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Die digitale Kundenbeziehung als Gamechanger

Oliver Weber, CEO, Crealogix
Oliver Weber, CEO, Crealogix

Der Corona-Lockdown hat bewiesen: Für Bankgeschäfte muss niemand eine Bankfiliale aufsuchen.

Der digitale Kanal für die Interaktion mit Kunden wird dadurch immer wichtiger. Vernachlässigen ihn die Banken, verlieren sie Kunden.

Autor: Oliver Weber, CEO, Crelaogix

Kunden sind ihrer Retailbank treu und besuchen zur persönlichen Beratung die Bankfiliale. So war das bisher – oder zumindest noch vor Corona. Der Lockdown bewies aber: Es geht auch digital. Und gemäss verschiedenen übereinstimmenden Umfragen stieg damit auch die Bereitschaft der Kunden, die Bank zu wechseln. Ausschlag dazu geben die digitalen Dienstleistungen, die nicht im erwarteten Masse geleistet werden. Banken, die sich bisher hinter dem Vorwand versteckten, dass nur die persönliche Beratung vor Ort wertstiftend sei, investieren nun in die digitale Aufholjagd. Aus langjährigen Kundenbeziehungen zufriedene und treue Online-Kunden zu schaffen, ist die Herausforderung der Stunde für Banken.

Breites Filialnetz verspricht kein Wachstum mehr

Vorgegebene Öffnungszeiten, fixe Beratungstermine an Werktagen in der Bankfiliale, nur um kurz eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen? Die unverminderten Bankgeschäfte während der vergangenen Monate beweisen, in welchen Bereichen das Sparpotenzial der Zukunft liegt. Eine Reduktion von Bankfilialen wird von einem massiven Online-Shift begleitet werden. Digitale Ökosysteme werden den Kunden eine Vielzahl neuer finanzieller Dienstleistungen aus einer Hand bieten. Und Investitionen werden immer auch den Innovationsgedanken in sich tragen: Modernisierung geschieht nur mehr mit offenen Anbindungen; damit wird der Weg für neue Online-Services geebnet. 

Die Reduktion von Bankfilialen wird von einem massiven Online-Shift begleitet

Digitaler Ausbau, aber unorganisiert? 

Wie also kann eine bestehende Bankbeziehung mit dem Kunden online stärker geführt werden? Wie können Werte, wie Vertrauen und Sicherheit online vermittelt und gleichzeitig Erwartungen an spontane, dynamische Onlinekanäle erfüllt werden? Darauf antworten viele Banken: «Durch die Erhöhung des Kundenengagements.» Die meisten waren damit erfolgreich. Mobile Tools führten im Allgemeinen dazu, dass Kunden Transaktionen häufiger durchführen. Allerdings baut das transaktionale Engagement nicht notwendigerweise emotionale Verbindungen auf und schafft die Art von Vertrauen, die Banken benötigen, um Beratungsbeziehungen zu Kunden zu fördern. 

Hektische Einzelprojekte, neue zusätzliche Apps oder einzelne neue Online-Services im Bankangebot führen nur zum Ziel, wenn sie orchestriert und ins gesamte Digital-Banking eingebunden werden. So lässt sich schnell ein Service für die Online-Hypothek eröffnen, eine Instant-Bezahl-App sichert den kontaktlosen Bezahldienst und derRobo-Advisor empfiehlt die nächste Investmenthandlung. Singuläre Services haben häufig Haken: 

  • Sie sind nicht integriert und dem Kunden fehlt eine Gesamtsicht.
  • Die Customer Experience wird innerhalb eines Unternehmens unterschiedlich, projektabhängig umgesetzt und verwirrt damit den Kunden.
  • Fantasievolle Servicenamen verunmöglichen die Wiedererkennbarkeit der Dachmarke. 
  • Und schliesslich: Der Kunde hat verschiedenste Ansprechstellen. Je nach Service oder Supportanliegen muss er unterschiedliche Kanäle, Zeiten und sogar Kosten berücksichtigen.

Neue Dialogmöglichkeiten mit Conversational Banking

Wie können es Finanzinstitute besser machen, wenn sie in einem veralteten Wachstumsmodell stecken, bei dem der persönliche Besuch einer Filiale als wichtigste Verkaufschance angesehen wird? Die Bank der Zukunft muss die neuen Interaktionsmöglichkeiten abdecken können, welche die Bankkunden auch in ihrem Alltag benutzen. Chatfunktionen in den Services und bekannte Messengerdienste wollen genutzt werden. Wenn die Hürden der Interaktion zu hoch sind, wechselt der Kunde lieber auf die neue Fintechlösung, weil es dort einfacher geht. 

Conversational Banking beschreibt die digitalen Interaktionsmöglichkeiten, die mithilfe menschlicher und nicht-menschlicher Unterstützung auf Messaging Plattformen über stimm- oder textbasierten Dialog stattfinden. Voll integriertes Conversational Banking bedeutet, dass Anfragen direkt Transaktionen im Kernbankensystem auslösen, ohne dass ein Medienbruch stattfindet. So können einfache Anwendungsfälle schnell abgebildet werden, dazu gehören beispielsweise: 

  • Transaktionen im Bereich Investments
  • Hypothekenvermittlung und -verlängerung
  • Kleinere Standardinteraktionen ohne höhere Wertschöpfung.

Conversational und Open Banking zeichnen den Erfolgsweg vor

Die digitale Kommunikation bringt höhere Skalierungsmöglichkeiten, benötigt aber weniger Ressourcen. Doch die Integration in die Kernsysteme muss geschafft werden, ansonsten wackeln neue digitale Geschäftsmodelle. Medienbrüche sind zu vermeiden, um das beste Kundenerlebnis zu erzielen. Es ist deshalb essenziell, dass der unkomplizierte Dialog zwischen Bank und Kunde Mehrwert im gesamten Ablauf bringt. Damit erreichen Banken das, was unter dem Stichwort Open Banking in der Vergangenheit angekündigt wurde. Ein offenes Ökosystem, damit neue digitale Dienstleistungen schnell integriert werden können und einfache Dialogformen mit den Kunden, damit sie die neuen Kanäle nutzen können.

Persönlich

Oliver Weber kam im September 2018 als Executive Vice President zu Crealogix Switzerland und ist seit 1. Januar 2020 CEO der Crealogix Gruppe. Weber hat mehr als 25 Jahren Erfahrung in den Bereichen Strategie, Unternehmensführung sowie Finance & Operations internationaler IT-Unternehmen und ist Experte für Business Transformation mit langjähriger Erfahrung in der Geschäftsentwicklung, Restrukturierung und Sanierung von Unternehmen. (Quelle: Crealogix)