Neo-Banken

Die Musik spielt bei den Neo-Banken: Yuh erhöht Sparzinsen auf Leitzins-Niveau

Zielscheibe mit mehreren Pfeilen, die ins Schwarze getroffen haben
Bild: peterschreiber.media | Getty Images

Die Neo-Bank Yuh bestätigt ihre Vorreiterrolle und hebt ihre Sparzinsen auf das Niveau der Schweizerischen Nationalbank.

Die Neo-Bank der Bank Cler, Zak, hat gestern Sparzinsen von 0.3 Prozent eingeführt. Ob nun dieser höhere Zins den Yuh-Verantwortlichen ein Dorn im Auge war oder ganz andere Strömungen zur erweiterten Grosszügigkeit geführt haben: Yuh zieht nicht nur einfach nach, die Neo-Bank geht mit 0.5 Prozent gleich auf das Niveau des neu festgesetzten Leitzinses der SNB.

Ist das nun verwegen, ökonomischer Selbstmord, empathisch und deshalb den Nöten breiter Bevölkerungsgruppen angepasst, ist das mutig oder schlicht cleveres Marketing? Die Frage darf im Moment offenbleiben, die Antwort wird der Markt liefern.

Zuerst ein Blick auf das Umfeld eines Startups, das seit erst knapp eineinhalb Jahren im Markt operiert und in dieser kurzen Zeit bereits mehrmals durch aussergewöhnliche Aktionen und Massnahmen aufgefallen ist.

Von grossen Banken, die ihre Startup-Töchter nicht gängeln

Yuh, die Startup-Tochter von Postfinance und Swissquote, ist deutlich grösszüger als ihre behäbigen Mütter. Letztere haben sich erst dazu durchgerungen, ihre Kundinnen und Kunden von Strafzinsen zu befreien. Das war nach der Leitzinserhöhung der SNB letzte Woche auch kaum vermeidbar, die Ära der Negtivzinsen ist vorbei. Positive Zinsen sind bei beiden Banken noch nicht im Gespräch oder in Planung, die eigene Marge bleibt im Vordergrund.

Yuh war der erste Player in der Schweiz, der den Leitzinsentscheid der SNB vorweggenommen hat und einige Wochen vorher die Tugend der Sparzinsen für Kundinnen und Kunden wieder eingeführt hat. 

Der Neo-Bank-Spross der beiden grossen Banken hat mit diesem Schritt einmal mehr bewiesen, dass Postfinance und Swissquote nicht den Fehler begehen, sich ein Startup ohne Startup-Freiheiten zu halten. Yuh wird von den Müttern ohnehin nicht gehalten, sondern agiert als Startup, FinTech und Neo-Bank nach eigenen Regeln, die Mütter schwatzen nicht rein und legen dem jungen Startup offensichtlich auch keine Bremsklötze auf die Schienen. Diese kluge Strategie ist fast so viel wert wie die bis anhin noch vermissten Sparzinsen. Postfinance und Swissquote können immerhin mildernde Umstände geltend machen und auf ihre ausnehmend grosszügige Tochter verweisen.

Diese Freiheiten geben Yuh den Raum, als progressive und innovative Neo-Bank zu agieren. Spielräume, die von Yuh auch genutzt werden. Durch diese Weitsicht der Muttergesellschaften erhöhen sich die Chancen, dass ihre Investition in ein Startup mittelfristig deutlich grössere Früchte trägt im Vergleich zu einer Startup-Tochter, die an der kurzen Leine gehalten wird. Ein Startup an kurzer Leine trägt ein anderes Gewand und kommuniziert etwas frischer, benimmt sich aber darüber hinaus  ähnlich wie seine grossen Mütter, nur eben in Klein. Ein Startup ohne enges Korsett kann deutlich höher und weiter fliegen, sofern Piloten und Crew wissen, wie fliegen geht und auch einer durchdachten Flugroute folgen. Das scheint bei Yuh der Fall zu sein.

Möglicherweise deshalb haben Leserinnen und Leser von MoneyToday.ch in unserer Umfrage vor einigen Monaten der Neo-Bank Yuh die grössten Chancen eingeräumt, sich in drei Jahren erfolgreich im Markt etabliert zu haben.

Sparzinsen werden wieder zum Marketing- und Kundengewinnungs-Instrument

Nach der ersten Pioniertat der vorgezogenen Sparzinsen, landet Yuh nun den zweiten Coup: die Neo-Bank toppt das Angebot von Zak und verzinst die Bargeldbestände ihrer Kunden bis zu 100'000 Franken, Euro oder Dollar mit 0.5 Prozent. Damit verdoppelt Yuh das bisherige Zinsangebot und geht auf das Niveau des Leitzinses, den die SNB letzte Woche festgelegt hat.

Yuh macht dabei keinen Unterschied zwischen Zahlgeld und Spargeld, der neue Zinssatz gilt für alle Bargeldbestände, die auch jederzeit und beliebig verschoben werden können. Was an Cash auf dem Konto liegt, in welcher Form auch immer, wird mit einem halben Prozent verzinst. So viel Flexibilität und Zinsenfreuden dürften bestehende und vor allem neue Kunden zu schätzen wissen. Dieser Meinung ist auch der CEO von Yuh, Markus Schwab. Er will für seine Community Zeichen setzen, gerade in Zeiten von Inflation und wirtschaftlichen Unsicherheiten. Schwab meint, nicht ohne Stolz:

Indem wir die Zinsen für alle Währungen auf 0.5 Prozent setzen, gehen wir bei dieser Anhebung als bisher einziges Finanzinstitut im Gleichschritt mit der SNB

Der Stolz ist auch insofern gerechtfertigt, als der Yuh-CEO ein Gespür für die Wünsche und Erwartungen von Konsumentinnen und Konsumenten hat – und auch eine Nase für Marketing. Warum das eine wie das andere gute Ernten in Form von Neukunden einspielen könnte, haben wir bereits mehrmals ausführlich besprochen, zum Beispiel hier und hier.

Sicher ist: das Rennen um neue Kundinnen und Kunden ist bereits seit längerem eröffnet, in diesen Tagen wird allerdings das Tempo sichtbar erhöht. Die Neo-Bank Yuh hat sich aktuell zur Taktgeberin im Karussell der Sparzinsen gemacht – das kann andere Banken beschäftigen, vor allem jedoch Konsumentinnen und Konsumenten interessieren. Allen voran jene, die in den letzten Jahren mit Negativzinsen in die Pflicht genommen worden sind und deshalb nach der Zinswende wenig bis kein Verständis dafür aufbringen, wenn sie an steigenden Zinsen nicht mitbeteiligt werden.

Zu den in Foren und Kommentaren aktuell meistgestellten Fragen gehört: "Warum gibt mir meine Bank keine Zinsen, jetzt wo die Zinsen wieder steigen?". Keine Zinsen zu geben, kann Margen erhöhen, aber auch Kunden kosten. Der Yuh-CEO weiss das und pokert mit Bedacht in die andere Richtung.