Fünf Fragen an Marianne Wildi zu PSD2 und Open Banking

Marianne Wildi, Hypothekarbank Lenzburg
Bild: Marianne Wildi, Hypothekarbank Lenzburg (Foto: Marc Fischer)

Wie sehen Branchenexperten die Auswirkungen der PSD2 und die Bedeutung von Open Banking für die Schweiz? Heute: Marianne Wildi, CEO bei Hypothekarbank Lenzburg.

Die PSD2 bewegt Europa und Open Banking schafft neue Spielregeln. Auch in der Schweiz? Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat ihre Haltung gefunden, definiert und kürzlich mit einem Positionspapier konkret Stellung bezogen. Unsere Redaktion nimmt aktuell den Puls der Branche – wir haben Experten aus verschiedenen Lagern um ihre Meinung zum Thema gebeten.

Exponenten aus dem Umfeld von Banken, FinTechs, Verbänden, Beratung, Medien und Recht nehmen Stellung. Ihre Statements bringen wir laufend in unserer Serie:

Fokus Schweiz | Meinungen zur PSD2 und zu Open Banking

Fünf Fragen an Marianne Wildi von der Hypothekarbank Lenzburg

Welche Auswirkungen hat nach Ihrer Betrachtung die EU-Regulierung PSD2 für die Schweiz?

Die Digitalisierung macht an der Landesgrenze keinen Halt. Wenn PSD2 neue Dienstleistungen mit einem echten Kundennutzen bringt, wird das auch in der Schweiz eine Nachfrage erzeugen. Dieser Entwicklung kann sich die Finanzbranche nicht entziehen.
 

Welche Bedeutung messen Sie Open Banking für den Finanzplatz Schweiz zu?

Die Nachfrage nach Finanzdienstleistungen bleibt bestehen, diese Dienstleistungen werden jedoch vermehrt über innovative Lösungen angeboten. Open Banking ermöglicht den Finanzinstituten, sich einfach mit Anbietern solcher Lösungen zu vernetzen. Die traditionellen Werte unseres Finanzplatzes wie Sicherheit, Stabilität und Datenschutz sind dabei wichtige Vorteile gegenüber branchenfremden Anbietern. Open Banking bietet dem Finanzplatz Schweiz durchaus Chancen.
 

Die SBVg bezieht Stellung und lehnt eine PSD2-analoge Regulierung für die Schweiz ab. Welche Signale werden dadurch gesetzt? Ist das ein Vorteil, ein Nachteil oder bleibt eine fehlende PSD2-analoge Regulierung ohne Auswirkungen für die Schweiz?

Die kritische Einstellung gegenüber der Regulierung darf nicht als Ablehnung von Open Banking verstanden werden. Die Entwicklung der digitalen Kanäle ist sehr dynamisch, eine Regulierung wird dieser schnellen Entwicklung nicht gerecht. Wir möchten unsere Digitalisierungsstrategie an den Bedürfnissen der Kunden und an den technischen Möglichkeiten ausrichten, nicht an Gesetzen und Verordnungen.
 

Wird die PSD2 in ihren Auswirkungen generell überbewertet oder ist es tatsächlich eine umwälzende Neuerung?

Anwendungen, mit denen Bankkunden auf Ihre Daten zugreifen können, gibt es schon länger. PSD2 setzt hier gewisse Standards, mit dieser Idee können wir uns durchaus anfreunden. Allerdings sind die Entwürfe der Regulierung im Detail bereits sehr komplex und damit nicht unbedingt innovationsfreundlich. Insofern sind Zweifel angebracht, ob PSD2 wirklich zu einer umwälzenden Neuerung beiträgt. Wir sehen hier Vorteile für schlanke, einfache Lösungen, die sich ganz an den Marktbedürfnissen orientieren.
 

Welche Rolle wird Open Banking in fünf Jahren in Europa im Allgemeinen und in der Schweiz im Besonderen spielen?

Die Digitalisierung wird weiter fortschreiten, Finanzdienstleistungen werden in andere digitale Prozesse integriert. Open Banking bietet dazu das technische Fundament und hat daher einen sehr hohen Stellenwert. In einer überregulierten Ausprägung wird es aber eher zu einer Belastung aller Akteure. Insofern beobachten wir die Entwicklung von PSD2 mit kritischem Interesse. In der Schweiz sind die Chancen intakt, mit schlanken, marktorientierten Lösungen eine Vorreiterrolle einzunehmen.
 

Was wir nicht gefragt haben, was jedoch Ihrer Meinung nach zum Thema PSD2 oder Open Banking unbedingt gesagt gehört:

Die Sicherheitsstandards und der Datenschutz sind in der Schweiz hoch, diese Standards wenden wir auch beim Open Banking uneingeschränkt an. Die Selbstbestimmung des Kunden über die Verfügbarkeit seiner Daten muss unbedingt transparent gewährleistet sein. Unter diesen Voraussetzungen ist Open Banking eine äusserst spannende Sache und eine gute Basis für kreative Anwendungen.

Die Interviewpartnerin: Marianne Wildi

Marianne Wildi steht als CEO an der Spitze der börsenkotierten Hypothekarbank Lenzburg. Seit 2010 lenkt sie die Geschicke der Bank, auch bekannt als "Hypi". Dort hat sie auch ihre Karriere gestartet – nach der Handelsdiplomschule an der Alten Kantonsschule Aarau – vor 35 Jahren.

Zuerst arbeitete Marianne als Programmiererin und war später, nachdem sie verschiedene Aus- und Weiterbildungen in den Bereichen Informatik, Banking sowie Führung absolviert hatte, hauptverantwortlich dafür, dass die Bank die IT-Plattform Finstar entwickelt hat. Die Hypi ist Vorreiterin der Schweizer Open Banking-Bewegung und kooperiert erfolgreich mit verschiedenen FinTechs.

In ihrer Freizeit spielt Marianne in einer Blasmusik Posaune und ist in verschiedensten Vereinen in unterschiedlichsten Funktionen aktiv. Sie ist zudem unter anderem Präsidentin der Aargauischen Industrie- und Handelskammer (AIHK) und Mitglied des Verwaltungsrats der Schweizerischen Bankiervereinigung.