Über Bankenkollaps, Finanzkrise und Regulierung

Bild: Getty Images | Wildpixel

Die Redaktion der NZZ hat 5'440 Seiten Regelwerk unter die Lupe genommen. Die Analyse ist sehr ausführlich – und spart dennoch Zeit.

Denkt die NZZ über Regulierung nach, tut sie das sehr gründlich. So geschehen in der Ausgabe vom 10. August 2016. Wer glaubt, Regulierung wäre staubtrocken, sollte einen zeitsparenden Blick auf die letzten vierzig Jahre Regulierungs-Entwicklung werfen.

Die Neue Zürcher Zeitung über Regulierung

Marie-José Kolly (Datajournalist), Jürg Müller (Wirtschaftsredaktor) und Simon Wimmer (Interactive News Designer) haben für die NZZ mehrere tausend Seiten Regelwerk analysiert. Insbesondere die Standards und Richtlinien des Basler Ausschusses für Bankenaufsicht.

Etwas Statistik zum analysierten Regelwerk
Total 5'440 Seiten mit über 2 Millionen Wörtern. Komplex in den Inhalten und mit Hürden in der Darstellung: die Sätze sind im Durchschnitt 25,7 Wörter lang. Die Autoren stellen fest, dass Banken viel "sollten", aber wenig "müssen". Nach "Banken" und "Risiko" ist "sollten" das dritthäufigste Wort in der regulierenden Textsammlung (13'926 Vorkommen). "Müssen" schafft mit 5'102 Vorkommen nicht mal die Hälfte. Allerdings mit stark steigender Frequenz in jüngster Vergangenheit.

Resultat und sehr viel mehr als Statistik
Aufschluss über 163 regulierende Dokumente mit finalem Status, die vor dem 31. Juli 2017 publiziert worden sind. Komprimiert in einem einzigen Artikel, in Wort und Grafiken, in der NZZ vom 10. August 2017. Wohl ausführlich und dennoch leicht lesbar. Allemal leichter, als selbst 5'440 Seiten zu durchforsten, zu verstehen und aus 2 Millionen Wörtern im passenden Kontext die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Ebenfalls lesenswert der zusätzliche Kommentar von Wirtschaftsredaktor Jürg Müller, der mit einem augenfälligen Vergleich startet: Müller stellt fest, dass die Bundesverfassung mit 30'000 Wörtern auskommt, die Bibel braucht gut 700'000 – und allein das Textkorpus des Basler Ausschusses knackt die Marke von zwei Millionen Wörtern. Auch Jürg Müller bleibt nicht beim Zählen, sondern reflektiert über den "erwürgten Finanzmarkt" und was dagegen zu tun ist.

Die Inhalte im Überblick

Eine spannende und lesenswerte Zusammenfassung mit folgenden Schwerpunkten:

  • Vierzig Jahre Regulierung und das Anwachsen der Textmenge (in Wort und Grafik)
  • Bankkollaps und Finanzkrise: Die Geschichte von Basel I, Basel II und Basel III
  • Die neue Regulierungsdichte nach der Finanzkrise
  • Nicht nur die schiere Menge, auch die Komplexität als Hürde
  • Der Weg vom unverbindlichen "should" zum zwingenden "must"
  • Die sprunghafte Zunahme der neu entdeckten Risiken
  • Der Umgang mit Risiken
  • Die Kosten und der Personaleinsatz für wachsende Komplexität und Regulierungsflut
  • Die Methodik der Analyse im Detail

Die drei Autoren der NZZ haben insofern einen hervorragenden Job gemacht, verbunden mit sehr viel Knochenarbeit, als innerhalb eines Artikels Geschichte, Entwicklung, Komplexität und Auswirkungen der Regulierungsflut, in den Grundzügen und manchmal auch im Detail erklärt, fassbar werden. Gerade auch für Nicht-Regulierungs-Experten.

Analyse, Interpretationen, Kommentar und Lesermeinungen gleich hier:

NZZ: "Am Anfang stand ein Bankenkollaps. Dann kam die Regulierung – und hörte nicht mehr auf"

Leserdebatte: "Verfehlt die Bankenregulierung ihre Wirkung?"

Kommentar von Jürg Müller: "Die ausufernde Regulierung hat den Finanzmarkt erwürgt"

Stichworte zum Thema im Lexikon: Compliance | Finanzmarktregulierung | FINMA

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