Aufgefallen: Tageszeitungen thematisieren Crowdlending

Bild: Artikel von Jorgos Brouzos im Tages-Anzeiger | Zeichnung: Felix Schaad

Breitstreuende Publikumszeitschriften und Tageszeitungen bringen vermehrt Digitalisierungs- und FinTech-Themen im Wirtschaftsteil.

Was fachspezifische Titel wie Handelszeitung, Finanz und Wirtschaft, Bilanz und andere schon länger praktizieren, findet vermehrt auch den Weg zu erweiterten Zielgruppen. Zum Beispiel über breitstreuende Medien wie Tages-Anzeiger und andere Titel.

Beispiel Crowdlending

Waren vor wenigen Monaten Themen wie Crowdfunding in eher allgemeiner Form noch in den Digital-Rubriken zu finden, bringen Medien heute dieselben Themen sehr viel spezifischer und prominent im Wirtschaftsteil.

So wird zum Beispiel heute Crowdfunding weniger als allgemeines Phänomen thematisiert und erklärt, sondern der für KMU interessante Teilbereich, das Crowdlending, in der Tiefe ausgeleuchtet. Dort, wo das Thema hingehört, im Wirtschaftsteil. Dass es diese Artikel oft in die Hitliste der meistgelesenen Stories schaffen, zeigt das Interesse der Leser an diesen Themen.

Die Wechselwirkung liegt auf der Hand: Interessierte Zielgruppen informieren sich im Detail, können Crowdfunding von Crowdlending unterschieden und entwickeln ein Gespür für alternative Formen der Geldbeschaffung. Das Entdecken der neuen Finanzierungs-Formen für das eigene KMU wiederum erhöht das Interesse an weiteren Nachrichten zum Thema. Diesem erhöhten Interesse bleiben die Medien nichts schuldig.

Das Themenspektrum wird breiter

Das eine wie das andere sichert FinTech-Themen auch in Zukunft Raum und prominente Platzierung in Publikumsmedien. War das schon in jüngerer Vergangenheit festzustellen, wird dieser Trend noch zunehmen. In der Schweiz und auch im Ausland.

Aktuell auch zu sehen zum Beispiel in Deutschland. Das Thema PSDS war jahrelang richtigerweise ein Expertenthema und gut für die Fachpresse. Seit einigen Monaten wird die direkte und spürbare Auswirkung der PSD2 für die Bevölkerung neu und breit in Publikumsmedien thematisiert: die Möglichkeiten und Formen des Open Banking.

FinTech-Themen gewinnen an Fahrt und Dynamik

Es liegt in der Natur der Sache, dass neue Technologien und Möglichkeiten in Entwicklungsphasen und Anfängen zuerst einmal Experten, Fachleute und Anbieter beschäftigen. Abgesehen von eher wenigen interessierten Nerds, bleibt das breite Publikum aussen vor und ist nur gerade im Marketing der Anbieter als definierte Zielgruppe theoretisch mit im Spiel. Das bleibt auch so, wenn ein "neues Phänomen" zuerst einmal sehr grundsätzlich in Publikumsmedien vorgestellt wird. Was nicht sofort und konkret nutzbar ist, erzeugt bestenfalls freundliches Interesse, aber noch kein grosses Echo.

Ist eine Technologie ausgereift und nutzbar, liegen erste Erfahrungen vor, dann verstärken und beschleunigen sich Bekanntheit und Dynamik oftmals sprunghaft und sehr schnell. Weil breitstreuende Medien das Thema aus der Expertenecke holen und ins Bewusstsein der Bevölkerung bringen. Schafft die neue Technologie dabei einen konkreten Bezug zu möglichen eigenen Bedürfnissen, löst sie konkrete Probleme, generiert sie neuen Nutzen, dann wird auch exponentielle Verbreitung möglich.

Das gilt für alle Themen wie Crowdfunding, Crowdlending, Open Banking, Mobile Payments und, und, und. Eine gute Idee deshalb für Finanzdienstleister, übergeordnete Technologien und Strömungen bereits in Planung, Strategie und Marketing einzubeziehen, solange sie noch in der "Expertenphase" stecken. Ein anfängliches Dümpeln im breiten Publikumsbereich kann sich nämlich sehr schnell zu einem Tsunami auswachsen, sobald die Zielgruppe dieselbe Reife erreicht hat, welche die Technologie mit dem Einsetzen der medialen Breitenwirkung bereits erreicht hat.

Aktuelles Beispiel in den Medien: Crowdlending

Es geht hier weniger um die Geschichte selbst (die ist interessant), mehr um den Umgang mit dem Thema und wie viel redaktionellen Raum und Resonanz aus der Leserschaft die Geschichte erhält.

Tages-Anzeiger Online-Ausgabe
Um 11:34 Uhr am Samstag (15. April 2017) online im Wirtschaftsteil publiziert, stand der Beitrag von Wirtschaftsredaktor Jorgos Brouzos zum Crowdlending am Samstagabend (17:00 Uhr) auf Platz 4 der meistgelesenen Artikel des Tages, immerhin in Konkurrenz zu sämtlichen Front-, Welt-, Schweiz-, Sport- und anderen Geschichten des Online-Portals. Das zeigt, dass der Bericht im Wirtschaftsteil nicht als Spartenthema von wenigen, vielmehr als offenbar spannendes Thema von vielen gelesen wird.

Tages-Anzeiger Print-Ausgabe
Vorgängig zur Online-Version ist die Geschichte in der Printausgabe der Samstags-Ausgabe des Tages-Anzeigers dominant publiziert worden:

  • als Aufmacher auf der Frontseite, "Vorsicht der Banken führt zu Boom bei Internetkrediten"
  • mit einem ausführlichen Kommentar auf Seite 2
  • als ganzseitiger Bericht auf Seite 11 im Wirtschaftsteil, "Wenn es bei den Krediten klemmt"

Als Thema also sehr breit und mit Gewicht in der Tageszeitung behandelt. Und damit ein Beispiel, dass FinTech-Themen sehr viel mehr Raum erhalten, als das noch vor wenigen Monaten der Fall war. Auch das ist ein Teil oder eine Auswirkung der digitalen Transformation: digitale Themen mit Relevanz und Auswirkungen für Gesellschaft und Wirtschaft werden alltäglich, auch in Publikumsmedien.

Die Story in voller Länge

Tages-Anzeiger: "Firmen holen sich Finanz-Spritze im Internet"

Kommentar von Autor Jorgos Brouzos: "Der Sparer ersetzt die Bank"

Die Kommentare der Leserinnen und Leser sind ebenfalls interessant, die aus sehr unterschiedlichen Blickwinkeln argumentieren.

Stichworte im Lexikon: Crowdfunding | Crowdlending | Open Banking | Digitale Transformation