Startup-Szene Schweiz

Damit Startups weiterhin Innovationsmotoren sind

Dr. Tillmann Lang, CEO und Gründer von Yova
Dr. Tillmann Lang, CEO und Gründer von Yova

Ein Kommentar von Tillmann Lang: Was die Corona-Krise für Schweizer Startups bedeutet und welche Unterstützung sie aktuell brauchen.

Ein Startup erfolgreich aufzubauen bedeutet, mit täglichen Kämpfen und Rückschlägen umgehen zu können. Die Corona-Krise hat die Herausforderungen für Startups auf der einen Seite erhöht, auf der anderen Seite aber auch Chancen freigesetzt. 

Existenziell sind zunächst die finanziellen Ressourcen – in einer solchen Krise sicherlich noch entscheidender. Hier sind vom Bund und den Kantonen recht schnell Massnahmen auf den Weg gebracht worden, allerdings helfen sie Startups nicht wirklich und zwar aus zwei Gründen:

Viele der guten Massnahmen können Startups einfach nicht nutzen. Dazu zählen zum Beispiel die Beihilfen für kleine und mittlere Unternehmen. Hier sind Startups ausgenommen, weil sie in der Regel noch nicht über die Einnahmen verfügen, die sie benötigen, um sich zu qualifizieren. Zudem sind die gründungsspezifischen Unterstützungen Darlehen, für die der Staat und/oder der Kanton teilweise bürgen. In Kantonen wie Zürich ist die Bürgschaft nur zum Teil garantiert, was bedeutet, dass nur sehr finanzstarke Startups das Darlehen erhalten können. Und junge Startups sind naturgemäss fast nie finanzstark. Deshalb funktioniert es für sie einfach nicht. Wenn sie doch einen Kredit erhalten, dann bedeutet dieser Kredit für sie langfristig eine erhebliche Belastung. Denn bestehende Darlehen schrecken neue Kapitalgeber ab. Daher braucht es dringend Nachbesserungen, wenn die Schweiz ihr tolles Startup-Ökosystem wettbewerbsfähig halten möchte.

Mut von etablierten Unternehmen 

Wenn die Schweiz und insbesondere Zürich ihren Status als Innovationszentrum mit einer jungen Startup-Szene behalten wollen, bräuchten sie zudem eine deutlich konstruktivere Art und Weise, um ihre Startups in Krisenzeiten zu unterstützen. Für den Rest der Wirtschaft macht die Schweiz das ja bereits sehr gut. Eine Rolle könnten hierbei etablierte Unternehmen spielen. Sie sollten weiterhin mit Startups arbeiten, auch wenn dies zum Teil bedeuten kann, dass sie in diesen auch für sie schwierigen Zeiten etwas selektiver vorgehen müssen. Was auf keinen Fall passieren sollte, ist ein Erliegen der Innovationskraft. Alle B2B-Startups brauchen Geschäftskunden, die bereit sind, Neues auszuprobieren und in innovative Lösungen zu investieren. 

Wichtig ist es daher, weiter die Rahmenbedingungen zu fördern. Eine der Stärken in der Schweiz und in Zürich ist es, Talente anzuziehen. Dies ist mit dem Crypto Valley und der Krypto-Szene bisher gelungen. Sie hat die Schweiz auch für internationale Startups zu einem noch begehrteren Standort gemacht. Das Land befindet sich in einer guten Position. Die Corona-Krise bietet eine Chance, diese Position noch stark zu verbessern.

Digital zahlt sich aus

Startups im Online-Bereich könnten tatsächlich von der Krise profitieren, weil die Menschen im Moment viel mehr Zeit online verbringen. Momentan ist es einfacher für Startups, die eine Dienstleistung anbieten, welche die Menschen unabhängig vom wirtschaftlichen Kontext nutzen. Noch besser geht es Startups, die Abonnementmodelle nutzen, bei denen die Kunden nicht ständig neu zum Kaufen motiviert werden müssen.

Schwierig wird es für diejenigen sein, die Bedürfnisse ansprechen, die ein bisschen mehr ein Luxus sind, auch wenn wir sie nicht als einen solchen Luxus ansehen. Dass Airbnb einen grossen Teil seiner Mitarbeiter entlassen muss, ist ein Beispiel dafür. Aber das gilt zum Beispiel auch für die starken Zürcher TravelTech Startups, die mit Reisetechnologie internationales Renommee aufgebaut haben, jetzt aber unter den Reisebeschränkungen leiden. 

Krisenzeiten verstärken den Blick auf das Wesentliche – ein Vorteil für Nachhaltigkeit

In Krisenzeiten ändert sich auch das Konsumverhalten. Bei Yova merken wir, dass viele Menschen darüber nachdenken, was ihnen wirklich wichtig ist. Wir sehen, dass dies eine starke Motivation sein kann, ein Impact Investor zu werden. Zum Beispiel haben sich viele unserer neueren Kunden entschieden, in Unternehmen zu investieren, welche die Bekämpfung von Krankheiten vorantreiben. Aber auch unsere anderen Impact-Themen, wie der Klimawandel oder die Gleichstellung der Geschlechter, werden stark nachgefragt. Dabei setzen vor allem jüngere Leute auf Robo-Advisor als digitalen Vermögensverwalter und steigen so erstmals in die Aktienanlage ein. Dabei ist Nachhaltigkeit kein Trend. Es ist eine wesentliche Veränderung in der Art und Weise, wie Menschen leben wollen und wie sie Entscheidungen treffen. Daran ändert auch Corona nichts.

Der Autor: Dr. Tillmann Lang

Dr. Tillmann Lang ist Mitgründer und CEO von Yova. Seit vielen Jahren beschäftigt er sich mit der Frage, wie man die Welt nachhaltiger gestalten kann – und welche Rolle die Finanzen bei diesem Übergang spielen.

Vor der Gründung von Yova arbeitete Tillmann mehr als sechs Jahre lang bei der Strategieberatung McKinsey & Company. Zudem war Tillmann CFO von Benefiit, einem Netzwerk von Impact-Investoren, und er ist Gründungsdirektor des Sustainability-in-Business-Lab der ETH Zürich.

Tillmann promovierte an der ETH Zürich und studierte Mathematik und Informatik an den Universitäten Heidelberg und Santiago de Chile. Seine Freizeit verbringt Tillmann mit seiner Familie beim Skifahren, Mountainbiken und anderen Outdoor-Aktivitäten.