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Paydirekt, eine fett finanzierte Party ohne Gastgeber und Gäste?

Vogel mit Startschwierigkeiten
Bild: Bastetamn | Getty Images

Fliegen hat das Online-Bezahlverfahren der deutschen Banken und Sparkassen nie wirklich gelernt. Jetzt kommt erneut Sand ins Getriebe des Vogels mit Startproblemen.

In Sachen Marketing hat Paydirekt bereits beträchtlich investiert, in der Kommunikation allerdings nicht durchwegs glücklich. Und es soll noch kräftig nachgelegt werden, um den sitzengebliebenen Bezahl-Vogel endlich in die Luft zu kriegen. Von den ursprünglich geplanten 300 Millionen Euro sind heute wohl deutlich weniger im Gespräch, allerdings immer noch grosse Summen, welche nicht alle Partner mittragen wollen.

Der seit Jahren anhaltende Misserfolg von Paydirekt ist, zumindest vom Hintergrund und von den Startvoraussetzungen her betrachtet, ziemlich erstaunlich. Das Hoffnungsprojekt der deutschen Banken und Sparkassen ist denkbar breit abgestützt und kann auf eine riesige Kundenbasis zurückgreifen. Der Griff geht jedoch ins Leere, Paydirekt kommt einfach nicht vom Fleck. Dabei hätte Paydirekt zum Flaggschiff der Armada werden sollen, welche PayPal das Fürchten lehrt und den längst etablierten Angreifer wieder auf Distanz bringt.

Die Trägerschaft wird dünner, die Probleme werden grösser

Heinz-Roger Dohms von der Finanz-Szene hat diese Woche exklusiv von neuem Ungemach berichtet, das Paydirekt droht. Die Hypo-Vereinsbank, die ING Deutschland, die deutsche Santander und weitere private Banken sollen demnach ihre Anteile an Paydirekt zum 31. Dezember dieses Jahres gekündigt haben.

Damit fallen nicht nur Mitstreiter weg, auch 11,1 Prozent Anteile müssen neu aufgeteilt werden. Das führt offenbar zu zusätzlichem Knatsch innerhalb der Trägerschaft. Nach Heinz-Roger Dohms fühlen sich die beiden verbleibenden Grossbanken, Deutsche Bank und Commerzbank, von den abtrünnigen Banken im Stich gelassen und scheinen aktuell wenig Lust auf eine Erhöhung ihrer eigenen Anteile zu verspüren.

Die Armada kann die Kanonen einziehen, das Angriffsziel ist ausser Sichtweite

Wie geht's weiter mit Paydirekt? Das steht in den Sternen. Die trüben Aussichten für das Gemeinschaftsprojekt der deutschen Kreditwirtschaft werden mit den aktuellen Abgängen jedenfalls nicht besser. Und die Zahlen dümpeln in Regionen, welche sogar die Prognosen hartgesottener Pessimisten in den Schatten stellen.

Im Oktober 2018 hatte die Finanz-Szene die verifizierten Nutzerzahlen des Banken-Startups publik gemacht: rund 40'000 Bezahlvorgänge pro Monat. Ein kaum wahrnehmbarer Klacks im Vergleich zu den damals von Heinz-Roger Dohms geschätzten Transaktionszahlen von PayPal in Deutschland mit 30 bis 35 Millionen Bezahlvorgängen pro Monat.

Das Verhältnis von 800:1 für PayPal zeigt, dass die Armada der deutschen Banken und Sparkassen die Kanonen einziehen kann, das einstige Angriffsziel PayPal ist längst am Horizont verschwunden und erfolgreich unterwegs zu neuen Ufern.

Eine fett finanzierte Party ohne Gastgeber und ohne Gäste

Wie Paydirekt doch noch zum Fliegen gebracht werden könnte, scheint niemand so genau zu wissen. Wirklich konkrete Startvorbereitungen und Flugpläne sind bisher nicht bekannt. Fest steht: mit Geld und Marketing allein wird das nicht zu schaffen sein. Aus Distanz und von aussen betrachtet scheint Paydirekt ein Projekt zu sein, das wohl eine breite Trägerschaft hat, hinter dem jedoch niemand so richtig stehen und sich wirklich engagieren mag. Eine Party ohne sichtbare Gastgeber mit Esprit, Witz, Einfällen und Engagement führt zu leeren Hallen. Es kommt, wer kommt, keiner fühlt sich wirklich begleitet und willkommen, wer nicht kommt, wird auch nicht vermisst.

Projekte ohne Feuer entwickeln auch mit viel neuem Geld weder Glut noch Wärme. Möglicherweise schaffen die aktuellen Abgänge und Querelen den Boden dazu, das Projekt Paydirekt grundsätzlich zu überdenken.