Kommentar

Huawei, China und die USA: Ein guter Zeitpunkt für ein Smartphone-OS, das der Welt gehört

Zwei Schiffscontainer von USA und China
Bild: Rawf8 | Getty Images

Schwingt US-Präsident Donald Trump den Zweihänder gegen Huawei, sollte das auch Europa auf gute Ideen bringen.

Donald Trump verfolgt klare Ziele und die gewählte Strategie lässt ihn weder zögerlich noch zimperlich agieren. Setzt Trump Huawei auf eine schwarze Liste, löst das ein mediales und ein technologisches Beben aus. Auf der ganzen Welt, Börsen inklusive. 

Nicht erstaunlich, zeigt es doch, dass die Unterschrift einer einzigen Person in den USA genügt, um ein Tech-Unternehmen in China auf Entzug zu setzen und in der Metabotschaft dem Rest der Welt mit Entzug zu drohen.

Immerhin sind Millionen von Anwendern mit dem Produkt dieses Unternehmens unterwegs. Wichtiger jedoch ist: zielt die Massnahme heute auf Huawei und China als zusätzlich gezündete Eskalationsstufe im Handelsstreit, könnten morgen andere Unternehmen und Länder ins Fadenkreuz geraten.

Unabhängig vom aktuellen Muskelwettbewerb, Hickhack, Aktionen und Retourkutschen – einige Überlegungen drängen sich schon länger auf.

Wie wär's mit einem Smartphone-OS, das der Welt gehört?

China ist nach einer aktuellen Studie im Begriff, die USA in Sachen Schlüsseltechnologien und Digitalisierung zu überholen. Huawei und damit China sind nach den jüngsten Massnahmen mit Sicherheit noch motivierter auf die Schnellspur zu wechseln, um sich von Technologien und dem Goodwill anderer Länder unabhängig zu machen. Bestehender Plan B dürfte im aktuellen Debakel bald schon zum neuen Plan A werden.

Europa besetzt in diesem Technologierennen keine auffällige und schon gar keine dominante Rolle. Deshalb könnte Europa von Sanktionen und schwarzen Listen noch sehr viel härter getroffen werden. Würden Google, Intel oder andere Anbieter dereinst ihre Services und Lieferungen auf Geheiss eines Präsidenten einstellen, wäre das eine sehr wirkungsvolle Massnahme, um eine renitente EU einknicken zu lassen und auf einen gewünschten Kurs zu bringen. Hat Europa keinen konkreten Plan B, gibt's auch keinen wirklichen Verhandlungsspielraum.

Zumindest erstaunlich, dass sich die ganze Welt und auch Europa darauf verlässt, dass der gesamte Austausch und Datenverkehr auf Smartphones von zwei Betriebssystemen "garantiert" wird: Android von Google (Alphabet) und iOS von Apple. Beides US-amerikanische Tech-Giganten, die sich den Weltkuchen in etwa im Verhältnis 85 zu 15 Prozent aufteilen. Alternativen bestehen theoretisch auch, die sind jedoch nicht von heute auf morgen aktivierbar.

Im Minimum ein Plan B für Europa

Ziemlich beunruhigend, wenn derart zentrale Technologien und Software von einer einzigen Nation zur Verfügung gestellt, von der ganzen Welt genutzt und von einem einzigen Präsidenten eben auch verweigert werden können.

Die Lösung kann nicht darin liegen, dass die Schweiz oder Europa zu iPhone-Regionen werden, sollte Android teilweise oder ganz geblockt werden. Das wäre nur der kürzeste Weg vom Regen in die Traufe. Dasselbe gilt für den Umweg über China, sollten Huawei oder andere Anbieter alternative Systeme entwickeln und zur Verfügung stellen.

Hat Europa hier eine Vision? Oder zumindest einen konkreten Plan B? Und die Schweiz? Sind wir "nur" in Blockchain, Krypto und Tokenisierung stark oder kümmert sich jemand auch um den Puls bestehender Lebensadern? Über die Betriebssysteme von Smartphones hinaus? Wer? Die Politik? Forschung und Wirtschaft? Oder warten die einen auf die anderen?

Spätestens jetzt sollten die Signale verstanden worden sein. China hat schon länger verstanden und macht sich unabhängig. Der Rest der Welt scheint noch keine allzu klaren Vorstellungen davon zu haben, welche Teile von Technologie und Infrastruktur in welcher Reihenfolge vorangetrieben werden sollten, damit bestehende Systeme zuverlässig funktionieren und weiterfunktionieren. Auch und gerade dann, wenn Handelspartner sich nicht einig werden.