Swiss Banking Operations Forum 2016

Bild: Oscar Neira iso-20022.ch | Sophia Bantanidis (Citigroup) | Daniel Wettstein (Tagungsleiter)

Ein Rückspiegel für alle, die mit dabei waren. Eine Zusammenfassung für jene, die einen tollen und runden SIX Event verpasst haben.

Der jährliche SBOF-Event von SIX hat Tradition – und vermittelt einen guten Überblick über Stand und Entwicklung zahlreicher Bereiche, welche den Finanzplatz Schweiz bewegen.

Ebenso traditionell und dennoch immer neu und anders: die originelle Begrüssung von Daniel Wettstein (ehemaliger, langjähriger Direktor Operatives Bankgeschäft, Schweizerische Nationalbank), der als Moderator durch den Tag führt.

Voller Saal, prallvolle Agenda und spannende Themen: iso-20022.ch war am Swiss Banking Operations Forum 2016 mit dabei. Unser Korrespondent Oscar Neira hat seine Eindrücke und Notizen für Sie zusammengefasst.

Innovation@SIX | Der Innovations-Inkubator von SIX

Markus Graf, Head Innovation Management DGI, SIX Group Services

Den Start machen die "Jungen Wilden mit den Turnschuhen" des SIX FinTech Inkubators F10. Markus Graf gibt einen Überblick zu den bisherigen Erfahrungen des Inkubators, zu Hintergrund, Umfeld und Innovationen. Graf legt Wert auf die Feststellung: Es braucht Offenheit und eine spezielle Kultur, um Innovation zuzulassen und damit überhaupt möglich zu machen. Deshalb der Appell an das Management von Banken, offen zu sein – auch und gerade für Technologien, die das angestammte Geschäft kannibalisieren können. Aus naheliegenden Gründen:

Der Inkubator F10 überlässt Fintech nicht einfach den Anderen, sondern spielt in der ersten Reihe mit – und Schweizer Banken profitieren direkt von F10-Innovationen. Weil: SIX und damit auch F10 gehört den Banken. Deshalb öffnet Markus Graf die Türen und lädt die Teilnehmer ein, jederzeit beim Inkubator reinzuschauen – auch unangemeldet. Um sich selbst ein Bild zu machen, was konkret entwickelt wird und welche Technologien den Finanzplatz Schweiz weiterbringen werden.

Lohnender Blick: Website F10 powered by SIX

Mobile Payment-Strategien von SIX | Beispiel Paymit

Thomas Landis, Head P2M Exploration Product Management, SIX Payment Services

Thomas Landis präsentiert die Geschichte von Paymit: Entstehen, Ziele, bisherige Stationen und vor allem, die Meilensteine im laufenden Jahr. Die Pipeline ist voll und Paymit wird um zahlreichen Funktionen erweitert in den Bereichen Händler App, Anbindung Terminals, E-Commerce und mehr.

Paymit in Zahlen
Bisherige Downloads Paymit App: mehr als 260’000
Transaktionen beim Start im Mail 2015: 12'572 mit einen durchschnittlichen Betrag von CHF 15.–
Transaktionen im Januar 2016: 55'509 mit einen durchschnittlichen Betrag von CHF 66.–

Die Herausforderungen bei Paymit liegt im Moment nicht in der Entwicklung der Nutzerzahlen oder fehlenden Transaktionen, sondern vielmehr in der Limitierung der Maximalbeträge, die pro Teilnehmer monatlich oder jährlich über Paymit abgewickelt werden dürfen.

So oder so, Paymit ist gut unterwegs und hat noch sehr viel vor.

Interessant bleibt, ob und wie in Zukunft Paymit (SIX) und TWINT (PostFinance) kooperieren werden, zu diesem Thema liegen im Moment noch keine Informationen vor. Eine "Fusion", wie auch immer ausgelegt, würde den Bereich entscheidend stärken und Terrain in der Schweiz belegen.

Paymit: Website

Compliance-Aspekte der Blockchain-Technologie

Sophia Bantanidis, EMEA Head of Regulatory & Market Strategy, Citigroup

Sophia Bantanidis referiert über die Blockchain. Was es ist, was es den Finanzinstituten bringen kann und was die Blockchain aus Sicht der Compliance bedeuten kann. Bantanidis hebt einen Punkt besonders hervor, der offensichtlich nach wie vor zu reden gibt:

Das Potenzial und die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain gehen weit über Bitcoin und andere Kryptowährungen hinaus. Nahezu die gesamte Wertschöpfungskette der Banken kann durch den intelligenten Einsatz der Blockchain-Technologie verändert, optimiert und dadurch auch effizienter gestaltet werden. Sophia Bantanidis sieht in der Automatisierung von Prozessen auch eine massive Reduktion von personellen Ressourcen in einzelnen Bereichen.

Fragerunde: Kann die Blockchain bei Zentralbanken im Zusammenhang mit Zentralbankengeld auch eine Rolle spielen? Statement von Sophia Bantanidis: Es laufen Projekte in diesem Bereich und die Bank of England testet derzeit konkrete Einsatzmöglichkeiten.

Das Projekt "Instant Payments" der EBA Clearing

Britta Kotthaus, EURO1 New Developments, EBA Clearing

Das nächste grosse Thema in Europa: SEPA Instant Payments. Britta Kotthaus präsentiert Kernpunkte der Initiative, die durch 39 europäische Banken unterstützt und gefördert wird, aus EBA-Sicht. Ab November 2017 werden diese Banken bereit sein und diese zentrale SEPA-Weiterentwicklung einführen. Aber was bedeutet "Instant" genau und was gehört bei der EBA-Initiative mit dazu?

Wichtig für die Banken ist, dass die Initiative auf dem SEPA-Regelwerk basiert, ISO 20022-Standard inklusive, weil in den letzten Jahren sehr viel in diese Standards investiert worden ist.

Der Dienst soll 24 Stunden pro Tag, 7 Tage pro Woche und 365 Tage pro Jahr verfügbar sein. Eine SEPA-Zahlung bis zu einem Maximalbetrag von EUR 15’000 soll innerhalb von 1,5 Sekunden von der Auftraggeber-Bank zur Zahlungsempfänger-Bank übermittelt und verarbeitet werden. So sind SEPA Instant Payments auf der Agenda von EBA Clearing definiert.

Etwas Zukunftsmusik gibt's auch von Britta Kotthaus: eine europaweite Datenbank, welche die Mobile-Telefonnummer mit der IBAN verbindet. Damit könnte könnte der Service von Instant­ Mobile Payments gewährleistet werden. Das sind vorerst "nur" Ideen, an denen noch gearbeitet wird, die Entwicklung bleibt spannend.

Swiss Express Zahlung | Aktueller Stand und weiteres Vorgehen

Boris Brunner, Executive Director, SIX Interbank Clearing

Auch die Schweiz will es schneller und wenn möglich sofort haben. Boris Brunner stellt eine Lösung vor, die durch eine Arbeitsgruppe mit Banken ausgearbeitet worden ist: die Express-Zahlung. Das Projekt "Swiss Express Zahlung" ist eine Idee und Zwischenlösung, um mittelfristig Instant Payments zu ermöglichen. Wichtig zu wissen: SIC als RTGS lässt heute schon Echtzeit­-Zahlungen zu. Der Anpassungsaufwand für eine garantierte End-to-End-Dienstleistung liegt vor allem auf Seite der Finanzinstitute.

Die zentralen Koordinaten von Swiss Express Zahlung
Maximale Dauer vom Zahler bis zum Empfänger garantiert innerhalb von 10 Minuten. Der Auftraggeber soll bereits vorher wissen, ob die Empfängerbank "Express-Zahlunga-tauglich" ist. Zudem sind keine Höchstlimiten beim Überweisungsbetrag vorgesehen.

Wermutstropfen: Die Betriebszeiten für den Service der Swiss Express Zahlungen bleiben eingeschränkt. Express-Zahlungen können nur von Montag bis Freitag zwischen 08:00 und 16:00 Uhr verarbeitet werden.

Im Kern ein sinnvoller Zwischenschritt. Instant Payments nach SEPA-Definition werden jedoch sicher auf dem Radar bleiben, damit die Schweiz nicht ins Hintertreffen gerät.

LEON – Lastschrift und E-Rechnung

Martin Frick, Head Electronic Payments, SIX Interbank Clearing

LEON ist ein weiterer wichtiger Meilenstein für den Schweizer Finanzplatz: die Harmonisierung von Lastschriften und E-Rechnung. Mit der Idee, die E-Rechnung zu forcieren und dabei E-Rechnung und Lastschriften zu kombinieren.

Martin Frick präsentiert Details und Roadmap für die Entwicklung der innovativen und neuen Infrastruktur für E-Rechnung und LSV. Mit LEON soll der Anteil von Papierrechnungen weiter reduziert, gleichzeitig das LSV und die E-Rechnung gefördert werden.

Kooperation Schweizer Banken und PostFinance
Im November 2015 haben SIX und PostFinance ihre Zusammenarbeit bei E-Rechnungen und Lastschriften bekanntgegeben. Ein sehr wichtiger Schritt, weil diese Kooperation und Harmonisierung in Zukunft Einlieferungen über einen einzigen Kanal möglich macht – verbunden mit substantiellen Erleichterungen und damit auch Kostenreduktionen für Rechnungssteller.

Das gemeinsame Ziehen am gleichen Strang bringt Vorteile für alle Beteiligten. Zudem dürften die gebündelten Kräfte in der Kommunikation den Instrumenten Lastschrift (Anteil 5% des gesamten Transaktionsvolumens in der Schweiz, gegenüber 50% in Deutschland) und E-Rechnung zusätzlichen Schub in der Schweiz verleihen.

PostFinance wird 2019 auf die neue und gemeinsame Infrastruktur migrieren.

EBICS | Ein europäischer Standard mit Zukunft

Carsten Miehling, CEO, PPI Schweiz

Über sechs Themen positioniert Carsten Miehling EBICS als einen europäischen Standard mit Zukunft. Kurz gefasst: EBICS ist mehr als nur Dateitransfer, funktioniert international, ergänzt ISO 20022, bietet höchste Sicherheit, erfüllt Regulierungsanforderungen, ist Multibanking und Interbanking.

Eine Herausforderung des Kommunikationsprotokolls liegt darin, dass zurzeit noch unterschiedliche, länderspezifische Ausprägungen des Standards bestehen (Deutschland und Frankreich). Mit dem Beitritt der Schweiz zur EBICS-Gesellschaft (Mai 2015) hat die Diskussion der Harmonisierung zusätzlichen Schub bekommen. Die EBICS Working Group (besetzt mit Experten aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz) fokussiert auf eine einheitliche, strukturierte Lösung: EBICS BTF (Business Transactions & Formats). Bis Ende 2016 soll die Spezifikation vorliegen, EBICS BTF soll Bestandteil der nächsten EBICS-Version sein.

Ein wichtiger Schritt zur durchgängigen Internationalisierung der multibankfähigen Kunde-Bank-Kommunikation.

Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz | PaymentStandards.CH

Andreas Galle, Leiter Business Management, SIX Interbank Clearing

Maya M. Bertossa, Projektleiterin Kommunikation, SIX Interbank Clearing

Andreas Galle präsentiert einen Überblick zum übergeordneten Thema Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz: Wie es kam. Weshalb es notwendig ist. Was es beinhaltet. Und was es allen Beteiligten bringt. Sämtliche Banken haben die Herausforderung angenommen und nach Andreas Galle liegt der Stand der Arbeiten der Finanzinstitute innerhalb der festgelegten terminlichen Phasen und Pläne.

Galle erinnert daran, dass diese tiefgreifenden Anpassungen im Zahlungsverkehr nicht nur mit dem europäischen Standard SEPA zu tun haben, sondern auch mit regulatorischen Anforderungen. Der flexible Standard ISO 20022 vereinfacht die Einhaltung der Vorgaben, einer Zahlung zusätzliche Informationen "mitzugeben". Und auch zukünftige neue Vorgaben können sehr viel einfacher integriert werden.

Maya M. Bertossa stellt die Kommunikationsmassnahmen rund um die Plattform PaymentStandards.CH vor, welche im Dezember 2015 lanciert worden ist.

Aktuell stehen Firmenkunden, Software-Hersteller und Branchenverbände als Multiplikatoren im Fokus. In nächster Zeit sind flächendeckende Informationskampagnen für die verschiedenen Zielgruppen geplant, in Kooperation mit Grossbanken wie UBS, CS und PostFinance.

Maya M. Bertossa appelliert auch an die anwesenden Bankenvertreter im Saal, tagesaktuelle Kommunikationsmittel zu nutzen, um Kunden zu sensibilisieren. Zum Beispiel durch Informationen auf den Kontoauszügen oder durch Informationen beim Einstieg ins E-Banking.

PaymentStandards.CH: Website

Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz | Die Sicht eines Softwarepartners

Raphael Bättig, Product Marketing Manager, SAGE

Raphael Bättig stellt die Haltung zur Harmonisierung Zahlungsverkehr Schweiz aus der Sicht der Softwarehersteller vor: Eine Harmonisierung ist grundsätzlich wünschenswert. Alles, was Vereinheitlichung bringt, ist von Vorteil für Hersteller von Standard Business Software wie SAGE (ca. 60’000 KMU-Kunden in der Schweiz).

Auf der anderen Seite
Unterschiede, Ausnahmen und abweichende Roadmaps schaffen auch Knackpunkte für Softwarehersteller. Raphael Bättig führt als Beispiel verschiedene AOS (Additional Optional Services) von Banken an. Also zusätzliche Services und Sonderleistungen, die individuell pro Bank besprochen und abgeklärt werden müssen. Zudem existieren unterschiedliche Roadmaps von SIX und von PostFinance.

Neue Chancen
Für die Softwarehersteller liegen in der Harmonisierung auch neue Chancen. Zum Beispiel im Bereich der elektronischen Kontoauszüge. Raphael Bättig sieht darin Möglichkeiten, Kunden neue und sinnvolle Services anzubieten – beispielsweise in Form einer ausgeklügelten Cash Forecasting-Funktion. Die Vorschau auf die Entwicklung der Liquidität bringt nicht nur bestehenden Unternehmen Vorteile, sondern vor allem auch Startups. Immerhin erleiden 8 von 10 Startups aufgrund von fehlender Liquidität Schiffbruch.

Laut Raphael Bättig ist SAGE Schweiz bereit und gut aufgestellt für die Zukunft des neuen Zahlungsverkehrs.

Präsentationen Swiss Banking Operations Forum

Sämtliche Präsentationen der Zahlungsverkehrs-Fachtagung 2016 sind auf der Website von SIX Interbank Clearing zum Runterladen verfügbar.

Die Ausgabe 2016 des Swiss Banking Operations Forum ist am 12. Mai 2016 in Zürich durchgeführt worden.

Korrespondent am SBOF 2016: Oscar Neira
Redaktion iso-20022.ch: Ruedi Maeder


Stichworte im Lexikon: Fintech | Mobile Payment | Blockchain | Instant Payments | EBICS | LEON | AOS

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