Die Challenger-Bank Revolut bezeichnet sich selbst als globale Finanz-Super-App. Diese Etikette verpflichtet, deshalb gehen die Leistungen der App weit über Konto, Karte und Bankingfunktionen hinaus. Um den Titel zu verteidigen, hält Revolut Konkurrenten möglichst auf Distanz und versucht, mit laufenden Erweiterungen und neuen Features die gehaltene Distanz noch zu vergrössern.
Zum Beispiel im Bereich von Anlagen und Trading macht Revolut Nutzerinnen und Nutzern den Handel mit Kryptowährungen, Aktien und Rohstoffen seit einiger Zeit schon möglich. Das Unternehmen will in der Sparte Aktienhandel nun stark zulegen.
Revolut weitet den Aktienhandel aus
Das Trading-Angebot für Aktien hat Revolut bereits 2019 eingeführt. Allerdings nicht für alle Länder und nicht mit sämtlichen Funktionen.
Inzwischen hat fast jede Neo-Bank, die etwas auf sich hält, Tools für Krypto- und Aktienhandel ebenfalls mit im Angebot – oder ist dabei, sie an Bord zu nehmen. Dazu kommen spezialisierte Plattformen wie Bitpanda oder Trade Republic, die ihre Leistungen laufend erweitern.
Offenbar ein Signal für Revolut, massiv aufzurüsten und den Aktienhandel auf Deutschland und Österreich sowie auf den gesamten Europäischen Wirtschaftsraum auszuweiten. Neu ist, dass Kundinnen und Kunden in diesen Ländern und Räumen ab sofort mit US-notierten Aktien handeln können.
Zum Start hat die Neo-Bank 1'000 Aktien zur Auswahl, das Angebot soll in den nächsten Monaten auf 2'200 Titel erweitert werden. Der Aktienhandel ist bereits ab einer Mindesteinlage von 1 Dollar möglich, das öffnet auch Anlegerinnen und Anlegern mit kleinem Geld die Trading-Türen. In der Revolut App können Nutzer die Performance einer Aktie in Echtzeit mit Live-Watchlists, Trading-Charts und aktuellen Börsennachrichten überprüfen.
Das Pricing
Je nach Tarif haben Nutzerinnen und Nutzer Anspruch auf eine bestimmte Anzahl kostenloser Trades. Die verschiedenen Abo-Formen erlauben zwischen einem und zehn gebührenfreien Trades pro Monat.
Ist das kostenlose Limit erreicht, zahlen Kundinnen und Kunden eine variable Gebühr von mindestens 0.25 Prozent für jeden weiteren Handel. Revolut erhebt ausserdem eine Verwahrungsgebühr in USD in Höhe von 0.12 Prozent des Marktwerts des Nutzervermögens, die monatlich berechnet wird.
Weitere Produkte und Features in der Pipeline
Neben den in den USA börsenkotierten Aktien will Revolut bald schon weitere Anlageprodukte ins Programm aufnehmen, zum Beispiel Exchange Traded Funds (ETFs), an EWR-Märkten notierte Aktien sowie Investmentfonds, Anleihen und mehr. Zudem will die Neo-Bank einen Robo-Advisor-Service integrieren und aufschalten.
Ebenfalls in Planung: eine anspruchsvollere Handelsplattform für erfahrene Händlerinnen und Händler. Mit diesem Punkt folgt Revolut einem Muster, das bereits Neo-Broker wie Bitpanda oder die FlowBank in der Schweiz in Anwendung haben – Nutzerinnen und Nutzern stehen wählbar zwei Umgebungen zur Verfügung: einfaches Traden für Newbies und Rookies oder professionelles Traden für versierte Kundengruppen mit Erfahrung.
Edukative Initiativen
Bereits heute im Hub der Revolut-App verfügbar: Edukative Angebote für Einsteiger, die noch keine Erfahrung mit Aktienhandel haben. Die Neo-Bank bietet einen Kurs mit sechs Lektionen an, damit sollen sich Neulinge mit den grundlegenden Konzepten von Investitionen und Handel vertraut machen können.
Dass die Abteilung "Lernen" im Hub einen prominenten Platz bekommen hat, kann als Hinweis verstanden werden, dass Schulungs- und Bildungsangebote rund ums Traden in Zukunft eine eher grosse Rolle spielen sollen.
Entsprechende Lektionen rund um Kryptowährungen sind in dieser Abteilung schon länger verfügbar, weitere Themen zum Beispiel für den Handel mit Rohstoffen und Edelmetallen dürften folgen.
Und die Schweiz?
Für den EU-Raum verfügt Revolut über die notwendigen Lizenzen, eine Ausnahme bildet die Schweiz. Deshalb wird die Funktion des Aktienhandels für die Schweiz weiterhin nicht freigeschaltet. Revolut mag auf unsere Anfrage, ob und wann sich das ändern könnte, nicht konkret werden. Die Schweiz ist für Revolut ein interessanter Markt, die Neo-Bank ist mit nahezu 600'000 Nutzerinnen und Nutzern die Leader-App mit grossem Vorsprung. Offenbar ist der Markt aber dennoch zu klein, um in absehbarer Zeit den regulatorischen Hürdenlauf in Angriff zu nehmen. Das dürfte die Neo-Bank Yuh, den Neo-Broker FlowBank und einige andere Anbieter freuen, die im Aktienhandel seit längerem erfolgreich unterwegs sind – auch sie nutzen die Zeit, um Distanzen zu vergrössern.
Der grosse Hebel einer Challenger-Bank
Im übrigen Europa verfügt Revolut inzwischen über einen grossen Hebel, um neue Funktionen an ein breites Publikum zu bringen. Die Neo-Bank bedient nach eigenen Angaben weltweit 28 Millionen Kundinnen und Kunden, ein beträchtlicher Teil dieser Nutzer ist in europäischen Ländern zu Hause. Rollt Revolut neue Funktionen aus, hat die Neo-Bank einen grossen Landeplatz und erreicht von Anfang an Masse.
Das wirkt sich positiv auf Umsätze und Erträge aus, die Revolut helfen, auch weiterhin profitabel zu arbeiten. 2021 war für die Neo-Bank das erste Geschäftsjahr, das profitabel abgeschlossen werden konnte, MoneyToday.ch hat berichtet, hier. Ob das ein Strohfeuer-Jahr war oder der Sprung in die Gewinnzone auf Dauer, wird sich erst zeigen. Weiterhin starker Neukunden-Zuwachs – rund eine Million im März 2023 – und neue Funktionen mit Ertragspotenzial erhöhen die Chancen, dass Revolut auch in Zukunft Gewinne schreiben kann.