Swiss Payment Forum 2016

Bild: Oscar Neira | Nadja Schildknecht (Zurich Film Festival) und Bernhard Lachenmeier (CCV)

Aufgefallen und deshalb mitgeschrieben am Swiss Payment Forum 2016 in Zürich.

Zum fünften Mal in Zürich – das jährliche Treffen der Payment-Branche am 7. und 8. November 2016. Unser Korrespondent, Oscar Neira, war am Swiss Payment Forum mit dabei und teilt seine Notizen.

Aufgefallen

Das dominierende Thema innerhalb zahlreicher Schwerpunkte und Referate: Technologie, Möglichkeiten, Gegenwart und Zukunft von Karten und Kartenzahlungen. Besonders hervorzuheben: Präsentationen und Referate sind jeweils simultan (Deutsch > Englisch oder Englisch > Deutsch) übersetzt worden. Ein grossartiger Service, der mit Sicherheit (auch) zum Erfolg und zur jährlich wachsenden Zahl der Besucher beiträgt.

Kredit- und Debitkarten

Nicht erstaunlich, dass Apple Pay in praktisch jedem Referat erwähnt worden ist. Interessant dabei ist jedoch, dass niemand Apple Pay als grosse Konkurrenz fürchtet, vielmehr als Wegbereiter sieht, der Mobile Payments in der Schweiz definitiv zum Durchbruch verhelfen kann.

Einigkeit besteht auch darin, dass die Zukunft in Lösungen liegt, welche die Kreditkarten „digitalisieren“, auf dem Smartphone hinterlegen und Zahlungen über NFC möglich machen. Roland Zwyssig, CMO Aduno Gruppe, und Dr. Andrej Vckovski, CEO Netcetera, betonen im Zusammenhang mit der SwissWallet (Joint Venture von Aduno, Swisscard, Netcetera), dass Vertrauen die digitale Währung der Zukunft sein wird. Kunden wollen absolute Sicherheit – verbunden mit Komfort und einfacher Bedienung. Komfort auch so verstanden, dass SwissWallet bzw. MasterPass als Schweizer Lösung auf globale Standards setzen, international eingesetzt werden können und vom Schweizer Handel ohne technischen Anpassungsaufwand und ohne Investitionen akzeptiert werden können.
In diesem Zusammenhang präsentiert Tobias Wirth, Head Digital Products Viseca (Aduno Gruppe), die in der Schweiz am häufigsten heruntergeladene Finanz-App VisecaOne. Wirth unterstreicht in seiner Demonstration, dass VisecaOne beispielhaft zeigt, wie Aduno Digitalisierung interpretiert, damit User mit smarten neuen Funktionen und einfachem Handling überzeugt werden können.

Ein feuriges und euphorisches Referat dann von Christian Vetsch, CMO Abrantix, der keinen Zweifel daran lässt, dass Apple Pay in Sachen Technologie und Komfort führend ist und sich deshalb in der Schweiz durchsetzen wird. Interview mit Christian Vetsch zum Thema

Grosse Zukunft für Karten

Sämtliche Referenten und Experten sind einhellig der Meinung, dass die Vergangenheit der Karten über die Gegenwart der aktuellen Entwicklungen die Weichen für eine grosse Zukunft stellt. Arne Pache, VP Global Products and Services MasterCard Europe, sieht die Mastercard unter anderem als Authentisierungsmöglichkeit über sämtliche Kanäle und Geräte, Masterpass wäre da nach seiner Meinung eine sehr gute Lösung. Pache sieht grosse Chancen für Banken in der Zukunft, auf der anderen Seite jedoch auch grosse Risiken, weil Finanzinstitute neuen FinTech-Konkurrenten gegenübersehen. Startups und Unternehmen, welche profitable Bankbereiche anvisieren und Kunden mit Komfort und positiven Erlebnissen überzeugen.

Constantin Bregulla präsentiert globale Trends und lokale Herausforderungen und leitet daraus ab, Relevanz zu erkennen und zu handeln. Sonst übernehmen andere. Digitalisierung steht im Vordergrund, die Karten sind in diesem Umfeld hervorragend aufgestellt. Zumal heute ohne Karte nichts mehr geht, nur schon bei der Automiete oder einer Hotelreservation. Das Zahlungssystem „Karte“ bleibt global führend, mit weltweit standardisierter technologischer Basis, die laufend weiterentwickelt wird. NFC ist die Zukunft, eine „less cash Society“ ebenfalls.

Blockchain zum Anfassen

Ohne Blockchain, Smart Contracts, Bitcoin oder Ethereum auf der Agenda geht heute keine Konferenz über die Bühne. Aber: Wie erklärt man die Zusammenhänge und die Chancen der Blockchain für die Wirtschaft, insbesondere für die Finanzwelt – so, dass auch Nicht-Kryptographen durchblicken? Prof. Dr. Roman Beck, Head of Information Management Section IT University Copenhagen, hat genau das furios hinbekommen. Mit einem fulminanten, facettenreichen und verständlichen Vortrag. Professoral nur in der Tiefe der Details, klar und anschaulich dann in Breite, Ausführungen und Beispielen.

Martin Rindlisbacher, Senior Business Architekt UBS Schweiz, präsentiert die Sicht einer Grossbank auf das Thema Blockchain. Er zieht den Vergleich zur Medizin und unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Grundlagenforschung, um herauszufinden, wie genau man diese Technologie einsetzen und nutzen kann. Im Labor sind schon viele Ideen und Prototypen entstanden, so Rindlisbacher, der Weg zu einem breiten, ausgereiften und markttauglichen Produkt wäre jedoch noch weit. Die UBS spielt in diesen Bereichen an vorderster Front mit und hat zahlreiche Projekte in der Entwicklung.

Dennis Flad, Managing Director von Arevos, erklärt die Blockchain anhand der Lösung von Ripple, welche für grenzüberschreitende Zahlungen steht. Mit Ripple lassen sich Kosten fast auf null reduzieren, Effizienz und Geschwindigkeit massiv erhöhen und damit das bestehende Netzwerk von Korrespondenzbanken praktisch ausschalten. Flad sieht für Ripple allerdings noch mehr Potenzial in Richtung von: alle „Produkte“ digitalisieren und über die Ripple-Plattform handelbar machen.

Alternative Zahlmethoden und Ent-Technologisierung

Ein eindrücklicher Vortrag von Bernhard Lachenmeier, CEO CCV Schweiz, und Nadja Schildknecht, Managing Director Zurich Film Festival (ZFF): Erfahrungen beim Aufbau einer Community in Verbindung mit Shop, Zahlungsmöglichkeiten und Mehrwertleistungen. Und wie wichtig es ist, dass die Community sich verselbständigt und von sich aus weiter wächst – zum Beispiel durch Fans und Sponsoren.

Wichtiges Stichwort in der Präsentation von Lachenmeier und Schildknecht: Ent-Technologisierung. Deshalb besonders hervorgehoben, weil das einen zentralen Nerv trifft, der Erfolg oder Nichterfolg sehr stark beeinflusst. Konsumenten interessieren sich nicht für Zahlungslösungen und Apps – und schon gar nicht für Technologie. Nur für komfortable Tools, die Erlebnisse und Mehrwerte schaffen. Dass man damit auch noch schnell und einfach bezahlen kann, ist dann auch ein Mehrwert.

Wer bereits schon vor Jahren sehr erfolgreich ein Armband mit RFID-Chip zum Bezahlen und als „access control“ eingeführt hat, ist das Open Air St. Gallen. Cyrill Stadler, CFO WePromote Entertainment Group Switzerland, präsentiert die Phasen der Einführung, Entwicklung und Optimierungen bis heute. Das System ist inzwischen ausgereift und läuft sehr gut. Aufgrund generierter und ausgewerteter Daten können aktuell zum Beispiel auch Verkaufsstände und Produkte besser platziert werden, in Bezug auf Besucherströme und Umsatzoptimierung.

Plattformen, Ökosysteme und die Kraft von Kooperationen

David Kauer, Leiter Produktmanagement Value Added Services PostFinance, und Michael Gaschen, Leiter Produktmanagement Zahllösungen Karten & Digital PostFinance, fordern Unternehmen auf, sich neu zu erfinden. Beide sehen gerade im Finanzbereich noch sehr viel Luft nach oben. Mit offenen Plattformen und Ökosystemen, die von mehreren Playern in Kooperation bespielt werden. Banken, FinTechs und anderen. Weil einer allein die Ansprüche breiter Zielgruppen möglicherweise nicht erfüllen kann. Und innerhalb der digitalen Transformation sind nicht nur die Ansprüche von Konsumenten gewachsen, sondern vielmehr auch Wege, Instrumente und Möglichkeiten, über Kooperationen und gemeinsame Plattformen grossartige Leistungen zu lancieren.

In genau dieselbe Richtung argumentiert Douwe Lycklama, Gründungspartner Innopay. PSD2, die neue Zahlungsdienste-Richtlinie, soll als Chance verstanden und genutzt werden. Von allen Beteiligten, zum Vorteil der Kunden. Es darf nicht darum gehen, David (die FinTechs) gegen Goliath (die Banken) antreten zu lassen und unfruchtbare Schlachten zu schlagen. Banken sollen sich als Plattform verstehen und mit den besten Startups und Unternehmen zusammenarbeiten. Über APIs (Programmierschnittstellen) sollen sich neue Technologiefirmen direkt an die Banken anbinden können, um Bankkunden neue gute Produkte und Services bieten zu können. Wer hier die richtigen Wege geht und auf Kooperationen setzt, wird profitieren.

Diese Vorträge, neben zahlreichen weiteren Referenten und Präsentationen, waren der Stoff für zwei dicht gefüllte und spannende Tage. Nächstes Jahr am 6. und 7. November geht’s weiter – mit den Entwicklungen, Technologien und Marktveränderungen der kommenden zwölf Monate, komprimiert auf zwei Tage.

Korrespondent am Swiss Payment Forum: Oscar Neira
Redaktion ISO-20022.CH: Ruedi Maeder

Swiss Payment Forum: Details und Informationen

Stichworte im Lexikon: Kartenzahlungen | PSD2 | API | API Banking