Eine aktuelle Studie hat den Puls der digitalen Kundenschnittstellen genommen und Noten verteilt – es gibt noch viel zu tun.
Die Versicherungsstudie 2019 präsentiert ein aktuelles Digitalisierungs-Ranking der Schweizer Sach- und Krankenversicherer – nicht aus Experten- sondern richtigerweise aus Kundensicht.
Konkret also festgemacht an den Wünschen und Bedürfnissen von digital affinen Kunden, das heisst, eher jüngeren Kundengruppen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass zwischen dem Digitalisierungsgrad der Kundenschnittstelle und den Erwartungen der Kunden noch überraschend grosse Lücken klaffen.
Das birgt Risiken, weil InsurTechs und neue Anbieter mit flexiblen Angeboten Anlauf holen und bestehende Lücken werden.
Die Resultate nach Punkten der übrigen 13 Versicherer liegen im Schnitt bei 72.9, der Spitzen-Verlierer dümpelt bei trüben 57.6 Punkten. Da ist noch viel Luft nach oben und viel zu tun.
Erstaunliche Resultate. Vor allem, wenn man sich nochmals die Ansprüche der Kunden vor Augen führt, die aktuell noch nicht allzu hoch fliegen.
Studienleiter Anup Nastik gibt denn auch nüchtern zu Protokoll:
Die Studie zeigt, dass der Digitalisierungsgrad einer Kundenschnittstelle nicht zwingend auf das Kundenbedürfnis abgestimmt ist
Wir wagen eine Interpretation
Dieser leicht resigniert anmutenden Aussage des Studienleiters möchten wir mit Überzeugung hinzufügen:
Ist der Digitaliserungsgrad in weiten Teilen tatsächlich nicht zwingend auf das Kundenbedürfnis abgestimmt, dürfte das bald schon und eher zwingend einen Kunden-Exodus zur Folge haben. Zumal, wir wiederholen uns vorsätzliich, die von den befragten Kunden formulierten Ansprüche noch im Bereich der Pflicht angesiedelt sind, weit entfernt von einem Kürlauf.
Was im Zentrum steht
Die Studie unterstreicht, dass Kunden die gesamte Kette von Information und Möglichkeiten, vom Abschlussprozess über Rechnungen und Mutationen bis hin zur digitalen Schadenabwicklung komfortabel und logisch online auf einer Plattform haben wollen.
Ebenfalls interessant, auf den ersten Blick überraschend, auf den zweiten dann nachvollziehbar: Der Abschluss einer Versicherungspolice wird auch von digital affinen Kunden vorzugsweise über den Desktop durchgeführt, nicht übers Smartphone. Das heisst für Versicherer, dass ihre Plattformen responsive funktionieren müssen, damit Kunden wählen können, was sie über den PC oder übers Smartphone managen möchten.
Die Ansprüche der Kunden werden zunehmen
Baloise, AXA und CSS legen vor und etablieren damit ein Level, an das sich Kunden sehr schnell gewöhnen werden. Neue Anbieter drängen in den Markt mit Produkten und Lösungen, welche Wünsche der Kunden teilweise vorwegnehmen. InsurTechs im In- und Ausland liefern Lösungen, welche Versicherungsprodukte aus dem Silo der ungeliebten Notwendigkeiten herausholen, weil sich die Produkte flexibel, nützlich und smart präsentieren.
In der Schweiz ist Postfinance kürzlich mit einer Autoversicherung gestartet, welche in Angebot, Preisgestaltung und Komfort der Online-Plattform die formulierten Wünsche der Kunden erfüllt und übertrifft. Weitere Angebote und Anbieter werden folgen und damit der Versicherungslandschaft von heute schon morgen ein neues Gesicht geben.
Wer's bis dahin nicht geschafft hat, "den Digitalisierungsgrad der Kundenschnittstelle auf das Kundenbedürfnis abzustimmen", dürfte einen schweren Stand haben.
Angaben zur Studie
Die repräsentative Studie "Digitalisierungs-Ranking 2019" ist in einer Kopoperation von Zühlke, Horváth & Partner, dem Link Institut und der Hochschule für Wirtschaft Zürich HWZ durchgeführt worden. Bei der Studie sind öffentlich zugängliche Messpunkte von 16 Schweizer Versicherern qualitativ und quantitativ beurteilt und mit den Erwartungen der Kunden verglichen worden.