Tokenisierte Aktien: Neue Finanzierungs-Chancen für Startups und KMU

Historische Aktienzertifikate aus den USA
Bild: Getty Images | tupungato

Seit zwei Jahren ist es in der Schweiz ausdrücklich möglich, Aktien als blockchain-basierte Token, als sogenannte Registerwertrechte, auszugeben.

Initial Coin Offerings (ICOs) haben für Unternehmen bereits zuvor das Potenzial der Kapitalbeschaffung über die Blockchain aufgezeigt, allerdings mit dem Nachteil, dass Token-Inhaber keine durchsetzbaren Rechte hatten.

Mit Aktien-Token ist jedoch ein Security Token Offering (STO) möglich, das den Investoren und den Aktionären klare durchsetzbare Rechte gibt. Das verschafft Unternehmen neue Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung in einem regulierten Umfeld.

Über einen STO oder Token Sale werden Token ausgegeben und verkauft, welche den Investoren ein Anteilsrecht am ausgebenden Unternehmen einräumen. An STOs als Finanzierungsrunde für Unternehmen können sich institutionelle wie auch private Investoren beteiligen.

Im Gegensatz zum ICO erwirbt der Käufer und Investor nicht nur ein Versprechen oder einen mehr oder weniger klar definierten Nutzen über Utility Tokens, sondern erhält mit dem STO, dessen Ausgabe reguliert und damit kontrolliert ist, auch bedeutend mehr Sicherheit.

Security Token als "Wertpapier"

Tokenisierte Aktien repräsentieren Vermögenswerte gegenüber dem Emittenten und versprechen beispielsweise einen Anteil am Unternehmensgewinn oder an künftigen Kapitalflüssen. Sie entsprechen traditionellen Aktien. Auch Token, die den Handel mit physischen Vermögenswerten auf der DLT oder der Blockchain ermöglichen, fallen unter die Kategorie von digitalen Assets. Ein solcher Security Token wird unter gewissen Bedingungen im Schweizer Finanzrecht als Wertpapier eingestuft.

Interessant für innovative und technik-affine Startups oder KMU

Mit dieser neuen Rechtssicherheit wird die tokenisierte Ausgabe von Aktien für innovative und technik-affine Startups oder KMU äusserst interessant. Zudem kann neben dem Primärmarkt auch ein Zugang zu einem Sekundärmarkt geschaffen werden, der ebenso auf der Distributed Ledger Technology (DLT) basiert. Beides ermöglicht einen sicheren, günstigen und transparenten Kauf oder Verkauf von tokenisierten Aktien für Endanleger.

Für die Unternehmen kann die Finanzierung über ein STO im Vergleich zu traditionellen Finanzierungs-Methoden erheblich schlanker und mit wesentlich weniger strukturellem Aufwand erfolgen. Sie können von Effizienzgewinnen im Lebenszyklus und dem Übertrag der Token profitieren. So benötigt ein STO im Gegensatz zu traditionellen Finanzierungsquellen nicht unbedingt einen Finanzintermediär.

Vorteile bei der Kapitalbeschaffung

Ein wichtiger Vorteil bei der Kapitalbeschaffung im Primärmarkt über STO sind gerade die niedrigen Kosten, die für die ausgebenden Unternehmen und für die Investoren anfallen. Dadurch, dass zahlreiche Intermediäre ausgeschaltet und aufreibende Prozesse verhindert werden können, sind der Verwaltungsaufwand und die Kosten für jeden einzelnen Emissionsschritt deutlich geringer.

Günstiger, bequemer, einfacher, schneller

Der Zugang zu Kapital wird dadurch für Unternehmen günstiger und der Investitionsvorgang wird für Anleger bequemer. Dazu kommt für die Investoren eine einfache und rasche Übertragbarkeit im Sekundärmarkt: Die DLT-basierte Abwicklung erhöht die Transaktionsgeschwindigkeit substanziell, sodass Token und digitale Anteile äusserst schnell und unkompliziert übertragen werden können.

Tokenisierte Aktien können weltweit rund um die Uhr und ortsunabhängig mit einem einfachen Investor Onboarding übertragen werden, was eine Investorenreichweite über etablierte Netzwerke hinaus ermöglicht. Gerade KMU können so ein breiteres Publikum an Neuaktionären erreichen.

Mit der Einführung des neuen Aktienrechtes, in Kraft seit 1. Januar 2023, sind auch digitale Generalversammlungen möglich und sowohl die Registrierung als auch die Abstimmungen können mit den Tokens durchgeführt werden. Auch eine Kapitalerhöhung gestaltet sich digital einfach und schnell.

Darüber hinaus können im Hinblick auf einen Exit oder Verkauf des Unternehmens bei tokenisierten Aktien spezielle Verkaufsklauseln direkt via Blockchain eingebaut werden und den Prozess zusätzlich vereinfachen.


Die Autoren

Dr. Lars A. Ludwig ist Präsident des Verwaltungsrates der Targens Suisse und Vorsitzender der Geschäftsführung von Targens.

Er ist ein erfahrener Experte für Unternehmenssoftware im Finanzbereich. Der Diplomphysiker und promovierte Betriebswirt verfügt über ein breites Erfahrungsspektrum von KI-Forschung über Management Consulting bis zum Software Engineering, insbesondere im Bereich Finanzdienstleistungen.

Samuel Bisig ist Business Development Product Manager bei Targens.

Er verfügt über ausgewiesene Erfahrungen in der FinTech-Branche und in der Nanotechnologie mit Positionen in Forschung und Entwicklung sowie im Management. Er studierte Materialwissenschaften an der ETH Zürich und Philosophie/Psychologie an der Université de Lausanne.