Banken & Finanzinstitute: Harmonisierung des Zahlungsverkehrs in der Schweiz

Mit dem einheitlichen Euro-Zahlungsraum (SEPA) sind nationale Verfahren, Standards und Formate im europäischen Zahlungsverkehr Geschichte. Diesen europäischen Harmonisierungsschub nutzen die Schweizer Finanzinstitute, um die Vielfalt der proprietären Zahlungsverkehrsinstrumente zu reduzieren und zu standardisieren. Der Schweizer Zahlungsverkehr wird grundlegend umgebaut, harmonisiert und modernisiert.

Die Harmonisierung des Zahlungsverkehrs

Schweizer Überweisungsverfahren von Banken und PostFinance werden in definierten Schritten und festgelegten Fahrplänen vollständig harmonisiert und weitestgehend an europäische Standards angeglichen. Auch die Schweizer Lastschriftverfahren werden angepasst und mit der neuen E-Rechnung kombiniert, neu kommen LEON (Schweizer Banken) und Swiss Direct Debit (PostFinance) zum Einsatz, welche ab 2019 über Paynet harmonisiert werden. Im Zuge der Harmonisierung des Schweizer Zahlungsverkehrs werden die nationalen proprietären Formate DTA/EZAG/EGA/ESR sowie LSV+/BDD ersetzt und durch den ISO 20022-Standard im XML-Format abgelöst oder erweitert. Zudem wird mit der QR-Rechnung der Einzahlungsschein ersetzt, digitalisiert und durch Prozesse rund um den Swiss QR-Code abgelöst.

Finanzinstitute und Fahrpläne

Die zentralen Schritte und gemeinsamen Pläne sind definiert und festgeschrieben. Die Finanzinstitute bestimmen autonom ihren eigenen Fahrplan für die Umstellung einzelner Schritte und koordinieren die Kommunikation mit ihren Kunden selbständig. Die Grossbanken und PostFinance sind bereits seit 2012 mit ihren Angeboten im Markt präsent. Einem Markt, der den ganzen EU-Raum umfasst, da für alle SEPA-Länder dieselben Verfahren, Formate, Standards, Überweisungs-Zeiten und Gebühren gelten. Die Arbeiten für die Harmonisierung des Schweizer Zahlungsverkehrs sind am Laufen und werden von den einzelnen Finanzinstituten in Zusammenarbeit mit ihren Unternehmenskunden und Partnern in festgelegten Phasen durchgeführt.

Kooperation mit Firmenkunden und Software-Herstellern

Alle Finanzinstitute begleiten ihre Firmenkunden und Privatkunden auf dem Weg zur Harmonisierung des Zahlungsverkehrs. Mit Beratung, Hilfestellung und einer Vielzahl konkreter Dienstleistungen, damit innerhalb der Unternehmen die anspruchsvollen Umstellungs- und Anpassungsarbeiten effizient durchgeführt werden können. Jeweils in enger Kooperation mit Software-Herstellern, um den Koordinationsaufwand für alle Beteiligten möglichst gering zu halten.

Harmonisierung und Differenzierung schaffen Unterschiede

Im Zahlungsverkehr war es für Finanzinstitute längere Zeit fast unmöglich, sich über besondere Leistungen zu positionieren. Der Zahlungsverkehr war eine eher austauschbare Basisdienstleistung. Mit der Harmonisierung des Zahlungsverkehr in der Schweiz und mit SEPA im Europäischen Zahlungsraum ergeben sich neue Möglichkeiten, mit Produkten und erweiterten Dienstleistungen klare Unterschiede zu schaffen.

Die Differenzierung kann auf mehreren Ebenen erfolgen. Einerseits im Umfang der angebotenen Services, wie zum Beispiel: Soll SEPA Direct Debit für Lastschrifteinzüger angeboten werden oder nicht? Auf der anderen Seite bei der Beratungsqualität und Beratungstiefe gegenüber Unternehmen und Privatkunden. Insbesondere für Firmenkunden mit internationaler Ausrichtung ergeben sich Optimierungsmöglichkeiten im Bereich Treasury und dem Management von Bankverbindungen, Kunden und Lieferanten. Zahlreiche Finanzinstitute schaffen mit AOS zusätzliche Unterschiede, um ihren Kunden attraktive Spielräume und Optionen im Zahlungsverkehr anzubieten. Beratung und gut geschnürte Dienstleistungspakete von den Banken werden im Umfeld von Open Banking und mit dem Markteintritt neuer Drittanbieter zusätzlich wichtig, um die eigene Position zu stärken.

Neue Marktchancen

Aus Sicht der Finanzinstitute steht ein ganzer Wertschöpfungsbereich mit hoher Kundenbetroffenheit im Fokus der Umstellung. Zumal die Harmonisierung weit über ein reines IT-Projekt hinausgeht, mit direktem Einfluss auf die Geschäftsprozesse. Darin liegen grosse Chancen. Zahlreiche Institute haben das frühzeitig erkannt und sichern sich im damit im neu zu verteilenden Markt der Zahlungsverkehrs-Dienstleistungen entscheidende Vorteile.

Was es bringt

Chancen und Vorteile für Finanzinstitute
  • Erweiterung der Bankgeschäfte im Euroraum
  • Neukunden-Gewinnung im Ausland
  • Harmonisierte Kosten und Gebühren innerhalb des EU-Raums schaffen Vorteile und Spielräume
  • Über Engagement und Beratungsleistungen im Projekt lassen sich neue Dienstleistungepakete bei Kunden platzieren
  • Migrationsprojekt erlaubt Beratungsansatz über Prozesse (auch in Kooperation mit externen Beratern möglich)
  • Kundenbindung durch kompetente Beratung, Begleitung und Support bei firmeninternen Fragen und Problemen innerhalb der Umstellung
  • AOS schaffen Unterschiede: mit Additional Optional Services bieten Banken zusätzliche Dienstleistungen und schaffen Differenzierungsmerkmale
  • Migration und Standardisierung unter ISO 20022 schaffen die Voraussetzungen für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften (Geldwäschereigesetz und andere)
  • Im Umfeld von Open Banking kann gegenüber neuen Drittanbietern die eigene Position gestärkt werden

Änderungen, Termine und Fahrpläne

Die Termine für die zentralen Bereiche und Verfahren des Zahlungsverkehrs:

Die Initiative verändert die Basis des Schweizer Zahlungsverkehrs der letzten fünfzig Jahre. Was in den nächsten Jahren auf dem Finanzplatz eingeführt wird, betrifft alle Akteure und verändert Beleg-, Überweisungs- und Lastschriftverfahren wesentlich.

Romeo Lacher, Vizepräsident im Verwaltungsrat SIX