Blockchain & Bitcoin

Der umtriebige German Neff will Bitcoin-Gründer Satoshi Nakamoto enttarnen

Detektiv an der Arbeit
Bild: cyano66 | Getty Images

Eine sehr eigenartige Initiative und eine Crowdfunding-Kampagne, welche mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

Ob sich Satoshi Nakamoto bewusst war, welche Welle er lostreten wird, als er sein Bitcoin Whitepaper im November 2008 veröffentlicht hat?

Wahrscheinlich schon, zumindest war der Effekt gewünscht, und der Zeitpunkt war klug gewählt:

Eine heftige Finanzkrise erschütterte die Welt und Satoshi Nakamoto hielt sich nicht damit auf, die Vertrauensfrage zu stellen, er präsentierte seine Sicht der Dinge und auch gleich eine Lösung.

Das war die Geburtsstunde des Bitcoin und der zugrundeliegenden Blockchain.

Warum eine virtuelle Währung?

Die Motivation für das Konzept war ein Vertrauensproblem. Die Entwickler wollten ein Zahlungssystem schaffen, das ausserhalb von Zentralbanken und Vermittlern funktioniert. Im Kern geht es um eine Trennung von Staat und Geld, die Idee einer Demokratisierung von Währungen, welche sich dem Einfluss von Zentralbanken und Intermediären entzieht. Satoshi Nakamoto beschreibt das so:

«Das Kernproblem konventioneller Währungen ist das Ausmass an Vertrauen, das nötig ist, damit sie funktionieren. Mit einer elektronischen Währung, die auf einem kryptografischen Beweis beruht und kein Vertrauen in Mittelsmänner benötigt, ist Geld sicher und kann mühelos transferiert werden.»

Das eigentliche Bitcoin-Netzwerk entstand am 3. Januar 2009 mit der Schöpfung der ersten Bitcoins. Unter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto wurde die erste Version der Bitcoin-Referenz-Software veröffentlicht. Mehrere Entwickler aus der Open Source-Gemeinschaft begannen, Satoshi Nakamoto zu unterstützen und portierten den Bitcoin Core Code auf GNU/Linux.

Satoshi Nakomoto verantwortete die Entwicklung des Bitcoin bis Ende 2010, dann klinkte er sich aus, keine Postings mehr in Online-Foren, keine Kommunikation mit anderen Entwicklern, einfach nur Funkstille.

Wer ist Satoshi Nakamoto?

Sicher ein genialer Geist, sonst jedoch ein Phanton, eine Legende und "nur" ein Name. Ob es sich um eine Einzelperson, eine Entwicklergruppe oder ein anderes Kollektiv handelt – alles unbekannt. Bis heute kennt niemand die Identität, die sich hinter dem Pseudonym Satoshi Nakamoto verbirgt.

Während zwei Jahren Entwicklungsarbeit hat Nakamoto wohl mit anderen Entwicklern kommuniziert, allerdings niemals persönlich. Online hat er Anonymisierungsverfahren genutzt, persönliche Treffen gab es keine – und seit Ende 2010 hat man nichts mehr von ihm gehört.

Gerüchte und Theorien, wer Satoshi Nakamoto sein könnte, gab und gibt es zuhauf. Auch Bekenner und "Geständige" tauchen regelmässig auf, immer bereit, Ruhm und Lorbeer zu ernten – den Thronanspruch konnte bisher allerdings keiner mit Fakten belegen. Die tatsächliche Identität der Bitcoin-Erfinder ist und bleibt im Dunkeln.

Eine Crowdfunding-Kampagne, um Satoshi Nakamoto zu enttarnen

"Es ist an der Zeit, dass wir Satoshi Nakamoto finden", sagt eine "internationale Gruppe von Krypto-Enthusiasten" mit dem sinnigen Namen #Findsatoshi. Der Initiator German Neff startet eine Crowdfunding-Kampagne, um die notwendigen Mittel für die internationale Suche zu beschaffen. 

Konkret sollen über die russische Crowdfunding-Plattform Boomstarter 15 Millionen Rubel eingesammelt werden, das entspricht rund 220'000 US-Dollar. Bis gestern Abend war knapp die Hälfte der Summe zusammen, sofern man den Zahlen auf Boomstarter glauben darf, über 1'500 Mitfinanzierer sollen sich bereits eingetragen haben.

Seltsam allerdings, dass sich die Zahl der angezeigten 1'543 Sponsoren sowie die Summe der eingesammelten Beiträge von insgesamt 7'103'400 Rubel zwischen Nachmittag und Mitternacht nicht mehr bewegt haben. Woran liegt's? Kaum denkbar, dass die Zahlen auf einer Crowdfunding-Plattform nur gerade einmal pro Tag nachgeführt werden.

Mit dem Geld sollen nach Angaben des Initiators, German Neff, mehrere Detekteien in den USA, in Japan und in Europa gleichzeitig beauftragt werden, Satoshi Nakamoto zu finden. Insgesamt vier Detekteien sollen also recherchieren, ausschwärmen und finden, die fündigste von allen wird mit einem Bonus belohnt. Neff zur Budgetverteilung:

"Die Mittel werden zu gleichen Teilen auf die Agenturen verteilt. Darüber hinaus wird die Agentur, die das endgültige positive Ergebnis erzielt, mit einem Bonus belohnt."

Allerdings wird das Gesamtbudget für die Detektive noch etwas gekürzt, der umtriebige Initiator Neff lockt auch Investoren mit einer Belohnung und meldet, dass "die Hauptbelohnung (eine einwöchige Tour in das Land, wo Satoshi gefunden wird) bereits für 500'000 Rubel gekauft wurde".

Gut möglich, dass das flankierende Merchandising-Sortiment auf der Crowdfunding-Seite die Bilanz etwas ausgleicht und zusätzliches Geld in die Kasse spült. Neben dekorativen Nadeln fürs Revers gibt's schöne Pullis mit der Kampagnenmessage für schlappe 5'000 Rubel.

Merchandising mit Kampagnenmessage

German Neff formuliert hehre Ziele – und er hat ein Problem

Die Ziele
Den dringenden Appell, Satoshi Nakamoto finden zu müssen, begleitet German Neff mit folgenden Motiven und Erklärungen:

"Jetzt ist der Markt in einem fragilen Gleichgewicht; für die weitere Entwicklung der Kryptowährung müssen wir wissen, wer Krypto kreiert hat und warum. War es wirklich ein Enthusiast, der der Welt eine unabhängige Währung gab oder war es eine Gruppe von Menschen, die wissenschaftliche oder rein egoistische Zwecke verfolgten? Oder ist Bitcoin eine Erfindung eines grossen Unternehmens oder eines IT-Riesen, der sich entschieden hat, eine neue Richtung einzuschlagen? Kann Bitcoin die staatliche Erfindung sein, die mit dem Zweck kreiert wurde, alle Transaktionen zu steuern?"

"Wir, die internationale Gruppe von Krypto-Enthusiasten #Findsatoshi, initiieren eine internationale Suche nach dem Schöpfer von Bitcoin Satoshi Nakamoto. Die Welt der Kryptowährung muss sicher sein, dass die Kryptowährung kein globaler Betrug ist."

"Wir, die Krypto-Enthusiasten, sind verpflichtet, die Wahrheit herauszufinden, um in dieser Umgebung friedlich zu existieren. Ohne die Befürchtung, dass morgen ein Mann hinter den Vorhängen erscheinen wird, der ankündigt, dass der Zirkus vorbei ist und dann wieder verschwinden wird."

"Wir bezahlen die Welt der Kryptowährung mit unserem Glauben und wir haben das Recht, die Identität von Satoshi zu kennen."

Weitere Ziele und Absichtserklärungen, teilweise eher halb als ganz schlüssig, können auf der russischen Crowdfunding-Plattform Boomstarter nachgelesen werden.

Die Neugier und die Fragen mögen berechtigt sein, einzig das bedingungslos geforderte und in Anspruch genommene Recht, die Identität von Satoshi zu kennen und ihn hinter dem Vorhang hervorzerren zu wollen, möchten wir von der Redaktion der Gruppe und Herrn Neff absprechen. Es gibt kein Recht, jemanden zu enttarnen, der sich nichts hat zuschulden kommen lassen und der nicht enttarnt werden möchte. Und damit ist dann auch gleich das Problem verbunden.

Das Problem
Herr Nakamoto, Frau Nakamoto, Familie Nakamoto, die Entwicklergruppe Satoshi oder vielleicht das Konsortium Satoshi Nakamoto – sie alle und wer auch immer haben sich in den Jahren 2008 bis 2010 dafür entschieden, in der Anonymität zu wirken. Seit 2011 dann nicht mal mehr anonym, sondern einfach schlicht nicht mehr vorhanden.

Anstand und Ethik jetzt einmal ausgeblendet, es dürfte auch internationalen Meisterdetektiven mit einem geschätzten und beschränkten Budget von 50'000 Dollar pro Agentur sehr schwer fallen, diese Mauer des Schweigens zu durchdringen und auf dem Terrain der nicht hinterlassenen (persönlichen) Spuren fündig zu werden. 

Aber möglicherweise geht's ja auch nicht wirklich um Spurensuche, vielleicht stehen ganz andere Ziele im Vordergrund, die jetzt noch keiner kennt.

Wer ist German Neff?

Wir wiederholen im Originalwortlaut den kargen Steckbrief von German Neff, mit dem er sich selbst auf der Boomstarter-Website beschreibt:

Crypto Enthusiast, Investors from Estonia (Tallinn).
Education: university-level legal education.
Over the past three years, I have been collecting information about the creator of Bitcoin - Satoshi Nakamoto. I'm doing an amateur investigation.

The founder of #Findsatoshi crypto-enthusiast community, who wants to find out the name of Bitcoin creator and the true motive of his actions.

Für unsere Redaktion war German Neff bis zum Start seiner internationalen Suchaktion von Satoshi Nakamoto ein unbeschriebenes Blatt – was nichts heisst, in Estland kennen wir nur gerade eine Handvoll Leute und in Talinn sind sehr viele Entwickler, Macher und Krypto-Enthusiasten zu Hause.

Einige Rückfragen und eine Kurzrecherche haben allerdings keine zusätzliche Farbe aufs unbeschriebene Blatt gebracht und auch Google scheint German Neff nicht mit Einträgen zu verwöhnen. 

Deshalb: Details zum Projekt und zum Initiator vorderhand ausschliesslich auf boomstarter.ru

Das Video zur Crowdfunding-Kampagne