Will Amazon auch eine Bank sein?

Bild: Getty Images | Shane D. Rymer

Die Idee einer Amazon-Bank ist überhaupt nicht abwegig, eher eine logische Konsequenz der Strategie von Jeff Bezos.

Die Fiktion, dass Amazon die amerikanische Bank Capital One übernehmen könnte, hat Tanya Andreasyan auf Banking Technology im Februar 2017 ins Gespräch gebracht. Seither hält sich die Geschichte und wird durch unterschiedliche Vermutungen genährt. Für welche Bank sich Amazon interessieren könnte, ist erst in zweiter Linie interessant – die wirklich spannende Frage ist: Was könnte Amazon dazu bewegen, nun auch noch eine Bank sein zu wollen?

Weshalb die Idee einer Amazon-Bank nicht abwegig ist

Jeff Bezos hat für Amazon bisher noch keine Bank in den Einkaufswagen gelegt. Ob er das in Zukunft tun wird, bleibt offen und der Gerüchteküche überlassen – zumindest so lange, bis durch Amazon Fakten geschaffen werden.

Bereits Fakt ist jedoch, dass Amazon seit Jahren schon in Sparten und Branchen investiert und diversifiziert, die mit dem ursprünglichen Geschäft des Online-Buchhändlers wenig bis rein gar nichts zu tun haben. Übergeordnete Gemeinsamkeiten, welche die unterschiedlichen Engagements verbinden, gibt's hingegen schon.

Ob Amazon Bücher, Unterhaltungs-Elektronik, Videos, Musik, Lebensmittel (Amazon Fresh) und Web-Services verkauft oder in Biomärkte (Whole Foods), Drugstores und andere Branchen investiert – mehrere Services sind für sämtliche Sparten übergreifend von Bedeutung: Unter anderen IT, Logistik und Zahlungsabwicklung. IT und Logistik sind von Amazon besetzt, sehr weit entwickelt und deshalb als neues Terrain abgehakt. Auch Zahlungsservices sind natürlich kein Neuland, Amazon weiss, wie Zahlungsabwicklung geht. Aber die weitergedachten Themen rund um Geld, Zahlungen, Finanzierung und mehr gehören auf der Amazon-Landkarte zu den Feldern mit eher grossen weissen Flecken.

Aus der Erfahrung vergangener Jahre ist bekannt: Amazon mag keine weissen Flecken. Der Gedanke ist naheliegend, dass Amazon Kunden und Konsumenten früher oder später (eher früher) auch rund um Geld und Finanzen erweiterte Dienstleistungen anbieten will. Services, die sich perfekt mit bestehenden und neuen Geschäftsfeldern kombinieren lassen. Angebote und Leistungen, die weit über das blosse Bezahlen und Zahlungsabwicklung hinausgehen. Wirft man einen Blick in den Rückspiegel, auf die Strategien der Vergangenheit und auf die konkreten Resultate der Gegenwart, ist dieser Gedanke weniger Spekulation, vielmehr logische Konsequenz.

Was im Ökosystem von Amazon fehlt, wird dazuentwickelt

Jeff Bezos hat bereits in der Vergangenheit rund um seine Kerngeschäfte die notwendigen peripheren Services immer mit dazuentwickelt – und diese ebenso schnell wachsen lassen, wie das eigentliche Kerngeschäft. Deshalb ist Amazon heute ein gigantisches Ökosystem, dessen Vernetzungen immer dichter gewoben werden. Ob Amazon irgendwann eine Bank kauft oder von innen heraus zur Bank wird, ist nicht der springende Punkt. Welche neuen Möglichkeiten sich innerhalb (und ausserhalb!) dieses Ökosystems eröffnen, mit einer gewaltigen Zahl bestehender und konsumfreudiger Kunden, ist die weitaus interessantere Überlegung.

Für etablierte Banken wäre Amazon als Bank (nach WEF) der mächtigere Brocken und "eine grössere Bedrohung als sämtliche FinTechs der Welt" zusammengenommen. Was nicht zur Beruhigung beitragen mag, ist die Überlegung, dass sich Technologie-Unternehmen in aller Regel nichts schuldig bleiben. Sollte Amazon dereinst eine Bank sein wollen, werden Google, Apple und andere nicht tatenlos zusehen, wie ein einstmaliger Online-Buchhändler Banking, Zahlungsverkehr und Finanzierung für sich und für Konsumenten auf der ganzen Welt neu definiert. Deshalb braucht man nicht exklusiv auf Amazon zu schielen, die Reihenfolge könnte eine andere sein. Amazon verfolgt sehr sichtbar die aktuell aggressivste Expansions-Strategie und steht auch durch das vorgelegte Tempo in der Diversifizierung einfach verstärkt im Fokus. Das schliesst ebenso offensive Strategien aus ganz anderen Ecken, die im Moment noch nicht sichtbar sind, überhaupt nicht aus.

Deshalb steht in unserer eingangs gestellten Frage: "Will Amazon auch eine Bank sein?", Amazon nur als denkbare Möglichkeit und als Platzhalter, der durch andere Brands ersetzt werden kann. Die Frage selbst ist jedoch durchaus ernst gemeint. Und Antworten aus dem Markt werden aller Voraussicht nach nicht mehr unglaublich lange auf sich warten lassen.

Über die Wahrscheinlichkeit einer Amazon-Bank

Der Autor Chris Skinner hat kürzlich in seinem Blog auf The Finanser laut darüber nachgedacht, wie real die Spekulationen rund um eine Amazon-Bank werden könnten. Mit einem verstärkten Blick auf die Entwicklung in Grossbritannien. Lesenswert.

Der Artikel im Blog: "Is Amazon about to burst Banks?"