Eine neue Studie zeigt, dass Kunden sich sehr viel mehr Open-Finance-Funktionen von ihren Banken wünschen, als diese zu geben bereit sind.
Bankkunden interessieren sich nicht für die beiden Begriffe Open Banking und Open Finance – umsomehr aber dafür, wie sie ihre Finanzen, Versicherungen und mehr komfortabel in einer einzigen App organisieren können.
Banken gehen mit den Begriffen Open Banking und Open Finance akademisch distanziert um, fokussieren eher auf kurzfristigen eigenen Nutzen, Kosteneinsparungen und haben nicht in erster Linie die Wünsche ihrer Kundinnen und Kunden auf dem Radar. Das hängt auch damit zusammen, dass Banken die Open-Finance-Wünsche ihrer Kunden oftmals nicht mal kennen.
Eine neue Studie der Hochschule Luzern zeigt, dass die Kundenbedürfnisse weit über einfache Multi-Banking-Angebote hinausgehen. Der Vision der Super-App nach asiatischem Vorbild stehen Schweizer Kunden bereits sehr nahe. Banken sind allerdings noch meilenweit davon entfernt und scheinen das strategische Potenzial bisher nicht zu sehen.
Die Super-App für Bankgeschäfte und mehr – auch in der Schweiz?
Die Super-Apps WeChat und Alipay sind in Asien längst Standard, weil sich mit einer einzigen App alle Bank- und Versicherungsgeschäfte erledigen lassen – und sehr viel mehr dazu. Zum Beispiel die Organisation der persönlichen Finanzen von A bis Z, Anlagen und eine Vielzahl von Dienstleistungen über Finanzen hinaus, die direkt über die App gebucht werden können. Super-Apps eben.
Was in Asien geschätzt wird, wünschen sich auch Schweizer Bankkundinnen und Bankkunden. Die Haltung der Befragten zur Aussage "Ich würde es schätzen, wenn ich alle meine Bank- und Versicherungsgeschäfte bei allen Instituten mit nur einer App erledigen könnte", zeigt die folgende Grafik.
Quelle: Hochschule Luzern HSLU
42 Prozent der Befragten würden es schätzen, alle Bank- und Versicherungsgeschäfte mit nur einer App erledigen zu können. 30 Prozent lehnen dies ab. 28 Prozent sind unentschieden oder haben dazu noch keine Meinung.
Die Ergebnisse zeigen, dass eine zentrale Verwaltung und die Abwicklung aller Bank- und Versicherungsgeschäfte mit einer einzigen App ein Kundenbedürfnis darstellen.
Gleichzeitig fällt auf, dass der Anteil der Personen, die diesbezüglich keine klaren Präferenzen äussern, mit 28 Prozent recht hoch ist. Nach Einschätzung der Autoren dürften dazu insbesondere zwei Gründe beigetragen haben: Zum einen muss beachtet werden, dass ein Teil der Befragten Mühe hat, sich den Nutzen einer noch nicht existierenden Lösung vorzustellen, zum andern verfügen 30 Prozent der Befragten über nur eine Bankbeziehung.
Nach Einschätzung der Autoren besteht jedoch eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine solche App, wenn sie auf dem Schweizer Markt ist, auch von noch unentschlossenen und skeptischen Kundinnen und Kunden genutzt werden würde – insbesondere wenn der Funktionsumfang über die heutigen Angebote hinausgeht.
Neuer Komfort ist gewünscht, der das Leben einfacher macht
Bankkunden möchten jedoch nicht nur alle Bank- und Versicherungsgeschäfte mit einer einzigen App unter Kontrolle haben, sie wünschen sich auch mehr Komfort. Konkret neue Funktionen, die ihnen das Leben einfacher machen und sie von administrativem Aufwand entlasten.
Welche Wünsche Bankkunden hier konkret haben, ist über die Frage "Wie nützlich wären für Sie die folgenden Zusatzfunktionen vereint in einer einzigen App?" beantwortet worden.
Quelle: Hochschule Luzern HSLU
Dieser erste einfache Wunschkatalog bedeutet für Banken und Versicherungen, dass ihre Kundinnen und Kunden Bedürfnisse haben, welche über reine Finanzprodukte hinausgehen.
Die wichtigsten Kundenbedürfnisse sind offensichtlich diejenigen, welche eine wesentliche Erleichterung von als lästig empfunden Aufgaben und administrativen Tätigkeiten bringen. Hier bieten sich Chancen, auf der Basis von Open Finance und KI neue Lösungen mit einem echten Mehrwert für die Kunden zu entwickeln.
Nach Einschätzung der Autoren sind Banken und Versicherungen aufgrund des Vertrauensbonus, der auch in dieser Studie bestätigt wurde, prädestiniert, diese Kundenbedürfnisse zu befriedigen.
Die Position und die Sicht der Banken
Interviews mit Banken verschiedener Grösse führten die Studienautoren zur Feststellung: Banken sind derzeit allzu sehr mit der operativen Umsetzung von Open Finance beschäftigt. Hierbei haben die Realisierung von technischen Lösungen sowie von kurzfristigem, bankeigenem Nutzen, etwa in Form von Automatisierung und den sich daraus ergebenden Kosteneinsparungen, aktuell Vorrang.
Im Fokus bei Open Finance stehen folglich im Moment noch die Banken selbst, nicht die Kundinnen und Kunden mit ihren Wünschen und Ansprüchen.
Schlussfolgerung der Autoren: Die Autoren kommen deshalb zum Schluss, dass sich für Banken mit einer Fokussierung auf die Kundenbedürfnisse sowie auf das grosse Potenzial von Open Finance echte Zukunftschancen bieten. Eine Erschliessung dieses Potenzials setzt jedoch voraus, dass Banken in ihrer Strategie ein klares Bild ihrer Zukunft entwerfen.
Sie haben dabei die Wahl, entweder weiter wie bisher den Blick auf eigene Finanzprodukte und deren Vertrieb über eigene Kanäle zu richten oder den Fokus vermehrt auf Kundenbedürfnisse und in der Folge auf erweiterte Dienstleistungen zu richten, die über Finanzprodukte hinausgehen und Mehrwert für Kundinnen und Kunden schaffen.
Dieser Weg wird Kooperationen mit Dritten für Angebote und Vertrieb unabdingbar machen.
Die Studie zum Runterladen
Die umfangreiche "IFZ Open Finance Studie 2025" beleuchtet im Detail die Wünsche der Kunden und zeigt auch den Blickwinkel und Fokus der Banken. Die Studie kann bei der Hochschule Luzern kostenlos als PDF runtergeladen werden, gleich hier.
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