Pensionskassengelder als Selbstbedienungsladen für Verwalter?

Schweizer Banknoten bunt gemischt
Bild: Getty Images | Yevgen Romanenko

Diesen Gedanken wird man nicht ganz los, wenn man einen Blick auf die Gebühren wirft, die für die Verwaltung von BVG-Geldern kassiert werden.

Die durchschnittlichen Renten aus der Pensionskasse sind heute schon 39 Prozent tiefer als noch vor 20 Jahren – und sie werden weiter sinken. 2002 konnte ein 55-Jähriger mit einem Jahreslohn von 120'000 Franken noch mit 74'920 Franken Rente im Jahr aus AHV und Pensionskasse rechnen. Heute sind es nur noch 59'280 Franken – das ist ein sattes Minus von 15'640 Franken. Und der Sinkflug der Renten wird sich fortsetzen, prognostiziert der VZ-Barometer.

Die AHV schlägt sich aktuell noch ziemlich wacker, das Problem liegt bei der 2. Säule, bei den Pensionskassengeldern.

Ist allein die steigende Lebenserwartung schuld am Rentenschwund?

Die Politik doktert immer wieder an BVG und Renten herum, lässt jedoch einen zentralen Bereich konsequent aus: Gebühren, welche das Vermögen und damit die Höhe der Renten zusätzlich minimieren. Dieses Eisen ist dem Parlament offenbar zu heiss, um es zu analysieren und neu zu schmieden.

Bemerkenswert, dass eine neue Sicht auf die zu hohen Gebühren nicht von der Politik, sondern nun von einem privaten Anbieter kommt.

Wie mehrere Milliarden zugunsten der Versicherten eingespart werden können

Die Admicasa Holding in Zürich ist ein börsenkotiertes Immobilien- und Dienstleistungsunternehmen, das für Anlagestiftungen im Immobilienbereich das Management von Vorsorgegeldern übernimmt. Wie in der schweizerischen Finanz- und Vorsorgebranche üblich, verdiente bisher auch Admicasa an den Managementgebühren für die Verwaltung und Bewirtschaftung von Vorsorgegeldern mit.

Der Unternehmer und VR-Präsident von Admicasa, Serge Aerne, empfand es als störend, dass die Managementgebühren für verwaltete Vermögen von BVG-Anlagestiftungen linear zu den verwalteten Vorsorgeeinlagen steigen, der Aufwand für die Verwaltung jedoch gleichbleibt oder nur marginal zunimmt. 

Diese in der Schweiz bisher gängige Gebührenpolitik geht zulasten der BVG-Versicherten. Sie bezahlen indirekt hohe Gebühren für Management-Dienstleistungen, welche gemäss Aerne signifikant günstiger angeboten werden können. Das verwaltete Vorsorgevermögen der Versicherten wird dadurch geschmälert und führt in der Konsequenz zu tieferen Renten.

Aerne macht eine neue Rechnung auf und schafft im eigenen Unternehmen Managementgebühren für die Verwaltung von Pensionskassengeldern ab. Dadurch sollen BVG-Versicherte direkt von tieferen Gebühren und höheren Renten profitieren.

Gebührenflut im Vorsorgemarkt soll gestoppt werden

Admicasa will ein neues, für die Versicherten vorteilhafteres Gebührenmodell einführen, das Gebührenmodell 23. Bei diesem Modell wird die pauschal verrechnete Managementgebühr, welche linear zu den wachsenden Einlagen zunimmt (Skaleneffekt) abgeschafft und durch ein für die Versicherten vorteilhafteres Geschäftsführungshonorar ersetzt.

Das neue Honorar deckt einzig die effektiven Kosten des Vermögensverwalters ab. Der ökonomische Anreiz für den spezialisierten Verwalter von Vorsorgegeldern bei Admicasa liegt künftig in der Performance der Geldanlagen. Dies erspart den Versicherten hohe Kosten und die daraus resultierende Vermögensverminderung der Vorsorgegelder. Aerne definiert seine Zielsetzung deutlich:

«Es ist mein Ziel die Gebührenflut im Vorsorgemarkt einzudämmen. Bisher wurde mit der Managementgebühr sehr viel Geld bei ungenügender Performance der Vorsorgeeinlagen verdient. Wir wollen dies ändern und leisten so einen direkten Beitrag zur Sicherung der Renten».

Die Immobilien-Anlagestiftung Terra Helvetica wird als Erstkunde das neue Gebührenmodell 23 einführen. Mit dieser disruptiven Massnahme steht für den Pensionskassen-Experten André Schlatter die Signalwirkung an die Finanzbranche im Vordergrund:

Die Finanzbranche hat bisher einfach unanständig viel durch Managementgebühren aus Vorsorgegeldern verdient

Schlatter hofft, dass dieser Schritt zu einem Paradigmawechsel in der gesamten Branche führen wird. Der Stiftungsratspräsident der Anlagestiftung Terra Helvetica sieht auch die Politik und Verwaltung in der Pflicht und sagt:. «Die Rentendiskussion dreht sich seit Jahrzehnten im Kreis. Auch die Finanzindustrie muss einen Beitrag gegenüber den Versicherten leisten».

Ab 1. Juni 2023 greift das Gebührenmodell 23 der Admicasa bei Terra Helvetica und Schlatter ist überzeugt, dass die aktuellen Beitragszahler und alle künftigen Rentnerinnen und Rentner davon profitieren können.

Renten sinken, Gebühren steigen – und die Zahlen dazu

In der Präsentation zum neuen Gebührenmodell bringen die Autoren einige interessante Zahlen und Fakten. Das Schweizer Vorsorgevermögen wächst laufend, liegt heute bei 1'200 Milliarden Franken, doch die Renten sinken seit Jahren. Dafür steigen die Gebühren, welche die Finanzindustrie für die Verwaltung der Pensionskassengelder abschöpft.

Bei diesen Gebühren handelt es sich um Kosten für Administration, Immobilienbewirtschaftung und weitere Dienstleistungen für die Pensionskassen im Umfang von zwei Milliarden Franken sowie Vermögensverwaltungskosten in der Höhe von fast sechs Milliarden.

Dazu kommen nicht veröffentlichte Transaktionskosten bei der Vermögensverwaltung im Umfang von unbekannter Milliardenhöhe sowie weitere Milliarden für Maklerprovisionen, Beratung und weitere Gebühren. Über diesen unübersichtlichen Gebührendschungel kommen viele Milliarden Franken pro Jahr zusammen – bezahlt durch die Versicherten. Gemäss Pensionskassenstatistik sind es 1'500 Schweizer Franken pro Kopf und pro Jahr – versteckte Transaktionskosten und weitere Gebühren sind in diesem Betrag noch nicht enthalten.

Die Autoren des Buchs "Das Rentendebakel" füllen diese Lücke, sie schätzen die Gesamtgebühren (einschliesslich Transaktionskosten und weiterer Gebühren) auf rund 20 Milliarden. Das entspricht einem Betrag von 4'500 Schweizer Franken pro Kopf und pro Jahr. Im Verhältnis dazu werden jährlich Milliardenbeträge einbezahlt, während 20 Milliarden als Gebühren wieder abfliessen.

Liegen die Autoren mit ihrer Schätzung richtig, sind das bemerkenswerte Grössenordnungen, die in den Rentendiskussionen in Bundesbern erstaunlicherweise praktisch keine Rolle spielen. Mehrere Studien bestätigen, zum Beispiel hier und hier, dass die Themen Altervorsorge und Renten die Schweizer Bevölkerung stark beschäftigen und damit die Frage: Wird das Geld im Alter reichen? Eine ganzheitliche Sicht auf sämtliche Aspekte, welche die Höhe der Renten beeinflussen, wäre deshalb von Seiten der Politik angebracht und notwendig.

Mit zwei Massnahmen will das Gebührenmodell 23 nun als private Initiative die Gebühren markant senken. Zum einen sollen Managementgebühren auf den verwalteten Vermögen gestrichen werden. Und zum anderen sollen versteckte Transaktionskosten (Finanztransaktionen) offengelegt werden.

Die Präsentation zum Runterladen

Ob das Gebührenmodell 23 die abgegeben Versprechen erfüllen kann und tatsächlich zu einem Paradigmenwechsel führt, wird sich zeigen. Die Überlegungen und Grundlagen des disruptiven Modells bleiben interessant. 

Wie das Gebührenmodell 23 im Detail aussieht, zeigt die Präsentation, die als PDF kostenlos runtergeladen werden kann, gleich hier