Hopes and Fears: Wie denken Schweizerinnen und Schweizer über ihre Jobs und ihre Zukunft?

Mann, nachdenklich, bei der Arbeit in einer Halle
Bild: Getty Images | Drazen Zigic

Die Studie "Hopes and Fears" liefert einige sehr bemerkenswerte Einsichten – Fears scheinen gegenüber Hopes an Kraft zu gewinnen.

Das Beratungsunternehmen PwC befragt jedes Jahr 54'000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in 46 Ländern, wie sie sich im Umfeld von Job, Team, Chef und Lohn fühlen. Über 1'000 der Befragten arbeiten und leben in der Schweiz – deshalb liefert die "Hopes and Fears"-Studie ein gutes Abbild der Befindlichlichkeit von Angestellten in der Schweiz.

Mehr Hopes, mehr Fears – oder von allem etwas?

Die diesjährige Studie zeichnet ein eher eingetrübtes Bild zur Stimmungslage der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz. Einige bemerkenswerte Resultate vorweg, die zu denken geben.

  • Jede oder jeder vierte Schweizer Angestellte hat mehr als einen Job – viele davon, weil sie sonst ihre Rechnungen nicht bezahlen können 
  • Sparen ist nur für wenige möglich: Schweizweit haben nur 38 Prozent der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Monatsende noch Geld übrig 
  • Kein Vertrauen: Ein Drittel glaubt, dass ihr Arbeitgeber die nächsten zehn Jahre nicht überleben wird, wenn er die aktuelle Strategie weiterverfolgt 
  • Nur jede oder jeder dritte Schweizer Angestellte fühlt sich fair bezahlt

Ja, einige erfreulichere Einsichten gibt es auch. Dennoch fällt auf, dass im Vergleich zu früheren Studien das Hoffnungspotenzial tendenziell erodiert.

Schweizerinnen und Schweizer fragen seltener nach Lohnerhöhungen

Nur ein Drittel der Angestellten fühlt sich fair bezahlt. Dennoch fordern Schweizerinnen und Schweizer im weltweiten Vergleich seltener einen höheren Lohn. Lediglich etwa ein Drittel möchte im kommenden Jahr nach einer Gehaltserhöhung fragen. Dröselt man die Antworten nach Generationen auf, sieht es anders aus: Rund die Hälfte der Gen Z plant, im kommenden Jahr eine Gehaltserhöhung zu fordern. Bei den Baby Boomern liegt dieser Wert viel tiefer, nämlich bei bescheidenen 20 Prozent.

Mehr als ein Viertel möchte im kommenden Jahr den Arbeitsplatz wechseln

Trotz Besorgnis über die wirtschaftlichen Perspektiven dürfte sich "The Great Resignation" fortsetzen. Gut jede oder jeder Vierte (28 %) möchte innerhalb des nächsten Jahres den Arbeitsplatz wechseln. Im Jahr 2022 war es noch jede oder jeder Fünfte. Gründe für einen Arbeitsplatzwechsel sind unter anderem unzureichendes Gehalt, Überarbeitung oder Probleme mit der Unternehmenskultur – nur 46 Prozent würden ihren Arbeitsplatz weiterempfehlen. Auch hier auffallend: besonders wechselfreudig ist die Generation Z (42 %).

Fazit in Kombination mit der Frage nach Lohnerhöhungen: die eine (knappe) Hälfte der Generation Z will mehr Lohn, die andere Hälfte will den Arbeitgeber wechseln.

Zukunftsängste und wenig Vertrauen in den eigenen Arbeitgeber

Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sorgen sich um ihre Zukunft. Ein Drittel der Befragten glaubt, dass ihr Unternehmen die nächsten zehn Jahre nicht überleben wird, wenn es an der aktuellen Strategie festhält. Bei Befragten mit Management-Funktion und Angehörigen der Gen Z glaubt sogar die Hälfte an einen Niedergang des Arbeitgebers in den nächsten zehn Jahren oder weniger.

Zudem denken mehr als vier von zehn Befragten, dass ihre Arbeitgeber sich nicht genügend für den Klimaschutz einsetzen. 

Frauen sind im Job unzufriedener als Männer 

Die allgemeine Jobzufriedenheit liegt in der Schweiz mit 56 Prozent leicht höher als im weltweiten Vergleich – allerdings mit deutlichen Unterschieden bei den Geschlechtern: Frauen sind rund 10 Prozent unzufriedener als Männer. «Trotz positiven Tendenzen hinken Schweizer Arbeitgeber ihren internationalen Pendants oft hinterher, wenn es darum geht, ihre Arbeitsplätze vielfältiger und integrativer zu gestalten und Frauen in Führungspositionen zu befördern», erklärt Adrian Jones, Partner and Co-Lead People & Organisation Consulting bei PwC Schweiz. «Die Studienergebnisse zeigen, dass in der Schweiz noch viel getan werden muss, um das Arbeitsumfeld und damit die Zufriedenheit von Frauen zu verbessern».

Führungskräfte fördern keine Innovationen, sie stehen ihnen im Weg

Nur vier von zehn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Schweiz sind der Meinung, dass ihr Vorgesetzter Meinungsverschiedenheiten und Debatten fördert. Diese 40 Prozent sind zwar mehr als weltweit, aber immer noch besorgniserregend wenige. Ausserdem mangelt es Schweizer Vorgesetzten im weltweiten Vergleich stärker an wichtigen Führungsqualitäten – beunruhigendes Fazit:

Weniger als die Hälfte der Schweizer Befragten denkt, dass ihre Vorgesetzten fair, kompetent, kommunikativ und ehrlich sind. Und nur rund die Hälfte hat das Gefühl, bei der Arbeit sich selbst sein zu können. Es muss offenbar noch einiges getan werden, um Arbeitsumgebungen zu schaffen, die Erfüllung und Autonomie bieten.  

Wird Künstliche Intelligenz als Chance oder als Gefahr gesehen?

Grundsätzlich denken Schweizer Angestellte, dass Künstliche Intelligenz (KI) überwiegend positive Auswirkungen auf ihre Jobs haben wird. Ein Drittel erwartet dadurch eine Produktivitätssteigerung und jede oder jeder Fünfte erhofft sich, durch KI wertvolle neue Fähigkeiten erlernen zu können. Nur 11 Prozent fürchten einen Jobverlust durch KI. 

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wissen nicht, welche Kompetenzen gefordert werden  

Das Wirtschafts- und Arbeitsumfeld verändert sich momentan rasant. Doch nur ein Drittel der Schweizer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat eine klare Vorstellung davon, wie sich ihre Fähigkeiten in den nächsten fünf Jahren verändern werden – klar weniger als weltweit.

Die Studie legt zudem deutliche Unterschiede zwischen den Qualifikationen offen: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Fachkenntnissen haben viel eher ein Gespür dafür, wie sich ihre Fähigkeiten verändern werden (50 %) als diejenigen ohne Fachkenntnisse (12 %). Überdies benötigen Letztere mehr Unterstützung, um sich an Veränderungen anzupassen. Es gibt immer mehr Anzeichen dafür, dass auch in der Schweiz eine "Zwei-Klassen-Belegschaft" entsteht. 

Führungskräfte mit Visionen sind gefragt

Insgesamt hat die Studie ergeben, dass Unternehmen ihre Angestellten weder als selbstverständliche Grösse sehen noch als "selbstfunktionierende" Ressource behandeln dürfen. «Führungskräfte müssen eine Vision für ihr Unternehmen entwickeln, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzubeziehen und zu inspirieren – insbesondere diejenigen, die etwas hinterherhinken», erklärt Myriam Denk, Partnerin und Co-Lead People & Organisation Consulting bei PwC Schweiz. «Dies wird für Unternehmen von entscheidender Bedeutung sein, um den kompletten Talentpool zu erschliessen und eine erfolgreiche Transformation zu vollziehen».

Die Studie zum Runterladen

Die aktuelle Studie "Global Workforce Hopes & Fears" – mit den Resultaten für die Schweiz – geht in den Einsichten auf 44 Seiten noch breiter und tiefer. Der Report kann gegen die Angabe der eigenen Adressdaten als PDF direkt bei PwC kostenlos runtergeladen werden – über den Link gleich unten.