Die Blockchain als Basis für den Aktienhandel

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Um die Hochschule Luzern formiert sich ein Konsortium, das dem ausserbörslichen Wertschriftenhandel in der Schweiz Flügel verleihen will.

Im Zusammenhang mit der Blockchain standen noch vor wenigen Monaten primär Absichtserklärungen und Zwischenberichte zu grundsätzlichen Forschungsansätzen im Vordergrund. Medien, auch ISO-20022.ch, berichteten vor allem über Möglichkeiten, Ansätze und Potenziale. Das liegt in der Natur der Sache, die Blockchain ist eine komplexe Technologie und kein pfannenfertiges Tool, das per Knopfdruck anwendbar gemacht werden kann. Zahlreiche Player haben die Zeit jedoch gut genutzt, die Nachrichten zur Blockchain werden konkreter.

Mehr und mehr kommen reale Projekte auf die Agenda. Zum Beispiel vor wenigen Tagen das Engagement der UBS mit der Clearing-Währung Utility Settlement Coin (USC). Und aktuell ein bemerkenswertes und breit abgestütztes Projekt der Hochschule Luzern in Kooperation mit der ZKB und anderen Partnern. Ein Projekt, das den ausserbörslichen Handel mit Wertschriften auf der Basis der Blockchain neu organisieren will. Gelingt das Projekt, profitieren sämtliche Finanzinstitute auf dem Finanzplatz Schweiz von der neuen Lösung. Und der abstrakte Begriff "Blockchain" bekommt für alle ein fassbares Gesicht – mit einer Anwendung, die im Alltag funktioniert und täglich hohen Nutzen schafft.

Das Forschungsprojekt

Nicht kotierte Schweizer Wertpapiere werden bilateral zwischen Finanzinstituten gehandelt (OTC-Trading). Die oftmals aufwändige, risikobehaftete und auch zeitraubende Abwicklung solcher Geschäfte sind dem Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern ein Dorn im Auge.

Deshalb soll ein Blockchain-basierter Software-Prototyp entwickelt werden, der ausserbörsliche Handelsgeschäfte vereinfacht, beschleunigt (Ziel: in Echtzeit), sicherer macht und durch den automatischen Transaktionsableich auch Kosten spart.

Das Konsortium

Um die Hochschule Luzern hat sich ein Konsortium formiert, das die Erfahrung und das Know-how aller notwendigen Bereiche mit einbringt – mit an Bord sind InCore Bank, Inventx, SIX, Swisscom, ti&m sowie die Zürcher Kantonalbank. Der Projektleiter, Mathias Bucher, zur Zusammensetzung des Konsortiums:

«Das breit abgestützte Konsortium verfügt über viel Markterfahrung, das nötige Entwicklungs-Know-how und eine hervorragende IT-Infrastruktur. Es stellt damit die Praxistauglichkeit dieser neuartigen Lösung sicher. Nicht zuletzt stärkt das Projekt den Ruf des Schweizer Finanzplatzes als innovativer und regulierungskonformer Standort.»

Die Technologie

Das Projekt basiert auf einer Variante der Blockchain-Plattform Ethereum, welche durch das Technologie-Unternehmen Ethcore für die Ziele des Konsortiums ausgelegt und fit gemacht worden ist. Mathias Bucher umschreibt die Ethereum-Blockchain als "dezentralen und kryptografisch gesicherten Computer, welcher abgewickelte Transaktionen in chronologischer Ordnung unwiderruflich und fälschungssicher aufbewahrt".

Was es bewirkt und wer davon profitiert

Neben den gesteckten Zielen in Bezug auf Tempo, Sicherheit und Kosteneinsparungen, soll das Trade Reporting sämtliche aktuellen und auch zukünftigen regulatorische Anforderungen erfüllen. Das entlastet auch die am System teilnehmende Finanzinstitute, welche von der neuen Lösung profitieren möchten. Das Projekt ist als offener System-Standard für den Finanzplatz Schweiz gedacht, der allen Finanzinstituten zur Verfügung stehen soll. Konkret: das neue Netzwerk ist nicht auf das Konsortium beschränkt, das System wird als Open Source-Lösung konzipiert.

Bedeutung für die Schweiz

Kann das ehrgeizige Projekt umgesetzt werden, profitieren der Finanzplatz und der Technologie-Standort Schweiz in mehrfacher Hinsicht. Zum einen: Der Finanzbranche steht ein Open Source-System auf Blockchain-Basis zur Verfügung, das von sämtlichen Finanzinstituten genutzt werden kann. Zum anderen: Die beteiligten Technologie-Unternehmen haben ein anspruchsvolles Blockchain-Projekt im Portfolio, das in der Praxis läuft, das weiterentwickelt und für andere Bereiche erweitert werden kann. Und vor allem: Die Hochschule Luzern sowie die Partner des Konsortiums helfen mit, der Blockchain "ein Gesicht" zu geben – in Gestalt einer Anwendung, die konkrete Probleme löst und damit fassbaren Nutzen schafft.

So gesehen ist jede Initiative willkommen, welche den abstrakten Begriff "Blockchain" entmystifiziert und in Form breit genutzter Anwendungen in die tägliche Praxis von Finanzinstituten transportiert. Und damit auch den Beweis antritt, dass die Blockchain wohl hochkomplex sein mag, im Kern jedoch gerade dadurch den Boden für alltagstaugliche Lösungen schafft, von denen alle Beteiligten direkt profitieren.

Sicher mit ein Grund, weshalb das Projekt von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) des Bundes gefördert und unterstützt wird.

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