Die wichtigste Währung erodiert: Vertrauen

Bild: Blyjak | Getty Images

Der Edelman Trust Barometer misst jährlich das Vertrauen der Bevölkerung von 28 Nationen in ihre Institutionen. Die Ausschläge im Bericht 2017 geben wenig Anlass zur Freude.

Edelman operiert als führendes Unternehmen im Bereich Beratung und Kommunikation weltweit – mit 67 Niederlassungen und weit über 5'000 Mitarbeitern. Der jährliche Trust Barometer von Edelman basiert auf Befragungen der Bevölkerung in 28 Ländern. Untersucht wird das Vertrauen in die zentralen Institutionen: Regierung, Wirtschaft, Medien und NGOs. Der "2017 Edelman Trust Barometer" ist inzwischen bereits die 17. Durchführung der jährlich wiederkehrenden Umfrage.

Globale Implosion des Vertrauens

Richard Edelman, Präsident und CEO von Edelman, bezeichnet die Resultate der Studie 2017 nicht mehr als eine blosse Erosion, er spricht von einer "global Implosion of Trust" und damit vom bisher grössten Vertrauensverlust in die Institutionen Regierung, Wirtschaft, Medien und NGOs. Ausgelöst durch die Entwicklung der letzten Jahre und verstärkt durch zahlreiche Ereignisse 2016.

Medien lassen Federn
Den grössten Vertrauensverlust verzeichnen Medien mit einem Abwärtssprung von 48 (2016) auf 43 Prozent (2017). Das heisst, nur noch 43 Prozent aller Befragten bringen Medien generell Vertrauen entgegen. Der Sinkflug ist in 17 Ländern festgestellt worden.

Die übrigen Institutionen verlieren weniger dramatisch, jedoch ebenso konstant:

  • Regierung: -1 von 42 auf 41 Prozent
  • Business: -1 von 53 auf 52 Prozent
  • NGOs: -2 von 55 auf 53 Prozent

Regierung geniesst kein hohes Vertrauen
Interessant und beunruhigend ist, dass das Vertrauen in die Regierung in 14 Ländern gesunken ist und inzwischen in der Hälfte der befragten Ländern die eigene Regierung als die am wenigsten vertrauenswürdige Institution gilt.

Wirtschaft (noch) auf höherem Level
Ebenso interessant: Die Wirtschaft steht im Verhältnis zu Regierung und Medien vergleichsweise gut da. Wohl hat der Bereich Business auch 1 Punkt verloren, insgesamt begegnen jedoch 52 Prozent der Befragten der Wirtschaft mit Vertrauen. Dennoch nicht aus den Augen zu lassen: knapp die Hälfte der Befragten tut genau das nicht.

Gut Informierte versus Gesamtbevölkerung
Die Kluft in der Betrachtung zwischen der gut informierten Öffentlichkeit und der Gesamtbevölkerung hat sich vergrössert. So misstraut die Gesamtbevölkerung in 20 Ländern ihren Institutionen, während der gut informierte Anteil der Öffentlichkeit in nur 6 Ländern ein generelles Misstrauen hegt.

Schwindendes Vertrauen ins Gesamtsystem
53 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das derzeitige Gesamtsystem sie nicht mehr repräsentiert, "nicht mehr für sie arbeitet", sie betrachten es als unfair und investieren wenig Hoffnung in die Zukunft. Nur 15 Prozent glauben, das das Zusammenwirken der Systeme funktioniert, ein weiteres Drittel bleibt unschlüssig.

Interessant: Bei dieser Gesamtbetrachtung gibt es wenig Unterschiede zwischen der Gesamtbevölkerung und definierten Gruppen. So sind auch hoch ausgebildete und einkommensstarke Gruppen mit 49 Prozent und die Mehrheit der gut Informierten mit 51 Prozent der Meinung, das Gesamtsystem wäre gescheitert.

Richard Edelman, Präsident und CEO von Edelman, zum Thema:

«Die Auswirkungen der globalen Vertrauenskrise sind tief und weitreichend. Es begann mit der grossen Rezession von 2008, zusätzlich haben Globalisierung und technologischer Wandel wie zweite und dritte Wellen eines Tsunamis das Vertrauen der Menschen in globale Institutionen weiter geschwächt.»

Die vorherrschenden Ängste
Nicht überraschend verstärken Vertrauensverluste bestehende Ängste und Bedenken, mehr oder weniger konkret oder diffus, festgemacht an diesen Bereichen:

  • Korruption: 40 Prozent
  • Einwanderung: 28 Prozent
  • Globalisierung: 27 Prozent
  • Soziale Erosion: 25 Prozent
  • Innovationsgeschwindigkeit: 22 Prozent

Details zur Studie Edelman Trust Barometer 2017

Ein kurzer oder ein vertiefter Blick lohnt sich. Die Studie liefert spannende Einsichten und überraschende Details.
 

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Kurzüberblick: The Trust 10

Executive Summary
Für einen tieferen Einblick: Im "Executive Summary" finden sich in der Zusammenfassung Detailzahlen und Interpretationen zur Befragung in 28 Ländern und zu den relevanten Ergebnissen.

Details und Interpretationen: Executive Summary

Fazit und Fokus für die Finanzbranche

Vertrauen ist ein kostbares Gut. Die Wirtschaft steht im Vergleich zu anderen Bereichen eher gut da. Das gilt insbesondere auch für die Finanzbranche, welche auch heute noch vom traditionell bestehenden Vertrauensbonus profitieren kann. Auch in Zukunft? Die Chancen sind intakt, primär aus drei Gründen:

Der wichtigste Grund: Empfänglichkeit
Wenn Vertrauen erodiert und Institutionen grundsätzlich in Frage gestellt werden, dann wächst die Empfänglichkeit für Werte und für Wahrhaftigkeit. Ethik als Begriff ist mehr als nur ein Wort, Menschen sind und bleiben empfänglich für Inhalte. Wer die richtigen Dinge tut, Werte lebt und transportiert, sich als fairer und verlässlicher Partner positioniert und auch Sicherheit vermittelt, der besetzt verlorenes Vertrauens-Terrain. Niemand sagt, das wäre einfach, aber möglich ist das ganz sicher. Zumal ein Vacuum leichter zu füllen ist, als ein übervolles Spielfeld.

Ebenfalls im Zentrum: Erwartungen erfüllen und übertreffen
Bestehendes Vertrauen will gerechtfertigt und bestätigt werden. Jeden Tag. Für nicht vorhandenes Vertrauen gilt in der Umkehrung und im Aufbau dasselbe, als langwieriger und lohnender Weg. Erwartungen und Hürden mögen hoch liegen, sie bleiben erreichbar. Unternehmen und Finanzinstitute, welche in ihrer Philosophie, im Umgang mit Partnern, Kunden und vor allem auch mit Mitarbeitern Werte etablieren und pflegen, sind sicher auf gutem Weg. Kommen Services, Produkte und Innovationen dazu, die Nutzen schaffen, lassen sich Märkte erobern. Und Märkte sind Menschen, in privaten und in geschäftlichen Umfeldern. Menschen, die sich durch Leistung und Fairness überzeugen lassen.

Zuletzt der triviale Grund: Potenzial
Wenn 52 Prozent der Wirtschaft Vertrauen entgegenbringen, dann tun das 48 Prozent nicht. Ein beunruhigend hoher Anteil. Genau deshalb jedoch auch ein spannendes Feld, eine grosse Zielgruppe und viel brachliegendes Potenzial, um Punkte zu gewinnen und Vertrauen neu zu schaffen.