Bezahlen mit Bitcoin

Bald fast überall in den USA Bezahlung mit Bitcoin Lightning möglich?

Blitze während eines Gewitters
Bild: Slavica | Getty Images

Ja, sagt unser Gastautor Felix Frei, erklärt warum und bringt Neuigkeiten von der Bitcoin Konferenz in Miami mit.

Anlässlich der Bitcoin Konferenz in Miami hat Jack Mallers, CEO von Strike, am 7. April verschiedene Partnerschaften mit den wichtigsten Playern am Point of Sale verkündet. Strike ist eine amerikanisch regulierte Finanzgesellschaft, welche sich das Bitcoin Lightning-Netzwerk zunutze macht, um Zahlungen in Dollar abwickeln zu können.

Was ist Bitcoin Lightning?

Das Bitcoin Lightning-Netzwerk ist ein Peer-to-Peer-Netzwerk, das es ermöglicht, Bitcoins "off-chain" zu überweisen, ohne diese als Transaktion in der Blockchain zu verbuchen. Dadurch öffnet das Lightning-Netzwerk den Weg für Bitcoin-Zahlungen, die sicher, praktisch gratis und in Echtzeit machbar werden. Zahlungen von ganz kleinen Beträgen sind so problemlos möglich.

Was zeichnet Strike aus?

Im Gegensatz zu anderen Payment-Anbietern, wie zum Beispiel PayPal, basiert Strike nicht auf einem in sich geschlossenen Zahlungsnetzwerk, in dem nur Teilnehmer des eigenen Netzwerks Zahlungen ausführen können. Strike nutzt das Lightning-Netzwerk und der entscheidende Punkt dabei ist, dass Strike Dollar-Transfers ermöglicht und zwar wie folgt:

  • Nutzer verbindet sein herkömmliches Bankkonto mit der Strike-App
  • Benutzer tätigt eine Überweisung von 100 US-Dollar aus den USA nach zum Beispiel El Salvador
  • Strike bucht die 100 Dollar vom Bankkonto des Absenders oder der Absenderin ab und schickt den Gegenwert via Bitcoin Lightning nach El Salvador
  • Empfänger werden die 100 Dollar gutgeschrieben

In diesem Beispiel kommen weder Absender noch Empfänger mit Bitcoin als Vermögenswert in Berührung. 

Bis jetzt mussten die in den USA lebenden Verwandten das Geld via Western Union nach El Salvador senden. Im Resultat hohe Gebühren und hohe Risiken beim Cash abheben. Strike konvertiert die Dollars nun also in Bitcoin, schickt sie über das Bitcoin Lightening-Netzwerk und konvertiert sie dann wieder zurück in Dollar. Die Strike App wurde sogar mit Twitter verknüpft, so dass die User ganz einfach Twitter verwenden können. Gemäss Strike-CEO kann die Bevölkerung von El Salvador so bis zu 400 Mio. USD pro Jahr sparen. Für ein kleines Land mit sehr niedrigen Einkommen ist das extrem viel. Das Western Union-Geschäft wurde über Nacht komplett disruptiert.

Im Gegensatz zu Visa, Mastercard oder Western Union musste weder Strike noch El Salvador dafür eine riesige Infrastruktur aufbauen und teure Software entwickeln. Die Bitcoin Ligthning Nodes werden überall auf der Welt von Volontiers betrieben und für die Basis-Software sorgen die Bitcoin Core und Lightning Developer. El Salvador als armes Land hat Instant Payment, das einwandfrei funktioniert. In den USA lebende Verwandte können Geld nun beliebig mit Strike oder einem ganz normalen Bitcoin Lightning Wallet nach Hause schicken.

Währungswechsel ohne traditionelle Devisen-Märkte

Interessant ist, dass es auch möglich sein wird, instant eine Transaktion zu tätigen, bei welcher der Absender oder die Absenderin US-Dollar schickt und Empfänger Euro erhalten – und zwar ohne dass irgendwelche traditionelle Devisen-Märkte involviert sind. Stattdessen wird der USD zunächst in Bitcoin umgewandelt und der Bitcoin anschliessend  in EUR. Da Bitcoin über eine für Retail-Zwecke ausreichende Liquidität bei den Paaren USD/BTC und EUR/BTC verfügt, weicht der resultierende Kurs nicht vom Devisenkurs ab. Die Bitcoin-Märkte sind rund um die Uhr und 365 Tage die Woche in Betrieb und Bitcoin verfügt über ausreichende Liquidität in diversen Währungspaaren.

Bitcoin Lightning am Point of Sale

Wenn ich heute zum Beispiel mit Apple Pay am Kiosk meinen Kaugummi bezahle, habe ich bei Apple Pay meine Kreditkarte hinterlegt. Die Kreditkartengesellschaft erhebt dafür Transaktionsgebühren. Die Kreditkarte habe ich von meiner Hausbank, bei welcher ich ebenfalls eine Jahresgebühr bezahle. Die Kioskbetreiber nutzen für die Abrechnung einen Acquirer, der das Ganze technisch prozessiert und meist auch gleich das Terminal verkauft.

Die User Experience ist convenient, was bedeutet, dass ich nicht mehr die Kreditkarte mitnehmen, sondern lediglich zweimal den Button auf dem iPhone klicken muss. Was aber im Hintergrund geschieht, ist immer noch das Gleiche wie vor fünfzig Jahren.

Nun hat Jack Mallers folgende Partnerschaften angekündigt:

Shopify: Strike macht das Bitcoin Lighting Network für Shopify-Händler zugänglich. Damit können alle Einzelhändler, welche Shopify nutzen, Zahlungen in Bitcoin akzeptieren. Diese werden aber im Rahmen der Transaktion in US-Dollar umgetauscht. Shopify hat etwa 1,7 Millionen Händler in über 175 verschiedenen Ländern.

NCR / Blackhawk: Mit dem gleichen Mechanismus geht Strike Partnerschaften für den Point of Sale ein – mit dem grössten Point of Sale Provider NCF und dem Bezahldienst Blackhawk. So kann nun die unglaubliche Anzahl von 400’000 Händlerinnen und Händler das Lightning Network nutzen und sich die bisherigen Gebühren sparen. Dazu gehören unter anderem auch McDonald’s, Starbucks und Walmart.

Das bestehende Legacy Setup ist schlicht nicht mehr konkurrenzfähig, da die Lösung von Strike auf einem global verfügbaren dezentralen Zahlungsnetzwerk basiert und Strike für die Basisinfrastruktur sehr geringe Kosten aufwenden muss.

Offenes Zahlungsnetzwerk der Zukunft

Wir haben jetzt ein offenes Zahlungsnetzwerk, welches physisch jeden Wertbetrag zu jeder Zeit und an jedem Ort abrechnen kann – und das praktisch ohne Kosten. Das Netzwerk ist nicht geschlossen, jeder kann sich über das Lightning-Netzwerk damit verbinden. 

Im Gegensatz zu den heutigen Anbietern, die in sich geschlossen sind, könnte nun plötzlich ein japanischer Benutzer oder eine japanische Benutzerin eine Instant Payment an einen amerikanischen User schicken, der einen ganz anderen Anbieter verwendet. Das hat enormes Potenzial. Heute sind nur Zahlungen von zum Beispiel PayPal zu PayPal möglich. Ein solches in sich geschlossenes Zahlungssystem ist bezüglich Netzwerkeffekten in der globalen Welt des Internets chancenlos gegenüber einem offenen Netzwerk.

In den USA kann man zukünftig potenziell fast überall mit Bitcoin Lightning bezahlen.

Und hinzu kommt, dass Madeira, Próspera in Honduras und Mexiko angekündigt haben, Bitcoin als offizielles Zahlungsmittel einführen zu wollen.

Bitcoin mit dem Lightning-Netzwerk wird zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz gegenüber der bestehenden Zahlungsinfrastruktur.

Der Autor: Felix Frei

Felix Frei, Comit (Swisscom IT Services Finance)

Felix Frei ist seit 20 Jahren bei Comit, Swisscom Banking, in der IT für die Finanzindustrie aktiv. Er leitet ein Team, welches sich um die Entwicklung und den Betrieb einer führenden Kreditrisiko-Software kümmert. 

Felix befasst sich bereits seit 2015 intensiv mit Kryptowährungen, insbesondere mit Bitcoin. Er engagiert sich in seiner Freizeit unter anderem für die Bitcoin-Info-Plattorm f418.me