Lockdown

Corona-Krise: Der Bundesrat präsentiert bereits vorgezogen das Unterstützungs-Paket für Schweizer Startups

Bundesrat Ueli Maurer an der Medienkonferenz des Bundesrates vom 22. April 2020
Bundesrat Ueli Maurer an der Medienkonferenz des Bundesrates vom 22. April 2020 (Bild: Der Schweizerische Bundesrat)

Der Bundesrat reagiert auf die hohe Dringlichkeit und stellt seinen konkreten Plan vor, wie zukunftsfähigen Startups geholfen werden soll.

An seiner Medienkonferenz vom 8. April 2020 hatte der Bundesrat angekündigt, bis Ende April verschiedene Varianten auszuarbeiten, um Startups in Zeiten der Corona-Krise zu unterstützen. War zu diesem Zeitpunkt das spürbar gedrosselte Tempo für die Entwicklung eines Unterstützungs-Pakets enttäuschend, überrascht der Bundesrat an seiner gestrigen Medienkonferenz mit einer vorgezogenen Präsentation der konkreten Pläne.

Die erkannte Dringlichkeit

Verschiedene Exponenten aus mehreren Lagern haben nicht einfach nur Druck gemacht, sondern vielmehr konkrete Vorschläge eingereicht.

Zum Beispiel die Nationalräte Judith Bellaiche und Andri Silberschmidt, welche über die Parlamentarische Gruppe "Startups & Unternehmertum" ein Drei-Punkte-Programm vorgelegt haben. Die Fintechrockers, welche ihre Vorschläge in einem offenen Brief an Bundesrat Ueli Maurer formuliert haben. Von Startup-Experte Nicolas Berg kam ein neuer Ansatz, der eine Startup-Milliarde mit nachhaltiger Rentabilität verbunden hätte. Zahlreiche weitere Exponenten aus dem Schweizer Startup-Ökosystem haben die Dringlichkeit des Handelns mit Argumenten, Fakten und Zahlen untermauert.

Der Bundesrat hält in seinem aktuellen Beschluss fest, dass innovative Startups als wichtiger Erfolgfaktor der Schweizer Wirtschaft bisher nur sehr beschränkt oder gar nicht auf die bestehenden Notmassnahmen des Bundes zurückgreifen konnten. Deshalb hat der Bundesrat in Ergänzung zu den COVID-19-Krediten des Bundes ein zusätzliches Paket geschnürt, um "bei zukunftsfähigen Startups eine durch die Corona-Pandemie verursachte Insolvenz zu vermeiden".

Der Blick auf die bisherigen Massnahmen

Zum Einstieg hält Finanzminister Ueli Maurer fest, dass der Bundesrat daran arbeitet, gute Voraussetzungen für die Zeit nach der Krise zu schaffen. Die Wirtschaft soll gut aufgestellt sein, Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Deshalb hat der Bund, neben weiteren Massnahmen, die Wirtschaft und KMU im Rahmen der COVID-19-Kredite mit sofortiger Liquidität versorgt.

Maurer präsentiert die aktuellen Zahlen: Seit Start des Programms sind 109'000 bewilligte Bürgschaften registriert worden mit einem Kreditumfang von 17 Milliarden Franken. Das Programm läuft weiter, die Phase 1 (Kredite bis CHF 500'000) ist inzwischen offenbar etwas abgeflacht.

Wir kommen in Phase 2, so Maurer, Kredite über CHF 500'000, bei denen die Banken 15 Prozent der Bürgschaft übernehmen. Das Kreditvolumen werde also unmittelbar weiter zunehmen. Den Ausführungen des Bundesrates ist zu entnehmen, dass Kredite zwischen einer halben und 20 Millionen Franken bisher noch eher spärlich beansprucht oder bewilligt worden sind.

Ganz entscheidend wäre, hält Bundesrat Maurer fest, dass die Wirtschaft jetzt mit Liquidität versorgt ist, möglichst rasch in einen normalen Betrieb übergehen kann und dass die Wirtschaft insgesamt weiterlaufen kann.

Der Bundesrat zum Erfolg der bisherigen Massnahmen

Ueli Maurer hält fest, dass das Programm funktionieren würde, Pläne und Durchführung der Soforthilfe insgesamt gut gelungen wären:

Ich glaube, wir sind weltweit das einzige Land, das es in sehr kurzer Zeit fertiggebracht hat, nicht nur grosse Kredite zu sprechen, sondern sie direkt an die Front zu bringen

Ein Blick ins Ausland gibt Maurer recht. Deutschland zum Beispiel hat vergleichbare Programme wie die Schweiz auf die Beine gestellt. Im ersten Anlauf sind die Liquiditätshilfen bei KMUs jedoch nicht oder nur sehr dünn angekommen. Einerseits, weil die Prozesse der Beantragung nicht ganz einfach ausgestaltet waren, vor allem jedoch, weil Banken auch bei Krediten für kleinere Unternehmen einen Teil der Bürgschaft übernehmen mussten – das hat die Kreditprüfung verzögert und die Bereitschaft zur Auszahlung minimiert. Andere Staaten haben ähnliche Erfahrungen gemacht und ihre Programme erst mit Modifizierungen zum Laufen gebracht.

Bundesrat Maurer ist überzeugt, dass das Schweizer Modell der schlanken Prozesse und der Fokus auf schnelle und unkomplizierte Auszahlung der Kredite auch den guten Ruf der Schweiz international gefördert hat. Er verweist darauf, dass Medien und Regierungen aus allen möglichen Ländern, Europa und auch USA, täglich anfragen: Wie macht ihr das, dass das so schnell geht?

Es vergeht tatsächlich kein Tag, an dem wir nicht jemandem erklären, wie man das machen könnte

Auf die Gesundheitskrise folgt die Wirtschaftskrise

Bundesrat Maurer unterstreicht an der Medienkonferenz mehrfach die Bedeutung dieser laufenden Programme:

Das ist ganz entscheidend, weil nach dieser Gesundheitskrise werden wir wohl weltweit von einer Wirtschaftskrise sprechen

Was jetzt passiert, so Maurer, werde Folgen haben, die wir auszubaden hätten. Deshalb ginge es darum, dass die Schweiz hier einen entsprechenden Vorsprung hätte. Darin sieht Bundesrat Maurer einen entscheidenden Standortvorteil, wenn die Wirtschaft in die zweite Hälfte dieses Jahres und ins nächste Jahr einsteigt.

Die Bedeutung des Schweizer Startup-Ökosystems

Bundesrat Ueli Maurer fasst zusammen, welche Bedeutung Innovation, Kreativität, Technologie und damit Startups für den Wirtschaftsstandort Schweiz haben:

"Die Schweiz ist eine der weltweit führenden Nationen, wenn es um Innovationen und Startups geht, zum Beispiel in den Bereichen FinTech, Blockchain-Technologie, Bio-Technologie. Gerade diese Startups in diesen Bereichen spüren die Auswirkungen dieser Wirtschaftskrise auch, weil sich Sponsoren abwenden, weil die langfristige Finanzierung ihrer Projekte fehlt. Wichtig für diese Unternehmen ist, dass sie diese Phase überwinden können. Es wird in den nächsten Jahren ein entscheidender Vorteil sein für die Schweiz, dass wir im innovativen Bereich weiterhin zur Weltspitze gehören."

Nun haben diese Startup Probleme – wir haben jetzt eine Lösung, um sie zu unterstützen

Maurer verweist darauf, dass es nicht um ein Liquiditätsproblem gehen würde, dass Startups mit Geld für zwei, drei Monate nicht geholfen wäre. Deshalb würden die Bürgschaften nicht genügen, welche der Bundesrat gesprochen hat. Startups brauchen, so Maurer, eine Finanzierungssicherheit über einige Jahre, damit sie ihre Projekte weiterführen können.

Das Unterstützungs-Paket für Schweizer Startups

Das vom Bundesrat geschnürte Paket für Startups stellen wir in den Grundzügen und mit den bisher bekannten Informationen im Folgenden vor. Die eingestreuten Zitate stammen durchwegs von Finanzminister Ueli Maurer, geäussert an der Medienkonferenz vom 22. April 2020.

Die gesetzliche Grundlage
Der Bundesrat baut nicht auf Notrecht, sondern auf das Bürgschaftsgesetz aus dem Jahre 2006.

Der Spielraum
Dieses Gesetz sieht vor, dass pro Unternehmen maximal 1 Million Schweizer Franken ausgerichtet werden kann. Die Rückzahlungsfirst muss zwischen der Bank und dem Startup vereinbart werden, Maurer benennt einen Spielraum von etwa zehn Jahren.

Das Ziel
Der Bundesrat will sofort agieren und helfen, Sicherheit schaffen, Impulse geben und damit den Boden legen, um weitere Investoren für nächste Finanzierungsrunden zu motivieren. Mit dem aktuellen Paket soll die "Durchhaltefähigkeit" für Startups im kreativen und innovativen Bereich geschaffen werden. 

Wie viel ist im Topf?
Vorläufig werden 154 Millionen Schweizer Franken zur Verfügung stehen. Das vorangestellte "vorläufig" präzisiert Maurer mit folgender Bemerkung:

Grundsätzlich hätten wir noch mehr Kredite im Budget im Rahmen dieses Bürgschaftswesens – wir schauen einmal, wie das anläuft

Wer bürgt für die Kredite?
Die Bürgschaften werden im Verhältnis von zwei und einem Drittel aufgeteilt: 100 Millionen sind beim Bund, 54 Millionen bei den Kantonen angebunden. Die Kantone können sich aus dem Spiel nehmen, indem sie Dritte bringen, also Investoren, welche die Verantwortung übernehmen.

Warum sind die Kantone mit im Spiel?
Die Kantone sind näher und können beurteilen, wie kreativ und wie gut ist ein Startup, wie sind die Zukunftsaussichten, wie gross ist das Potenzial eines Startups?

Der Kanton Genf beispielsweise hat sein Gesetz bereits verabschiedet, wir arbeiten an den Details

Wie können Startups Unterstützung beantragen?
Der Bund hat ein Commitment mit den Kantonen abgesprochen: Startups, die Unterstützung brauchen, wenden sich an ihren Kanton. Der Kanton prüft den Antrag und beurteilt, ob ein Startup Zukunftspotenzial hat – diese Beurteilung erfolgt gemeinsam mit Innosuisse, mit Leuten vom WBF oder mit weiteren Experten.

Ist das Startup innovativ, hat das Konzept Potenzial und fällt die Beurteilung positiv aus, kann das Startup unterstützt werden. Ein Drittel des ausbezahlten Kredits übernimmt der Kanton als Bürgschaft innerhalb der Bürgschaftsgenossenschaft und zwei Drittel übernimmt der Bund. Die Auszahlung der Unterstützung erfolgt auf Basis der gesprochenen Bürgschaft dann über die Bank des Startups.

Mit diesem Bürgschaftswesen ersetzen wir Investoren, die im Moment den Schnauf etwas verloren haben, um hier zu unterstützen, da springt der Bund zusammen mit den Kantonen ein

Ab wann stehen die Kredite zur Verfügung?
Das vorgestellte Projekt wird Ende April 2020 aktiv sein und ab Ende April können die ersten Beträge ausgerichtet werden – sofern die Gesuche dann auch vorliegen. Bundesrat Maurer geht davon aus, dass dies der Fall sein wird.

Wichtig ist auch hier, das Geld muss sofort fliessen, man muss sich darauf verlassen können

Die Details
Das Projekt steht in den Grundzügen und mit den in diesem Artikel ausgeführten Informationen. Details sind nach Bundesrat Maurer noch in Ausarbeitung und werden rechtzeitig vorgestellt.

Das Schlusswort von Bundesrat Ueli Maurer

Wichtig ist, wir schaffen hier nicht eine vorübergehende Lösung, sondern wir schaffen eine langfristige Lösung auf bestehenden Gesetzen, die funktionieren – wir arbeiten mit den Kantonen zusammen, wir wollen Innovation fördern und wir wollen Sicherheit über eine längere Phase schaffen


Die Medienkonferenz des Bundesrates vom 22. April 2020

Bundesrat Alain Berset, Vorsteher Eidgenössisches Departement des Innern (EDI), Bundesrätin Viola Amherd, Vorsteherin Eidgenössisches Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), Bundesrat Ueli Maurer, Vorsteher Eidgenössisches Finanzdepartement (EFD).