Corona-Krise

Corona-Krise: Wie können Unternehmen die Liquiditätshilfen des Bundes in Anspruch nehmen?

Das Bundeshaus in Bern bei Nacht
Bild: sorincolac | Getty Images

Offenbar bestehen hier noch Wissenslücken: Das Wichtigste in Kürze und die Wege für Unternehmen, um die Liquiditätshilfen zu beanspruchen.

Der Bund will die Schweizer Wirtschaft und alle relevanten Gruppen mit Liquidität versorgen, um der Gefahr eines wirtschaftlichen Kollapses entschlossen entgegenzutreten. Das umfangreich geschnürte Massnahmenpaket haben wir bereits letzten Montag im Detail vorgestellt.

Zahlreichen Anfragen auf unserer Redaktion zeigen, dass Unsicherheiten dazu bestehen, wer auf welchen Wegen die Liquiditätshilfen in Anspruch nehmen kann. Wir haben deshalb im Folgenden die wesentlichen Punkte zum Thema Liquiditätshilfen zusammengestellt:

  • Wer kann Liquiditätshilfe beantragen?
  • Welche Pakete stehen zur Verfügung?
  • Wo und wie können Unternehmen die Liquiditätshilfen beantragen?
  • Ab wann sind Auszahlungen möglich?
  • Welchen Charakter haben diese Liquiditätshilfen?

Antworten auf diese Fragen klipp und klar in Kurzform hier:

Wer kann Liquiditätshilfe beantragen?

Der Bundesrat hat in seiner Botschaft die Gruppe der Anspruchsberechtigen sehr weit gefasst, um die Wirtschaft umfassend mit benötigter Liquidität zu versorgen: Kleinstbetriebe, KMU und grössere Unternehmen gehören mit dazu. Die genauen Spielregeln sind noch in der Mache und folgen erst Mitte Woche. Mit seinem Votum an der Medienkonferenz letzten Freitag öffnet Finanzminister Ueli Maurer den Fächer jedoch sehr weit:

Das ist uns ganz wichtig, dass darin auch Kleinstbetriebe eingeschlossen sind – diejenigen, die jetzt den Laden oder das Restaurant schliessen mussten – es ist eine Massnahme, die gerade für die Kleinen gilt, innerhalb einer halben Stunde kommt man zu Geld – und der Bund verbürgt das

Welche Pakete stehen zur Verfügung?

Zwei unterschiedliche Pakete in der Höhe von insgesamt 20 Milliarden Franken sollen praktisch allen Betroffenen Zugang zu dringend benötigter Liquidität verschaffen. In Form von vom Bund zu 100 oder zu 85 Prozent verbürgten Krediten, die unkompliziert über das Bankensystem in Anspruch genommen und ausbezahlt werden sollen.

Liquidität bis CHF 500'000
Betroffene Unternehmen sollen schnell und ohne zeitraubende Prozesse Kreditbeträge im Umfang bis zu zehn Prozent ihres Umsatzes und bis zu 500'000 Franken erhalten. Beträge bis zu dieser Grenze sollen nach dem Willen des Bundesrates von den Banken ohne tiefergehende Prüfung sofort ausbezahlt werden. Um das möglich zu machen, werden diese Kredite vom Bund zu 100 Prozent verbürgt und garantiert. Das heisst konkret, die Banken tragen kein Ausfallrisiko.

Liquidität bis maximal CHF 20 Millionen
Beträge über 500'000 Franken und bis maximal 20 Millionen werden vom Bund zu 85 Prozent verbürgt und garantiert. Deshalb sind diese Anträge mit "einer kurzen Bankprüfung" verbunden, die Banken tragen einen Teil des Ausfallrisikos. Auch bei diesen grösseren Kreditvolumen soll jedoch im Vordergrund bleiben, dass die Liquidität umgehend benötigt wird.

Die Begründung von Bundesrat Ueli Maurer zu diesen Paketen:

Damit stellen wir sicher, dass ab Mitte nächster Woche tausende oder zehntausende von Betrieben sofort zu Geld kommen und damit ihre Verpflichtungen erfüllen können

Wo und wie können Unternehmen die Liquiditätshilfen beantragen?

Der Bund will die Wirtschaft sofort unterstützen und die Auszahlung der Kredite nicht mit Prozessen bremsen, die erst erfunden und installiert werden müssten. Deshalb greift der Bundesrat auf etablierte Strukturen zurück und nutzt die Schweizer Banken als "Distributionskanal".

Das heisst konkret: Für alle Unternehmen ist die jeweilige Hausbank die Anlaufstelle, um die Corona-Kredite "abzurufen". Abrufen bedeutet, dass die Kredite ohne Umwege und sehr schnell ausbezahlt werden können, weil der Bund dafür bürgt.

Auch hier verspricht Finanzminister Maurer schlanke Prozesse und dadurch sofortige Hilfe:

Wer Geld braucht, geht zu seiner Bank, die stellt fest, jawohl, der hat Sorgen mit Corona – die Bank gibt ihm das Geld bis zu 500'000 Franken sofort, ohne weitere Prüfung, die Bank handelt nach den Direktiven des Bundes, das ist ganz einfach

Ab wann sind Auszahlungen möglich?

Nach dem Willen des Bundes ab kommenden Donnerstag – mit Betonung auf "sofort". Die Schweizer Banken bereiten sich auf den Ansturm vor und werden bereit sein. Bis Donnerstag, 26. März 2020, wird der Bund das genaue Prozedere und die Spielregeln im Detail definiert haben und die Zugänge werden geöffnet.

Zahlreiche Banken haben Ihre Kunden bereits vorgängig kontaktiert oder entsprechende Formulare auf ihrer Website aufgeschaltet. Wer seinen Liquiditätsbedarf heute schon anmeldet, kann am Donnerstag schneller durch die Prozesse geführt werden. Eine Anfrage bei der Hausbank stellt zudem sicher, nach Bekanntwerden der Spielregeln direkt von der Bank informiert zu werden.

Neben den Liquiditätspaketen des Bundes haben verschiedene Banken zusätzliche und eigene Pakete geschnürt, um ihre Kunden zu unterstützen. Informationen sind auf den Websites der einzelnen Banken zu finden oder können direkt bei der Hausbank nachgefragt werden.

Welchen Charakter haben diese Liquiditätshilfen?

Der Bundesrat will die Wirtschaft sofort und wirkungsvoll mit Geld versorgen, damit der Motor Schweiz nicht zusätzlich ins Stottern gerät. Die vom Bund gewährten und über die Banken ausbezahlten Hilfszahlungen haben den Charakter von Krediten, die jedoch ohne langwierige Prüfung schnell und unkompliziert gewährt werden sollen. Die Kredite werden voraussichtlich zu sehr tiefen Zinsen eingeräumt, um die Wirtschaft nicht zusätzlich zu belasten.

Wie alle Kredite sind diese Hilfszahlungen (nach heutigem Stand) rückzahlbar. Der Bund wird jedoch darauf achten, dass ein allgemeiner Liquiditätsengpass nicht von den Folgen einer Schuldenfalle abgelöst wird, welche Unternehmen ausbremsen kann. Deshalb darf man davon ausgehen, dass die Modalitäten, welche Mitte Woche oder bis Donnerstag kommuniziert werden sollten, moderat und verträglich ausgelegt sein werden.

Die offenen Fragen sind beantwortet – eine Bemerkung von unserer Seite dazu

Noch selten hat man den Bundesrat dermassen geschlossen, entschlossen, pragmatisch und klar im Agieren und Regieren erlebt. Über Parteigrenzen hinweg ist ultraschnell ein starkes Massnahmen-Paket entwickelt worden. Ein Paket, das ohne Gezänke und Hickhack in grosser Einigkeit und sehr souverän letzten Freitag vorgestellt worden ist. Ein umfassendes Paket, das zahlreiche Massnahmen beinhaltet, die ineinandergreifen.

Fragen von Journalisten sind von den Bundesräten Ueli Maurer, Guy Parmelin und Alain Berset offen und klar beantwortet worden. Bislang nicht gelöste Punkte sind benannt worden, mit dem Hinweis, dass das "Ende der Fahnenstange" noch nicht erreicht wäre und neue Probleme dann gelöst würden, wenn sie anstehen. Ein Bundesrat, der in Haltung und Botschaft überzeugt und Vertrauen in die Landesregierung schafft.

Kritische Journalisten und Redaktionen sind darauf konditioniert, das Haar in der Suppe zu erkennen. Wir haben keins gefunden. Deshalb: Chapeau – starker Autritt und ein ebenso starkes Massnahmen-Paket, das die Schweizer Wirtschaft wirkungsvoll stützen kann.