Verbriefung von Vermögenswerten

Gentwo CEO Philippe A. Naegeli über die nächste Generation von Finanzprodukten

Philippe A. Naegeli, CEO Gentwo
Philippe A. Naegeli, CEO Gentwo

Was das FinTech Gentwo der Finanzbranche zu bieten hat und wie das Startup erreichen will, dass "Freude und Leidenschaft den Finanzmarkt prägen".

Erst im Mai 2018 gestartet, ist und bleibt das FinTech seither im Gespräch: Gentwo, das Startup, das sich auf die Verbriefung von Vermögenswerten aller Art spezialisiert hat. Der Finanzdienstleister bezeichnet sich selbst als Kreateur einer neuen Generation von Finanzprodukten.

Hört man sich in der Branche um, kennen (fast) alle das Startup, das erst gut ein Jahr alt ist – die meisten vom Namen her, andere auch etwas tiefer. Die Statements variieren zwischen sonnenklar, "irgendwas mit Verbriefung" und "weiss nicht genau".

Wir wollten im Detail wissen, was es mit dieser neuen Generation von Finanzprodukten auf sich hat und wer davon profitiert – deshalb haben wir Philippe A. Naegeli, den Mitgründer und CEO von Gentwo, zum Gespräch gebeten.

Gentwo ist erst gut ein Jahr alt und schon breit im Gespräch – warum?

Wir schaffen Wachstum für den Finanzmarkt und seine Akteure. Das ist dringend nötig, denn sie leiden schon zu lange unter einem immer stärker werdenden Margendruck. Unsere Kunden erhalten die Lösung dazu und können neue Wachstumsfelder öffnen.

Durch die Modernisierung der klassischen Verbriefung kreieren wir mit unseren Kunden nicht einfach nur Finanzprodukte der nächsten Generation, sondern machen alle Investitionsideen und -projekte investierbar und somit "bankable", sprich vereinbar mit allen Standards der Banken und Assetmanagment-Welt. 

Wie definierst Du die "nächste Generation von Finanzprodukten"?

Grundsätzlich nach drei Merkmalen: Zunächst einmal machen Finanzprodukte der nächsten Generation alle Assets zugänglich. Alle alternativen Vermögenswerte, auch nicht bankfähige Assets, sind jetzt einfach abbildbar geworden. Beispiele sind Private Equity, Private Debt, Peer-to-Peer Lending, Rohstoffe, Diamanten, Kunst oder digitale Assets wie Krypto.

Das zweite Merkmal, über das sich die nächste Generation definiert: Alle unsere Kunden erhalten eine eigenständige Verbriefungs-Lösung bzw. Verbriefungs-Plattform, welche sie auf ihre Kernkompetenzen ausrichten können. So entstehen für Finanzintermediäre letztlich die neuen Entwicklungs- und auch Wachstumspotenziale.

Zu guter Letzt aber noch eines der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale zu konventionellen Finanzprodukten: die nächste Generation von Zertifikaten hat kein ungewolltes Bankenrisiko.

Wir schaffen Wachstum für den Finanzmarkt und seine Akteure

Welche Art von Finanzintermediären gehört zu Euren Kunden?

Unser Angebot richtet sich an Banken, Family Offices und Vermögensverwalter – von Klein bis Gross.

Wie kann zum Beispiel ein Vermögensverwalter mit dem Gentwo Setup Geschäftsmodell-Innovation betreiben?

Jeder Vermögensverwalter kann durch das Setup sein eigenes Netzwerk sozusagen monetarisieren oder in anderen Worten: Er kann sich Netzwerkeffekte zunutze machen. Er kann zum Beispiel Finanzierungen für die einen Kunden anbieten, welche von anderen Kunden in seinem Netzwerk finanziert werden und erzielt eine Win-Win-Situation: Der geldsuchende Kunde erhält bessere Konditionen als bei einer Bank, der anlegende Kunde einen besseren Return.

Wie sieht's mit Produktrisiken und Prozessen aus?

Durch unsere Produktinnovation gibt’s bei den emittierten Zertifikaten keine Bank-Kredit-Risiken wie das bei normalen strukturierten Produkten der Fall ist. Alle Zertifikate verfügen über eine Schweizer Zahlstelle und eine Schweizer ISIN, wodurch eine hohe Produkttransparenz und kurze, effiziente Prozesswege gewährleistet sind.

Warum fallen Eure Idee und das Gentwo Setup gerade heute auf einen fruchtbaren Boden?

Weil wir es mit unserer Lösung schaffen, alternative Anlagen "zu bewegen". Dabei bestehen keinerlei technologische Beschränkungen mehr in Bezug auf das, was Investoren zugänglich gemacht werden kann.

Unser Setup war tatsächlich noch nie relevanter, als es heute ist: Laut der Swiss Asset Managers‘ Survey, H1/2019 "Alternative Anlagen und Aktien im Aufwind" von Asset Management Plattform bewegt sich der Trend weiter in Richtung alternative Anlageklassen: 60 Prozent der befragten Anlageexperten planen in den nächsten sechs Monaten eine Erhöhung ihrer Allokation in alternativen Anlagen. Dank Gentwo sind nun "echte" alternative Assets investierbar und verwaltbar geworden. Zu diesen meist nicht bankfähigen Vermögenswerten gehören, wie bereits erwähnt, die Forstwirtschaft, Maschinen- oder Hotelfinanzierung, Peer-to-Peer-Kredite oder Krypto-Anlagen. 

Jeder Vermögensverwalter kann durch das Setup sein eigenes Netzwerk sozusagen monetarisieren 

Gut, aber waren alternative Anlagen nicht immer schon wichtig?

Selbstverständlich. Doch in dieser Form von Wertschriften waren echte Alternativen kaum darstellbar und auch teuer. Das Bedürfnis sowie die Dringlichkeit, weitere alternative Vermögenswerte effektiv für Anlagezwecke zu nutzen, haben in der letzten Zeit immer weiter zugenommen. Der Grund: Assetmanager müssen sich recht bald neu positionieren oder ihre Positionierung stärken. Sie dürfen sich auf einer bereits erreichten Produktqualität nicht zu lange ausruhen. Das ist wichtig, um "Assets under Management" zu halten, aufzubauen und als Unternehmen langfristig am Markt zu bestehen.

Die neue Studie "EY 2019 Global Wealth Management Research Report" vom April 2019 besagt: 33 Prozent der globalen Anleger haben in den letzten drei Jahren ihren Dienstleister gewechselt, und ein weiteres Drittel gedenkt, dies in den nächsten drei Jahren zu tun. 51 Prozent der vermögenden Anleger in der Schweiz und 39 Prozent der europäischen erwägen, ihr Geld in den nächsten drei Jahren zu verschieben. Ich denke, sie werden es dorthin verschieben, wo Anlagebedürfnisse im Hinblick auf das Leistungsversprechen am besten angesprochen werden.

Lässt sich daraus ableiten, es besteht Handlungsbedarf auch aufgrund sinkender Kundenloyalität?

Da die Kunden immer mehr auf alternative Investments achten und in diese sowieso investieren, zum Beispiel Kunst oder Krypto, gehen dem Asset Manager automatisch Kundengelder verloren. Dies oftmals kombiniert mit einer fehlenden Diversifizierung zu anderen Konkurrenten. Mit unserer Lösung kann nun einfach jeder mit der ganzen Klaviatur der Investments spielen wie das früher nur die ganz grossen Wealth Manager für grosse Vermögen tun konnten.

Wie würdest Du Eure Verbriefungs-Lösung im aktuellen Marktkontext wertorientiert erklären?

Viele Anleger stellen sich die Frage, ob sie oder ihr Vermögensverwalter in der Lage sind, adäquat auf Marktänderungen zu reagieren. Was passiert zum Beispiel mit meiner Portfolioallokation, wenn der Bullenmarkt sein Ende findet? Nur alternative Anlagen können grundsätzlich, dank ihrer geringen bis nicht vorhandenen Korrelation zu konventionellen Assets, einem Verlust entgegenwirken.

In einem solchen Marktszenario ist höchste Flexibilität und Time-to-Market gefragt. Ein Assetmanager muss gleichzeitig  in der Lage sein, seine Portfoliostrategie jederzeit anzupassen und zu gestalten. Er muss Positionen zudem vorrübergehend in sicherere Werte oder Bargeld umzuwandeln können. Da das Emissions-Setup von Gentwo Zugang zu allen Anlagen und höchste Flexibilität bietet, handelt es sich um das, was Assetmanager meines Erachtens derzeit am dringendsten benötigen: eine flexible, einfache und effiziente Möglichkeit um in alle Arten von Assets zu investieren. 

Mit unserer Lösung kann nun einfach jeder mit der ganzen Klaviatur der Investments spielen

Assetmanager könnten sich auch auf die Optimierung bestehender Lösungen beschränken. Warum macht es aus Eurer Sicht Sinn, das Angebot zu erweitern?

Es gibt viele Gründe, weshalb Assetmanager ihr Repertoire um neue Lösungen bereichern. Zum Beispiel, weil die Gefahr besteht, dass branchenfremde Rivalen in den Markt drängen. Neobanken haben bereits gezeigt, dass sie Kundenbedürfnisse in vielen Bereichen besser ansprechen als alteingessene Banken. Warum sollten ähnliche Entwicklungen nicht auch im Assetmanagement vonstatten gehen? Eine schlichte Verbesserung auf allen Ebenen reicht womöglich nicht.

Einen Hinweis darauf liefern bereits die Ergebnisse der IFZ /AMP Asset Management Study 2018: Während für grosse Vermögensverwalter der Wettbewerb und die Kundensuche eine gleich grosse Herausforderung darstellen, bewerten kleine Vermögensverwalter lediglich nur noch den Prozess der Kundensuche und nicht mehr den Wettbewerb als ernstzunehmende Hürde. Ich persönlich schliesse daraus, dass die Eintrittsbarrieren für neue Konkurrenten sinken. Innovation ist von daher gefragter wie nie.

Wie ist Gentwo aktuell im Bereich der aktiv gemanagten Zertifikate positioniert?

Im Auftrag unseres Kunden CAT Financial Products haben wir bereits im Juli 2018 die weltweit erste Plattform zur Emission von aktiv gemanagten Zertifikaten für unabhängige Finanzdienstleister in der Schweiz errichtet. Daraufhin haben wir einige weitere Plattformen für Assetmanager lanciert. Gerade erst kürzlich, am 5. Juli 2019, haben wir ein neues Offering im Zuge einer Zusammenarbeit mit der namhaften Vermögensverwalterplattform von Aquila kommuniziert. 

Stichwort Finanzinstitute: Wo liegt der Nutzen für eine Bank, wenn sie mit Euch eine solche AMC-Plattform lanciert?

Innert weniger Tage kann auch eine Bank ihr eigenes, innovatives AMC-Offering über eine eigene massgeschneiderte Plattform realisieren und flexibel ausbauen. Dies kann sie tun, ohne eine weitere Bank, die als Emittent fungiert, hinzuzuziehen. Besonders interessant wird es, wenn das Finanzinstitut selbst die Custody- und Execution-Services der Plattform übernimmt und hierdurch neues Wachstum hinsichtlich ihrer verwalteten Vermögen erzielt.

Gibt's weitere Plattform-Beispiele? 

Neben der mit Aquila haben wir weitere Plattformen in unterschiedlicher Ausgestaltung mit Interactive Brokers oder Banca Credinvest ins Leben gerufen. Im Bereich der digitalen Assets wären unter anderem Crypto Broker, Token Suisse oder Lykke zu nennen. Wir bauen unsere strategischen Partnerschaften immer weiter aus. Unsere Geschäftstrategie folgt dabei einem "Community Approach".

Die Zukunft gehört der Modularität und der Monetarisierung von Netzwerkeffekten

Community-Approach? Was muss man sich darunter vorstellen?

Unsere Kunden fungieren in erster Linie als Geschäftspartner. Indem wir unsere Expertisen miteinander verknüpfen, schnüren wir mit jedem unserer Kunden ein jeweils einzigartiges Angebotspaket. Wir folgen dabei einem rein zweckorientierten Ansatz. Das Resultat: modulare Partnermodelle, die die Talente einer jeden involvierten Partei optimal hervorheben oder sogar verstärken.

Die Zukunft gehört der Modularität und der Monetarisierung von Netzwerkeffekten. Dies bezeichnen wir bei Gentwo als "Community Approach". Ich persönlich glaube an das Funktionieren dieses modernen Marktkonzepts. Auch viele Studien belegen, dass Innovationsstrategien immer seltener alleine verfolgt werden. Modular zusammengesetzte Expertisen, die rein zweckgebunden sind, erweisen sich als viel erfolgversprechender als Alleingänge nur eines Marktakteurs. So können Finanzdienstleister, auch Banken, ihrem bestehenden oder neuen Geschäftsmodell einfach und ohne grossen Mehraufwand höhere Relevanz verleihen. 

Wie kommt dieser modulare, gemeinschaftliche Ansatz an, ist in den Märkten ein konkretes Interesse spürbar?

Im Mai 2019 haben wir zum zweiten Mal schon unseren Community Event "Asset Rush" veranstaltet. Der überwältigende Erfolg hat uns bestätigt: Es ist nicht nur ein Bedürfnis für Modularität und Gemeinschaft vorhanden. Auch der Wille, aktiv zu partizipieren, ist bei vielen Marktakteuren lebendig. Im Zuge des Events ist uns aber auch bewusst geworden, dass die Bewegung "Asset Rush" als Ganzes "grösser geworden ist als wir selbst". Sie wird unabhängig von Gentwo und unserem Offering wahrgenommen.

Dies hat uns bestätigt, dass Inspiration und Kreativität im Bereich der Finanzprodukte nicht von einem einzelnen, sondern nur von allen gemeinsam ausgehen kann. Kein Wunder, betreffen (alternative) Assets schliesslich nicht nur alle, sondern verlangen auch unser aller Einsatz. Nur im Kollektiv kann man von der vollen Wertschöpfung aller punktuell eingesetzten Experten profitieren.

Wir wollen, dass Freude und Leidenschaft den Finanzmarkt prägen

Eine Frage zum Schluss: Wo seht Ihr denn Eure Position in diesem Kollektiv und welche Ziele verfolgt Gentwo innerhalb dieser Entwicklung?

Wir möchten Anteil an dieser Entwicklung haben, weiter "in die zweckorientierte Kerbe schlagen" und den Markt aktiv mitgestalten. Dabei sehen wir uns als winziges Rädchen eines viel grösseren Ganzen. Wir wollen, dass Freude und Leidenschaft den Finanzmarkt prägen.

Der Interviewpartner: Philippe A. Naegeli

Philippe A. Naegeli ist Mitgründer und CEO von Gentwo, einem Startup und FinTech, das unter der Flagge "Securitization Experts" segelt. Philippe ist ein versierter Business Leader und Investor mit ausgeprägtem Unternehmergeist und umfassender Erfahrung in den Bereichen Handel, Investment & Merchant Banking, Corporate Governance sowie Strukturierung neuer Strategien und Produkte.

Zu wichtigen Stationen seiner Karriere gehört die Führung unterschiedlicher, starker Unternehmen, darunter zum Beispiel Forstmann & Co. in den USA.