Twints Ankündigung, die eigene Plattform für Stablecoins und E-ID öffnen zu wollen, kommt auf den ersten Blick überraschend – auf den zweiten nicht unbedingt. Warum?
In Anbetracht der Tatsache, dass die Pläne für eine Nutzung im Ausland offenbar begraben worden sind, bleibt der Markt für Twint auf die Schweiz beschränkt. Im eigenen Land ist die Bezahl-App der Schweizer Banken allerdings der Platzhirsch und wird bisher von keiner anderen mobilen Bezahl-Lösung ernsthaft bedroht.
Twint wird heute von mehr als 6 Millionen Menschen in der Schweiz genutzt. Daraus – und mit der Bevölkerungszahl der Schweiz im Hinterkopf – lässt sich ableiten: Wer Twint will, und das wollen viele, hat und nutzt Twint. Von den Nutzerzahlen her hat Twint deshalb nicht mehr sehr viel Potenzial, um zu wachsen.
Wo liegen denn die Wachstumschancen für Twint?
Twint setzt seit längerem auf die Strategie, den bestehenden Nutzerinnen und Nutzern laufend mehr zu bieten. Mehr an Komfort und erweiterte Bezahlmöglichkeiten. Dadurch lässt sich die Zahl der Transaktionen (2024 waren es 773 Millionen) steigern – und dieser Ertrags-Generator ist noch längst nicht ausgereizt, hier kann Twint weiter wachsen.
Zumal jede Neuerung, jeder Zusatzkomfort, jeder funktionale Lifestyle-Aspekt immer etwas mit Bezahlen zu tun hat. Und der Hebel von mehr als 6 Millionen Nutzerinnen und Nutzern kann kräftig einschenken, wenn neue Funktionen und Bezahlmöglichkeiten von beträchtlichen Teilen der Kunden genutzt werden.
Und jetzt Stablecoins und E-ID
In Zukunft sollen sowohl Anbieter von regulierten digitalen Währungen, wie zum Beispiel durch den Schweizer Franken gedeckte Stablecoins oder tokenisierte Einlagen, als auch Entwickler von Lösungen mit der elektronischen Identifikation (E-ID) in der Schweiz auf die Twint-Infrastruktur zurückgreifen können.
Das ist eine weitsichtige Entscheidung, die Twint in folgende Worte fasst: "Die Möglichkeit, zukünftig Anwendungen im Zusammenhang mit regulierten Stablecoins, tokenisierten Einlagen und der E-ID zu entwickeln, stärkt das Ökosystem von Twint und den Wert für die Nutzerinnen und Nutzer weiter. Es soll ein Austausch mit Behörden, Regulatoren und Marktteilnehmenden initiiert werden, der die Grundlage für ein attraktives Angebot für Kundschaft und Händler bildet. Nutzerinnen und Nutzern bleibt frei, auf welche Dienste sie über Twint zugreifen möchten. Mit diesem Schritt trägt Twint zu einem offenen, sicheren und zukunftsorientierten digitalen Ökosystem in der Schweiz bei."
Die kommunizierte Öffnung kann tatsächlich das Ökosystem von Twint massiv und zusätzlich stärken. Jenes von involvierten Partnern ebenfalls. Im Resultat öffnet der gefasste Plan zahlreiche Wege und Türen zu jenem Wachstumsfeld, das längst noch nicht ausgereizt ist: Transaktionen, die zusätzliche Einnahmen einspielen.
Dieser Plan ist deshalb ein guter Plan, weil er Twint, involvierten Partnern und mehr als 6 Millionen Nutzern auf unterschiedliche Weise viel bringen kann. Was und in welcher Form genau wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen.