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Wird RCS (Rich Communication Services) zur Konkurrenz für WhatsApp?

Smartphone mit Icons
Bild: bombuscreative | Getty Images

Als gemeinsamer internationaler Standard kann RCS zum SMS 2.0 werden, WhatsApp und andere etablierte Messenger brauchen allerdings noch nicht zu zittern.

Letzte Woche hat die NZZ am Sonntag ausführlich über RCS (Rich Communication Services) berichtet. Im Zusammenhang mit der Swisscom-Initiative, welche mit dem internationalen Standard RCS die in die Jahre gekommenen Möglichkeiten von SMS ablösen will.

Dass die Swisscom den Standard jetzt unterstützt und einführen will, zeigt auch gleich die (momentane) Schwachstelle der Technologie, welche kostenlose Video-Anrufe, Chats und Sprachnachrichten, Austausch von Bild- und Videodateien und mehr möglich macht.

Wer ist dabei, wer ist nicht dabei?

Als internationaler Standard hat RCS im Gegensatz zu proprietären Systemen sicher den Vorteil der offenen Zugänglichkeit. Damit RCS flächendeckend und für alle funktioniert, müssen Telcos und Geräteanbieter die Technologie allerdings auch aktiv unterstützen. Darin liegt denn auch der aktuelle Knackpunkt.

Autor Markus Städeli verweist in seinem Artikel in der NZZ am Sonntag darauf, dass schon 76 Telekomfirmen weltweit RCS unterstützen und laut Swisscom sollen in den nächsten zwölf Monaten 59 weitere Unternehmen folgen. Und all die anderen?

Selbst Kunden von Telekom Albania oder jene von Orange in der Repulik Kongo sollen bereits mit RCS kommunizieren können. Das ist bemerkenswert, bringt aber nicht so viel, wenn Swisscom 2019 nachzieht, derweil sich Salt und Sunrise noch unschlüssig sind, ob sie das ebenfalls tun wollen. Ein Messenger mit Zusatzfunktionen ist dann wertvoll, wenn aus Usersicht alle Freunde und Partner erreichbar sind. Unabhängig davon, mit welchen Provider und mit welchem Device sie unterwegs sind.

Der scheibchenweise Ausbau von RCS verschafft WhatsApp Vorteile

Ein gemeinsamer und Big Tech-unabhängiger Standard ist super. Stehen jedoch Swisscom-Kunden nur schon an, wenn sie mit ihren Freunden kommunizieren wollen, die bei Salt oder Sunrise unter Vertrag stehen, dann wird der Durchbruch von RCS noch länger auf sich warten lassen.

Zudem wird RCS von Swisscom für Android-Geräte eingeführt (sofern deren Hersteller den Standard unterstützen), iPhone-User gucken erstmal in die Röhre. Für ein iPhone-Land wie die Schweiz mit über 40 Prozent Marktanteil von Apple keine wirklich guten Startvoraussetzungen. Apple unterstützt RCS vorderhand nicht und die in Aussicht gestellt App als "Umgehungslösung" klingt nicht allzu verlockend. Nutzer wollen einfach kommunizieren und nicht "umgehen". Das tun sie bereits mit flächendeckend funktionierenden Lösungen, die End-to-End-Verschlüsselung gewährleisten, was die neue RCS-Konkurrenz vorderhand noch nicht bringen wird.

Wenn Nutzer ihre Bekanntenkreise nach Telcos, Smartphones und Betriebssystem sortieren müssen, wird das mühsam und sie bleiben einfach bei WhatsApp, das seit Jahren eingeführt ist und keine Grenzen setzt. 

Zudem werden bestehende Messenger-Lösungen von Big Techs nicht tatenlos zusehen, wie sich die RCS-Anbieter-Gemeinde langsam formiert. WhatsApp und andere werden ihre bereits heute flächendeckend laufenden Systeme weiter ausbauen und für User noch attraktiver machen.

RCS – The Future of Messaging?

Vielleicht. Wie der Branchenverband der GSM-Provider die Weiterentwicklung und die Zukunft von RCS sieht, kann hier nachgelesen werden. Welche Zukunft der Technologie von RCS beschieden sein wird, hängt vom Tempo des Ausbaus ab. Mit zu vielen Einschränkungen und Lücken, die erst nach und nach gestopft werden, droht der an sich guten Idee und Technologie Gefahr, den ewigen zweiten Platz zu belegen. 

GSMA, Swisscom und auch andere Provider sehen in der Technologie RCS einen Milliardenmarkt, weil dem Gratis-Service zahlreiche Zusatzleistungen bis und mit Bezahllösungen mitgegeben werden können. Das Problem dabei: dieser Milliardenmarkt wird durch funktionierende Lösungen und grosse Anbieter bereits seit längerem bewirtschaftet, die sich nicht erst mühsam koordinieren müssen – die machen einfach und schaffen konkrete neue Angebote, die flächendeckend einsetzbar sind.

Messenger-Applikationen der Big Techs, allen voran WhatsApp, haben bereits SMS den einstmals umsatzbringenden Boden unter den Füssen weggezogen. Die Kurznachrichten sind seit 2012 auf dem absteigenden Ast und inzwischen vollends zum Auslaufmodell geworden. Die sieben Jahren von 2012 bis heute sind von den Big Techs genutzt worden, das Terrain zu besetzen.

Den inzwischen erreichten Vorsprung werden sie aller Voraussicht nach auch gegenüber SMS 2.0 (RCS) verteidigen und behalten. Unterstützt von den Milliarden Nutzern, die von Gewohnheiten nur dann abrücken, wenn sie durch starke Argumente überzeugt werden. Die sind noch nicht in Sicht. User und Kunden zeichnen sich nicht durch Geduld aus und sie werden nicht warten, bis das möglicherweise Bessere mit Start- und Ausbreitungsschwierigkeiten, das seit langem schon funktionierende Gute eingeholt hat.