Vollgeld

Der Bundesrat zur Vollgeld-Initiative

Bild: Cokada | Getty Images

Die Haltung war bereits zuvor klar, an der Medienkonferenz hat der Bundesrat sein Nein zur Vollgeld-Initiative mit Begründungen und Argumenten untermauert.

Die Schweizer Bevölkerung stimmt am 10. Juni 2018 über die Vollgeld-Initiative ab. An der gestrigen Medienkonferenz hat Bundesrat Ueli Maurer, Eidgenössisches Finanzdepartement, zusammen mit Serge Gaillard, Direktor Eidgenössische Finanzverwaltung, die Haltung des Bundesrates zur Vollgeld-Initiative dargelegt. 

Der Bundesrat vertritt die Ansicht, dass sich die Schweiz bei einer Annahme der Initiative selbst zum Experimentierfall für ein unnötiges und riskantes Vorhaben machen würde. Zudem, so Bundesrat Ueli Maurer, würde der Bankensektor geschwächt und die Schweizerische Nationalbank (SNB) würde stärker unter politischen Druck geraten.

Die wesentlichen Argumente des Bundesrates in der Zusammenfassung

Unnötiges und riskantes Experiment: Der Bundesrat anerkennt die Bedeutung eines sicheren Finanzsektors und eines stabilen Finanzsystems. Die Reform wäre aber ein nationaler Alleingang und hätte eine weitgehende und unerprobte Umgestaltung des heute gut funktionierenden Geld- und Währungssystems sowie des Finanzsektors zur Folge. Eine solch tiefgreifende Neuordnung wäre mit erheblichen Risiken verbunden.

Schwächung des Bankensektors: Die Initiative würde den Finanzsektor schwächen, auch zum Schaden der Bankkundinnen und -kunden. Die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken und damit die Finanzierung von Investitionen wären stark eingeschränkt. Die Banken wären zur Finanzierung von Krediten auf andere, tendenziell teurere Finanzierungsquellen angewiesen. Diese Zusatzkosten dürften auf die Kundinnen und Kunden überwälzt werden.

Machtkonzentration bei der SNB: Die Initiative sieht vor, dass die SNB die Versorgung der Wirtschaft mit Krediten gewährleistet. Dadurch würde die Kreditsteuerung bei der SNB zentralisiert. Eine solche Machtkonzentration ist nicht sinnvoll. Die Banken sind näher bei den Kundinnen und Kunden und können den Kreditbedarf und die Kreditrisiken besser einschätzen.
 

Diese schuldfreie Inverkehrssetzung von Geld durch die Nationalbank ist einer der grossen Nachteile dieser Initiative, das schafft mit Sicherheit Begehrlichkeiten – und Instabilität

Serge Gaillard, Direktor Eidgenössische Finanzverwaltung
 

Gefahr für die Unabhängigkeit der SNB: Wenn die SNB Geld “schuldfrei“ schaffen und es direkt an Bund, Kantone oder die Bevölkerung verteilen müsste, würden Staatsausgaben zum Teil direkt durch die SNB finanziert. Die SNB wurde dadurch vermehrt politischen Begehrlichkeiten ausgesetzt. Dies würde die Geldpolitik erschweren und die Sicherstellung der Preisstabilität gefährden. 

Wirksamere Massnahmen für Finanzstabilität: Der Bundesrat befürwortet wirksame Massnahmen für die Finanzstabilität. Seit der Finanzkrise haben Bundesrat und Parlament für alle Banken die Anforderungen an Liquidität und Eigenkapital erhöht. Auch wurde der Einlagenschutz ausgebaut, sodass bei einem Bankenkonkurs bis zu 100'000 Franken pro Kundin oder Kunde und pro Bank gesichert sind. Im Gegensatz zur Vollgeld-Initiative können diese Massnahmen ohne riskante Nebenwirkungen die Finanzstabilität gezielt verbessern.

Eine zusätzlichen Aspekt, im Zusammenhang mit einer monetären Machtballung bei der Nationalbank, sieht Bundesrat Ueli Maurer auch darin, dass Initiativen oftmals Instrumente für "Schönwetterlagen" anbieten, die dann in Krisensituationen nicht funktionieren. Er fasst eine mögliche Auswirkung salopp zusammen und sagt:
 

Das System muss dann funktionieren, wenn es Krisen gibt. Und dann steht die Nationalbank plötzlich alleine da mit einem Direktorium von drei Leuten und dirigiert die Schweiz.

Rund um die Medienkonferenz

Bundesrat Ueli Maurer hält fest, dass der Bundesrat und das Parlament "mehr oder weniger geschlossen mit sehr grossen Mehrheiten diese Initiative zur Ablehnung empfehlen". Maurer benennt zwei Punkte, weshalb die Initiative an sich schwierig einzuordnen ist:

Zum einen ist das Thema komplex, die Intiative lässt sich deshalb sehr schwer erklären. Zum anderen fehlen Erfahrungen, es gibt keinen Vergleich, weil auf der ganzen Welt kein Land mit einem Vollgeld-System operiert. Bundesrat Maurer unterstreicht dann auch, dass sich bisher kein einziges Land getraut habe, die "theoretische und bald hundertjährige Idee des Vollgeld-Systems" in der Praxis einzuführen.

Maurer vertritt die Auffassung, dass dieses theoretische Konstrukt von Wissenschaftlern im Bereich von Theorie und Wissenschaft belassen werden sollte. Weil die damit verbundenen Unsicherheiten und Risiken schlicht nicht abgeschätzt werden können.
 

Es weiss also niemand wirklich, wie in der Praxis dann diese Vollgeld-Initiative funktionieren würde


Im Folgenden präsentieren Bundesrat Maurer und Serge Gaillard die Intiative, die Argumente der Befürworter und die Gegenargumente von Bundesrat und Parlament im Detail. Die Bandbreite der Ausführungen ist interessant, ein Blick in den Video-Mitschnitt der Konferenz lohnt sich.

Doks und Informationen vom EFD

Das Eidgenössische Finanzdepartement stellt verschiedene Dokumente zur Verfügung, die gleich unten runtergeladen werden können. Neben den Argumenten des Bundesrates in Kurzform ist das "Gegenargumentarium zur Entkräftung der Argumente des Initiativkomitees" nicht ganz ohne.

Ebenfalls nützlich: das FAQ, welches sehr breit angelegt ist und versucht, auf alle möglichen Fragen rund um die Vollgeld-Initiative Antworten zu liefern, die ein Verständnis für die gesamte Thematik schaffen können.