscheiben präsent.

Die Verkaufsautomaten werden in den Flughäfen strategisch an ausgesuchten Positionen mit hohem Passagieraufkommen platziert. Reisende, die eine Karte beziehen, können diese mit einem neuen oder bereits existierenden Revolut-Konto verbinden, um so vollständigen Zugriff auf Revolut Banking sowie Lifestyle- und Reisevorteile zu erhalten. Dazu gehören auch wettbewerbsfähiger Währungsumtausch, eSIM-Daten, Buchung von Unterkünften direkt in der App und vergünstigter Lounge-Zugang an Flughäfen.

Mit dieser Sommer- und Herbst-Initiative lässt Revolut nun auch in den Flughäfen Berlin, München, Barcelona, Madrid, Lissabon, Faro, Wien und Larnaka Automaten für sich arbeiten, die neue Kunden generieren. Debitkarten- und Onboarding-Automaten, welche die Last-Minute-Wünsche von Reisenden erfüllen. Dasselbe gilt für die bisherigen Automaten in Rom Fiumicino, Mailand Malpensa, Helsinki, Porto und Brüssel.

Nach Aussagen von Revolut hat die Challenger-Bank die neuen Flughafenstandorte strategisch ausgewählt, um sich auf das Reiseverhalten der Flugpassagiere aus aller Welt auszurichten. Die neuen Verkaufsautomaten wurden mit einem eleganten Design und einer verbesserten Benutzeroberfläche ausgestattet.

Marketing und sichtbare Präsenz in Flughäfen und Innenstädten

Digitalbanken haben keine Filialen und deshalb keine Kontaktpunkte ausserhalb des Smartphones. Revolut ist seit einiger Zeit schon dabei, die digitale Bank mit physischen Kontaktpunkten sichtbar und erlebbar zu machen. Neben der Präsenz in Flughäfen gehören zum Beispiel auch Geldautomaten in verschiedenen Städten dazu, welche der Digitalbank ein Gesicht in Innenstädten geben sollen. Über die Geldautomaten-Initiative von Revolut haben wir berichtet, hier

Die Flughafen-Initiative ist Teil der Marketing-Strategie, mit der Revolut in Europa weiter wachsen will. Das gilt insbesondere auch für den Markt Deutschland, Heimmarkt von Konkurrent N26. Nach eigenen Aussagen will Revolut die aktuelle Zahl von mehr als 2 Millionen Kundinnen und Kunden erhöhen und strebt zudem an, den Status als Hauptbank zu erreichen.

Deshalb fokussiert die Challenger-Bank nicht ausschliesslich auf Neukunden, das Unternehmen investiert in umfangreiches Branding im Flughafenbereich. 

Neben digitalen und analogen Flächen im ganzen Flughafenbereich schafft Revolut Aufmerksamkeit und Präsenz durch Fluggastbrücken (Fingerdocks), über die sich Revolut sowohl innen als auch aussen wirkungsvoll inszeniert. 

So sind zum Beispiel in Berlin 27 Fluggastbrücken bereits seit Ende Juni in Betrieb und in Wien sind 19 dieser auffälligen Fingerdocks im Einsatz. In München beginnt die Umsetzung im August und umfasst 71 Fluggastbrücken und 23 Glastunnel im Terminal 2.

Deborah Wajsbrot, Head of Growth – Strategic Partnerships bei Revolut, liefert die Erklärung aus ihrer Sicht für die massiven Investitionen in diesen Teilbereich der Marketing-Initiativen:

«Das Reisen ist bei Revolut tief verankert und Flughäfen sind ein Kernbereich, um auf internationale Reisende zu treffen und sie mit Banking- und Lifestyle-Produkten auszustatten, die ihren Urlaub noch besser machen. Entscheidend ist, dass die Einführung von Verkaufsautomaten in Berlin Brandenburg und München nachdrücklich unsere primäre Banking-Strategie in Deutschland und darüber hinaus unterstützt, da diese als physische Kontaktpunkte fungieren, die Kundinnen und Kunden die Pro­dukt­pa­let­te von Revolut näherbringen. Wir haben erkannt, dass Menschen Revolut eher für ihre täglichen finanziellen Bedürfnisse nutzen, wenn sie aus erster Hand erleben – sei es auf ihren Reisen oder anderswo – welchen Mehrwert Revolut für sie bringt.»

Welche Pfeile hat Revolut darüber hinaus im Köcher?

Revolut hat aktuell mehrere Pfeile im Köcher. Einige sind schon abgeschossen und unterwegs, andere werden erst kommen.

Das Unternehmen will in jedem Markt, in dem die Challenger-Bank aktiv ist, zur führenden digitalen Bank werden. Das bedeutet, dass Revolut unter anderen Banken auch den Neo-Banken-Konkurrenten N26 in Deutschland hinter sich lassen will. Das ist jetzt noch kein Pfeil, das ist eine Absichtserklärung. Allerdings: die Challenger-Bank hat in den letzten Jahren mehrfach den Tatbeweis angetreten, dass formulierte Absichtserklärungen konsequent in die Tat umgesetzt werden. 

Im Moment betreut Revolut weltweit über 60 Millionen Kundinnen und Kunden und wird mit 45 Milliarden US-Dollar bewertet. Mehreren Berichten zufolge plant das Unternehmen eine neue Finanzierungsrunde, welche die Bewertung auf 65 Milliarden Dollar hieven könnte.

In der Schweiz ist Revolut mit mehr als 1 Million Kundinnen und Kunden der grösste Neo-Banken-Player im Markt. Kürzlich hat Revolut die Angebots-Palette für das schnell wachsende Business-Segment in der Schweiz erweitert, wir haben berichtet, hier

Aktuell hat Revolut seine Aktien-Handelsplattform für Schweizer (und europäische) Kunden attraktiver gemacht. Neben dem bestehenden Angebot an US-amerikanischen und europäischen Aktien hat Revolut den Zugriff auf die Titel von mehr als 50 Schweizer Unternehmen geöffnet, die an der Börse kotiert sind.

Die Challenger-Bank will generell in den Geschäftsfeldern der Kredite und Hypotheken zusätzliches oder, je nach Markt, neues Terrain belegen. 

Welche Ambitionen hat Revolut im Private Banking?

Die neue Europa-Chefin, Béatrice Cossa-Dumurgier, zieht vom Hauptquartier in Paris aus an den Fäden für Westeuropa. Im Gespräch mit unseren Kollegen vom Handelsblatt hat Cossa-Dumurgier eine bemerkenswerte Aussage gemacht:

Wir wollen das erfolgreichste digitale Bankmodell der Welt sein, das JP Morgan der digitalen Bankenwelt werden

Im selben Gespräch hat die Revout-CEO konkretisiert, was sie unter anderem damit meint. Sie will die Kundengruppen erweitern und "gerne ins Private Banking expandieren, also ins Geschäft mit wohlhabenderen Kunden“. Als Vorbild zieht Cossa-Dumurgier das grösste US-Geldinstitut heran, JP Morgan, das alle relevanten Kundengruppen und alle relevanten Produkte abdecken würde.

Aktuell sind mehrere europäische Neo-Banken und Neo-Broker dabei, ihre Services zusätzlich auf vermögende Kundengruppen auszurichten. Auch in der Schweiz. Zum Beispiel Alpian und Radicant operieren als kostengünstige Neo-Banken und positionieren sich beim Investieren als Banken mit Private-Banking-Touch – im Angebot und in den Leistungen, in den Kosten deutlich tiefer im Vergleich mit klassischen Instituten.

Die Ambitionen von Revolut sind insofern interessant, als die Challenger-Bank mit 60 Millionen Kunden weltweit auch heute schon wohlhabende Kundengruppen mit an Bord haben dürfte. Diese könnten mit überzeugenden Angeboten und entsprechenden Konditionen durchaus dafür zu gewinnen sein, Teile ihres Vermögens bei einer Challenger-Bank anzulegen, die sich nun auch auf Private Banking spezialisieren will.


Die Schweizer Neo-Banken-Landschaft im Überblick

Die Zusammenstellung der in der Schweiz aktiven Neo-Banken mit den jeweils zuletzt gemeldeten Nutzerzahlen vermittelt einen ungefähren Eindruck der aktuellen Grössenverhältnisse und Marktanteile.

Schweizer Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Alpian (F-ISPB) Oktober 2022 20'000 20'000
Kaspar& März 2022 7'000 7'000
Neon März 2019 237'000 237'000
Radicant (BLKB) August 2023 18'000 18'000
Yapeal Juli 2020 10'000 10'000
Yuh (Swissquote) Mai 2021 340'000 350'000
Zak (Bank Cler) März 2018 70'000 70'000
Aktive Schweizer Apps: 7      
       
Ausländische Neo-Banken Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
N26 Schweiz 2019 8 Millionen keine Angaben
Revolut Schweiz 2017 60 Millionen 1'000'000
Wise März 2010 16 Millionen keine Angaben
Aktive ausländische Apps: 3      
       
Neo-Banken Verticals Markteintritt Kunden insgesamt davon in der Schweiz
Relio Oktober 2023 Angaben folgen Angaben folgen
Aktive Vertical Apps: 1      
       
Neo-Banken in Umwandlung      
CSX (Credit Suisse)
UBS plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Key4 Banking Pure von UBS
Oktober 2020 400'000 400'000
Coop Finance+ (Coop)
Coop plant keine eigenständige
Weiterführung der App
Wechselangebot an Kunden:
Lila Set von Valiant
Oktober 2023 keine Angaben keine Angaben
       
Neo-Banken in Liquidation      
FlowBank
FINMA: Konkurs eröffnet am
13. Juni 2024
November 2020 keine Angaben keine Angaben
Swiss4
FINMA: Konkurs eröffnet am
4. März 2025
April 2024 keine Angaben keine Angaben

Hinweis der Redaktion: Neo-Banken, die ihre aktuellen Kundenzahlen nicht korrekt gespiegelt sehen, weil länger nicht kommuniziert, dürfen Letzteres jederzeit gerne nachholen, hier, damit Ersteres auf den neusten Stand gebracht werden kann.