Banking as a Service & Embedded Finance

«Konsumenten wollen Lösungen, die besser und bequemer sind als das, was Banken bisher zu bieten hatten»

Banker in Rage, beisst auf einen Bleistift
Bild: Getty Images | Jonathan Kirn

Das forsche Statement könnte gestandene Banker ärgern. Ist der erste Ärger verflogen, weist es den Weg zu neuen Ertragsquellen für klassische Banken.

Die Aussage, «Konsumentinnen und Konsumenten wollen Lösungen, die besser und bequemer sind als das, was Banken bisher zu bieten hatten», kommt von der CEO der Hypothekarbank Lenzburg (HBL), Marianne Wildi.

Beim kritischen Blick auf die eigene Branche ist es nicht geblieben, Wildi fährt mit ihrer Bank seit Jahren schon einen straffen Kurs auf der Schiene von Open Finance, Banking as a Service (BaaS) und Embedded Finance. Als erste und in dieser Konsequenz faktisch als einzige Bank in der Schweiz.

Die Basis dazu hat die HBL mit der Eigenentwicklung von Finstar geschaffen – einer Open-Finance-Plattform, die Technologie, Tools und Finanzdienstleistungen für Banken, Versicherer, Unternehmen, Startups und FinTechs zur Verfügung stellt.

Die Hypothekarbank Lenzburg ist eine klassische Bank. Eine, die ihr traditionelles Bankgeschäft weiter vorantreibt, vielleicht etwas digitaler als viele andere Banken, aber weiterhin mit den Services und Angeboten einer klassischen Bank. Parallel dazu hat sich die HBL jedoch mit Open-Finance-Services, mit BaaS und mit Embedded-Finance-Angeboten einen weiteren Vertriebskanal geschaffen und einen zusätzlichen Ertragskanal aufgebaut. 

Klassische Banken beziehen BaaS allmählich in ihre Zukunfts-Strategien mit ein

Die Skepsis klassischer Banken gegenüber Banking as a Service und Embedded Finance weicht sich langsam etwas auf – das hängt nicht zuletzt mit der Avantgarde im eigenen Land zusammen. Vor allem mit den Erfolgen in Form von Projekten und beispielhaften Blaupausen, die von ebendieser Avantgarde regelmässig realisiert werden.

Seit 2017 hat die HBL mit Startups wie zum Beispiel Neon, Kaspar&, Findependent, Yokoy oder Flatfox erfolgreich Open-Finance-Projekte realisiert. Einen grossen Coup hat die Bank kürzlich mit Coop Finance+ gelandet – der Detailhändler hat seine Neo-Bank in Kooperation mit den Lenzburgern realisiert.

Die Zahl der betreuten Konten aus diesen Kooperationen ist bereits heute deutlich grösser als der eigene Kunden- und Kontenstamm der HBL. Die Finanzdienstleistungen der Hypothekarbank Lenzburg funktionieren – ausgelagert über APIs – eingebettet auf den Plattformen der jeweiligen Partner, Unternehmen und FinTechs. Sie bleiben jedoch angebunden und werden erbracht von der Hypothekarbank Lenzburg. Im Resultat bedeutet das: jedes Konto, jede Transaktion und jede beanspruchte Finanzdienstleistung generiert für die Bank zusätzliche Erträge.

Deshalb ist das Statement der HBL-CEO, «Konsumentinnen und Konsumenten wollen Lösungen, die besser und bequemer sind als das, was Banken bisher zu bieten hatten», für andere Banken kein Grund für Ärger. Vielmehr ein konkreter Hinweis aus der eigenen Erfahrung der letzten Jahre, was Konsumenten wollen, was externe Unternehmen brauchen und was klassische Banken dazu beitragen und liefern können. 

Die bereits angeführten Projekte und vorgelegten Blaupausen liefern anschauliche Beispiele, welche die etwas abstrakten Begriffe BaaS und Embedded Finance mitten in die digitale Praxis des Alltags erfolgreicher Banken bringen. Die Möglichkeiten von Open Finance, BaaS und eingebetteter Finanzdienstleistungen ausserhalb von Banken spielen sich allmählich ins Bewusstsein klassischer Finanzinstitute.

Das ist erfreulich, weil hier eine Entwicklung läuft, die sich nicht ohne die Beteiligung klassischer Banken fortsetzen sollte. Bei anhaltender Absenz aber könnte, weil spezialisierte FinTechs wie Solaris in Deutschland oder Yapeal in der Schweiz und weitere ebenfalls am Ball sind. Und am Ball bleiben werden.

Aktuelle News zum Thema 

Die Hypothekarbank Lenzburg lanciert eine neue Marke für den Bereich Banking as a Service: HBL Solutions. Diese Ankündigung der HBL ist allerdings keine bahnbrechende Neuigkeit, mehr eine konsequente Weiterentwicklung der verfolgten Strategie. 

Die neue Banking-as-a-Service-Einheit der Hypothekarbank Lenzburg, HBL Solutions, passt zur Gründung der Finstar AG im August 2023. Mit diesem Schritt hat die HBL das Kernbankensoftware-Geschäft der Open-Finance-Plattform Finstar in eine eigenständige Firma ausgegliedert. Mit diesem Schritt verschafft sich die Bank einen grösseren strategischen Handlungsspielraum und stellt die Weichen für zusätzliches Wachstum.

Mit dazu gehört, dass Marianne Wildi ihren CEO-Sessel bei der HBL verlässt, um ihrer Leidenschaft zu folgen: als Verwaltungsratspräsidentin der neugegründeten Gesellschaft wird sie Projekte rund um Open Finance, BaaS und Embedded Finance weiterhin vorantreiben. Die noch-CEO der HBL ist aus Erfahrung überzeugt:

Eingebettete Finanzdienstleistungen entsprechen einem Bedürfnis der Zeit

Wildi lässt auch keinen Zweifel daran, wie sie mit der Finstar AG unter der Marke HBL Solutions diese Bedürfnisse befriedigen will:

«HBL Solutions versteht sich als Orchestrator und Enabler für innovative Open-Finance-Lösungen. Wir verfügen über weitreichende Kompetenzen und verwenden führende Technologien, mit denen wir baukastenmässig digitale Finanzlösungen für alle Arten von Unternehmen realisieren können. Dank unserer langjährigen Erfahrung steht uns für die Realisierung von Banking-as-a-Service-Projekten ein leistungsfähiges Netzwerk zu Verfügung, das wir mit der neuen Marke stärker promoten wollen. Unser Versprechen: Durch die Integration von Banking-Services in ihre Wertschöpfungsketten können Firmen ihre Kundschaft stärker an sich binden und die User-Journey verbessern.»

Damit sind auch die strategischen Weichen für die Zukunft und das Wachstum der HBL selbst gestellt. Neue Projekte, die von den digitalen Open-Finance-Töchtern kommen, brauchen in Form von Banking as a Service und Embedded-Finance-Services eine klassische Bank mit Banklizenz, welche diese Services zur Verfügung stellt, prozessiert und betreut.

Was sich wie eine symbiotische Beziehung zwischen Töchtern und Mutterhaus anhört, ist ziemlich sicher genau das. Und ein ertragreicher Weg in die Zukunft, der auch anderen klassischen Banken offensteht.

Die wirkliche News ist deshalb weniger, dass die Hypothekarbank Lenzburg mit HBL Solutions eine neue Marke lanciert. Der interessante Punkt ist vielmehr, was mit bereits bestehenden Ressourcen und Know-how unter dieser Marke möglich wird.