Digitalisierung

Der Schweizer Zoll wird digital, und wie!

DaziT, das Projekt der Eidgenössischen Zollverwaltung: Der Zoll von morgen – digital in die Zukunft
Zoll und Verzollung
Bild: mhGrafix | Getty Images

Das Transformationsprogramm DaziT der Eidgenössischen Zollverwaltung trägt erste Früchte – für Privatpersonen und für Unternehmen. Und: Warum Blockchain und Smart Contracts mitspielen sollten.

Der Schweizer Zoll war bisher nicht bekannt für verschärfte Digitalisierung, im Gegenteil. Der Papierkrieg mit einer Vielzahl von Dokumenten, die ausschliesslich in Papierform ausgestellt und vorgelegt werden müssen und ein Heer von prüfenden und stempelnden Mitarbeitern beschäftigen, hält auch Verzollungsagenturen, Unternehmen und LKW-Fahrer beim Grenzübertritt auf Trab.

Dieses aufwendige Prozedere ist gewissermassen historisch gewachsen, hat Tradition und wird von vielen anderen Ländern geteilt, die ebenfalls bevorzugt Papiere, gerne in mehrfacher Ausführung, prüfen, visieren und stempeln. Deshalb betreffen Einfuhr und Ausfuhr von Waren, Deklarationen und Geldflüsse nicht nur den Schweizer Zoll und unsere Land, im Zentrum stehen Internationalierung und Vernetzung.

Neue Bewegung mit DaziT

DaziT ist ein Programm. Ein ehrgeiziges Projekt. Eine gigantische Aufgabe. DaziT ist das Transformationsprogramm der Eidgenössischen Zollverwaltung (EZV), welches Verzollung, Prozesse und Abwicklung konsequent digitaliseren soll. Heute schon, laufend – und in festgelegten Schritten bis 2026. Das Programm "DaziT" steht für "Dazi", das rätoromanischen Wort für Zoll, und das grosse "T" steht für "Transformation". DaziT umfasst sieben Teilprojekte, welche durchwegs auf Digitaliserung und Vernetzung fokussieren. 

Vernetzung ist insofern zentral, weil Zoll und Verzollungen immer mehrere Partner involvieren – zum Beispiel andere Staaten, mehrere Stellen in der Schweiz, Unternehmen, Privatpersonen sowie auch Kreditkartenorganisationen, Banken und Finanzdienstleister. Das ist denn auch das formulierte Ziel der EZV:

Vollständig digitalisierte Prozesse, Verzollung ohne Stopps an den Grenzen, internationale Vernetzung, Verfügbarkeit sämtlicher Leistungen rund um die Uhr, 365 Tage im Jahr, Komfort und Kosteneinsparungen für Unternehmen und für Privatpersonen.

Im Herbst 2017 hat das Parlament zur Umsetzung des gesamten Digitalisierungsprojekts einen Verpflichtungskredit über 400 Millionen Franken bewilligt, der in mehreren Tranchen freigegeben wird. Das Programm selbst ist offiziell am 1. Januar 2018 gestartet worden, DaziT umfasst neben der Programm- und Transformationssteuerung aktuell drei Projekte: IKT Grundlagen, Portal & Kunde sowie Redesign Fracht. Zusätzlich werden mehrere Pilotprojekte, sogenannte Quick Wins, umgesetzt, welche bereits im laufenden Jahr sichtbaren Nutzen bringen sollen. Zwei davon greifen bereits im April 2018.

Quick Win für Firmen: Digitale Beilagen

Neu können Unternehmen die Beilagen zur Zollanmeldung digital einreichen, was bisher nur in Papierform möglich war. Der Beginn des digitalen Zeitalters beim Schweizer Zoll. Nach Ausführungen der EZV ist die Anwendung "E-Begleitdokument" in enger Zusammenarbeit mit der Wirtschaft entwickelt worden und steht aktuell bei Pilotfirmen und Zollstellen auf der finalen Teststrecke. E-Begleitdokument soll nach ersten Erkenntnissen zu erheblichen Zeit- und Kosteneinsparungen führen – auf allen Seiten.

Wie gesagt, das ist nur die erste quicke Massnahme des Digitalisierungsprojekts, welche sofort sichtbaren "Win" auf mehreren Seiten schaffen soll. In letzter Konsequenz sollen sämtliche Prozesse im Zusammenhang mit der Ein- und Ausfuhr von Waren komplett und ohne Medienbrüche digital ablaufen.

Quick Win für Privatpersonen: Verzollung via Smartphone

Mit der neuen App "QuickZoll" können reisende Privatpersonen ihre eingeführen Waren ab Ostern 2018 selbstständig, ortsunabhängig und digital verzollen. Die erste Version der App beschränkt sich auf Standardverzollungen. Der Bereich also, der jene Reisenden betrifft, die Waren einführen, welche die definierten Freigrenzen übersteigen. Konkret die Vielzahl von Grenztouristen, welche für mehr als 300 Franken pro Person einkaufen.

Die App ist insofern intelligent, als sie Freimengen (Wertfreigrenze) automatisch abzieht oder grundsätzlich für den User überprüft, ob er überhaupt Zoll oder Mehrwertsteuer auf seine eingeführten Waren bezahlen muss. Nutzer auf längeren Ferienreisen können zum Beispiel ihre Einkäufe laufend in der App erfassen, vor der Heimreise weiss QuickZoll, ob und was zur Verzollung angemeldet werden muss. Die Abgaben, von QuickZoll berechnet, können vor dem Grenzübertritt direkt mit Mastercard oder Visa bezahlt werden. Für die Einreise in die Schweiz besteht ein (enges) Zeitfenster von zwei Stunden, bei der Bezahlung über die App mit Kreditkarte muss der User angeben, wann er die Grenze überqueren wird. Privatwaren, welche mit QuickZoll verzollt wurden, dürfen über sämtliche Grenzübergänge in die Schweiz eingeführt werden. Für die Benutzung von QuickZoll ist keine Registrierung notwendig und es werden keine Daten gesammelt.

Was die App noch nicht kann
QuickZoll rechnet zum Start mit einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 7,7 Prozent und berücksichtigt aus Gründen der Vereinfachung keinen reduzierten Steuersatz von 2,5 Prozent. Zudem besteht (noch) keine Anbindung zu ausländischen Behörden – wer die Mehrwertsteuer des Ausgangslandes zurückerstatttet haben möchte, muss beim Verlassen des Landes weiterhin den physischen Ausfuhrschein abstempeln lassen. Auch hier dürfte sich in der internationalen Kooperation eher bald etwas bewegen, weil der Personalaufwand beträchtliche Ausmasse angenommen hat – für Zoll-Mitarbeiter, welche nichts anderes tun, als Ausfuhrbescheinigungen von Schweizer Ferien- oder Einkaufstouristen abzustempeln. 


Wie geht's weiter?

Das Transformationsprojekt der Eidgenössischen Zollverwaltung ist ein Riesenprojekt, das der Wirtschaft einen hohen Nutzen bringen und die Zollverwaltung selbst mit massiv verschlankten Prozessen wirkungsvoll entlasten kann. Zwischen 2018 und 2026 werden zahlreiche ineinandergreifende Projekte umgesetzt. Innerhalb von acht Jahren, so die Planung, sollen Verzollung, Abwicklung und Prozesse mit sämtlichen involvierten Partnern komplett digitalisiert funktionieren. 

Ein Feld für Blockchain und Smart Contracts?

Geld, Zahlungsverkehr, Garantien und mehr dürften innerhalb dieser Prozesse eine grosse Rolle spielen, zumal bei Einfuhr und Ausfuhr von Waren immer mehrere Ländern und mehrere Unternehmen involviert sind. Dabei wechseln nicht nur Waren jeweils Land und Besitzer, auch Geld und Geldflüsse stehen im Zentrum. Ob die Eidgenössische Zollverwaltung bereits heute über Blockchain-basierte Prozesse nachdenkt, ist bisher nicht bekannt, aber immerhin wahrscheinlich. Weil die Blockchain für Waren, Güterverkehr, Verzollung, Zahlungen und damit in gewisser Weise für Zug-um-Zug-Geschäfte mit Smart Contracts geradezu prädestiniert sein kann. 

Zuerst die Quick Wins, dann die grossen Prozesse

Die ersten Quick Wins sind ein vorerst kleines, aber starkes Stück "Verzollungsarbeit", weil die bisherigen Prozesse mit Papier mühsam, zeitraubend und oft eher unerfreulich ablaufen. Die EZV verspricht, auch diese QuickWins in Kooperation mit Nutzern und aufgrund von gemachten Erfahrungen laufen zu optimieren.