Internationale Geldtransfers

Moneytransfer: Wer beisst bei den Gebühren herzhaft zu?

Ein Bündel Dollarschein mit Gebissabdruck
Bild: Anoshkin | Getty Images

Atlantic Money ist der Meinung: alle – und liefert eine neue Antwort. Das Startup greift bei Auslandsüberweisungen mit pauschalen Tiefpreisen an.

Auslandsüberweisungen in verschiedenen Währungen können in Sachen Gebühren ganz schnell ins Geld gehen. Klassische Banken haben sich bei internationalen Geldtransfers in der Regel weder tiefen Gebühren noch Tempo verschrieben – Auslandsüberweisungen bleiben teuer und kosten oftmals ein Mehrfaches im Vergleich zu den Services von FinTechs wie Wise, Revolut und anderen.

Diese grossen Unterschiede hängen nicht in erster Linie mit den offen ausgewiesenen Gebühren zusammen, vielmehr mit den von Banken angewendeten Fremdwährungskursen, die für Kunden vielfach sehr ungünstig ausgelegt sind. Deshalb kommt bei den Empfängern, im Vergleich zu den Angeboten der FinTech-Anbieter, oftmals deutlich weniger Geld an.

Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel Wise seit seiner Gründung 2011 über 15 Millionen Kunden an Bord geholt hat, welche jedes Jahr Milliardenbeträge in 50 Währungen rund um die Welt transferieren. Platzhirsch Wise hat sich im Bereich der Auslandsüberweisungen einen guten Namen gemacht und arbeitet, im Gegensatz zu vielen anderen FinTechs, bereits seit Jahren profitabel.

Der jüngste Anbieter greift nicht Banken an, er findet das Haar in der Suppe der FinTechs

Das FinTech Atlantic Money lässt in seinen Kostenvergleichen klassische Banken von Anfang an aussen vor. Das Startup vergleicht sich nur mit spezialisierten FinTechs wie Wise, Revolut, Transfer Go, World Remit und anderen. Auch da glauben die Gründer ein interessantes Haar in der Gebühren-Suppe gefunden zu haben.

Variable Gebühren, abhängig von der jeweiligen Höhe der überwiesenen Geldbeträge, benachteiligen die Kunden, sagen die Gründer von Atlantic Money, sie dienen nur der Ertragsmaximierung der FinTechs. Das Startup vertritt die Haltung, dass variable Gebühren nicht gerechtfertigt sind, weil der Transfer von 1 Million Euro nicht mehr Aufwand oder höhere Gebühren verursachen würde, als die Überweisung von 1'000 Euro.

Deshalb operiert Atlantic Money mit dem schlanken Angebot einer pauschalen Gebühr von 3 Euro oder Pfund pro Überweisung, solange der überwiesene Betrag 1 Million nicht übersteigt. Faire Wechselkurse gehören mit dazu, diese werden pro Überweisung auch explizit ausgewiesen. Wie sich diese aggressive Preisgestaltung in unterschiedlichen Gebühren ausdrückt, zeigt das FinTech in einer Vergleichsübersicht.

Ergibt sich bei Auslandsüberweisungen unterhalb von 1'000 Euro teilweise noch ein anderes Bild, steht bei Überweisungen ab 1'000 Euro Atlantic Money nach den Berechnungen des FinTechs ungeschlagen an der Spitze der Tiefpreisanbieter. Je höher die überwiesene Summe, desto deutlicher fallen die Differenzen aus, weil der neue Kampfanbieter bei 3 Euro verharrt, während andere Anbieter summenbezogen flexibel operieren.

Atlantic Money bezeichnet die flexiblen Kosten anderer FinTechs salopp als "Konstruktionsfehler". Patrick Kavanagh, Mitgründer von Atlantic Money, lobt und rüffelt die "erste Generation der FinTechs" in einem Atemzug und sagt:

Die erste Generation der FinTechs wie Wise, Revolut oder Paypal hat zwar grossartige Arbeit im Markt geleistet, allerdings bestrafen sie durch ihre flexiblen Kosten die Nutzer, die viel und häufig Geld ins Ausland schicken müssen. Mit unserer fixen Gebühr von 3 Euro pro Überweisung ist das nicht mehr der Fall.»

Das FinTech ist überzeugt, ein Angebot geschaffen zu haben, mit dem keiner der etablierter Anbieter mithalten kann.

Wo steht Atlantic Money heute?

Für konrkete Zahlen ist es noch zu früh, das Startup ist noch nicht mal ein Jahr im Markt. 

Das angriffslustige FinTech, 2021 gegründet, ist seit März 2022 in Grossbritannien und Nordirland aktiv und wird dort von der Financial Conduct Authority (FCA) reguliert. Im Juni 2022 erhielt das Unternehmen seine offizielle EU-Lizenz bei der National Bank of Belgium (NBB), ist seit August 2022 in Deutschland aktiv und hat innerhalb weniger Monate die weitere EU-Expansion abgeschlossen – die Services von Atantic Money stehen nun in 29 Ländern zur Verfügung.

Aktuell bietet Atlantic Money Überweisungen von Euro und Pfund in neun Währungskorridore wie US-Dollar oder Australischer Dollar an. Das FinTech arbeitet nach eigenen Aussagen daran, bald schon weitere Währungen anbieten zu können.

Wer steht hinter Atlantic Money?

Das Startup Altantic Money ist in mehrfacher Hinsicht ein interessantes FinTech. Zum einen wegen seinem Geschäftsmodell und dem Versprechen, internationale Überweisungen unschlagbar günstig zu Pauschalpreisen auszuführen. Die erste Hürde, die Ära der variablen Gebühren zu beenden, hat das FinTech für sich selbst schon mal genommen. 

Zum anderen fallen die beiden Gründer durch eine Mischung aus rotzfrecher Dreistigkeit und Humor auf – über den aber wahrscheinlich nicht alle lachen können. Zumindest dürfte der angeprangerte "Konstruktionsfehler" im Konzept der etablierten FinTechs nicht überall gut ankommen. Auch die selbstbewusste Bemerkung, dass FinTechs wie Wise, Revolut oder Paypal einen guten Job im Markt gemacht hätten, jetzt aber die Zeit gekommen wäre, dass ein Startup mit der richtigen Rezeptur den Markt übernimmt, wird auf eher verhaltenen Beifall stossen.

Aussergewöhnlich ist, dass Atlantic Money sich nicht in die Kolonne der bestehenden FinTechs einreiht, sondern diese Pioniere ziemlich frontal angreift. Die Gründer Patrick Kavanagh und Neeraj Baid scheinen sich ihrer Sache sehr sicher zu sein. Einige namhafte Investoren offenbar ebenso, hinter Atlantic Money stehen die Investoren Amplo, Ribbit, Index Ventures, Kleiner Perkins, Elefund, 20VC, Day One Ventures und die Gründer von Robinhood, die insgesamt 7,5 Millionen US-Dollar in der Seed-Finanzierungsrunde investiert haben.

Apropos Robinhood: Die beiden Gründer gehörten zu den ersten Mitarbeitern von Robinhood und haben den amerikanischen Neo-Broker mit aufgebaut. Sie wissen deshalb, wie Startup und FinTech geht. Und sie wissen ebenfalls, dass vollmundige Versprechen zwingend und überprüfbar eingelöst gehören, damit Interesse in nachhaltigen Erfolg umgewandelt werden kann.

Erster Zoff zwischen Wise und Atlantic Money

Platzhirsch Wise stellt Nutzerinnen und Nutzern Preisvergleichstabellen zur Verfügung, welche die Angebote der Konkurrenz mit einschliessen. Wise hat Atlantic Money aus diesen Preisvergleichen entfernt. Aufgrund dieser Verbannung stelt Atlantic Money seine Wettbewerbs-Kanonen gegen Wise auf.

Den Rauswurf beantwortet Atlantic Money mit einer Beschwerde und einem offiziellen Brief an die Wettbewerbsbehörde des Vereinigten Königreichs (CMA), in dem Atlantic Money Bedenken gegenüber den Praktiken des börsengelisteten Technologieanbieters Wise formuliert.

Wise hätte Atlantic Money aus den Vergleichsübersichten verbannt, trotz des jahrelangen, öffentlichen Versprechens, die Angebote günstigerer Konkurrenten anzuzeigen. Zudem, so Atlantic Money, hätte Wise dem neuen Konkurrenten den Zugang zu externen Vergleichsseiten für Auslandsüberweisungen verweigert, die zuvor von Wise aufgekauft worden sind. Atlantic Money wittert Unrat, weil: aufgrund seines pauschalen Preises sei der neue Herausforderer bei allen Transaktionen über 1'000 Euro in den angebotenen Währungen günstiger als Wise. Dieser Umstand, vermutet Atlantic Money, wäre Wise ein Dorn im Auge.

Atlantic Money fordert deshalb, dass Wise "rationalere Zulassungkriterien" einführt und diese seinen Kunden auch mitteilt. Aufgrund dieser Kritieren, so die Gründer, müsste Atlantic Money dann auch wieder gelistet werden.

Wise kommentiert den Rauswurf von Atlantic Money aus den Preisvergleichen mit folgenden Worten:

„Wir sind wirklich stolz darauf, das Vergleichstool als Teil unserer Website zu betreiben, und wir haben keine Bedenken, billigere Konkurrenten aufzulisten. Das haben wir jahrelang gemacht und wir tun es weiterhin. Wir haben uns aus einer Reihe von betrieblichen Gründen entschieden, Atlantic Money vorerst zu entfernen – und auch aufgrund von Anfragen unserer Kunden zu ihrem Geschäft. Wir nehmen Beschwerden sehr ernst.“

So viel zum ersten Zoff und einem momentan gestörten Burgfrieden in den Reihen der FinTechs, die Auslandsüberweisungen rund um den Globus kostengünstig anbieten.